Weiden in der Oberpfalz
07.03.2025 - 11:39 Uhr

Vom Flohmarkt zum Sozialkaufhaus: Weidener Tafel sucht Unterstützung

40 Jahre lang hat Jutta Dietz in Schleswig-Holstein mit Kindern gearbeitet. Als Rentnerin engagiert sie sich nun im Sozialkaufhaus der Tafel in Weiden. Gegenüber Oberpfalz-Medien erzählt sie, was sie motiviert und wer ihr helfen kann.

Dutzende Kisten mit Kleidung, lange Regalwände mit Geschirr und Deko, Schränke mit Spielzeug, Kosmetika und Haushaltswaren, und das alles auf rund 400 Quadratmetern im ersten und zweiten Stock der Weidener Tafel in der Fichtestraße: Das ist neuerdings das Reich von Jutta Dietz. Sie selbst würde das vermutlich nicht so ausdrücken wollen, denn viel Aufhebens möchte sie nicht um sich machen. Seit einem halben Jahr wühlt sich die 68-Jährige durch Kisten, Kartons und Beutel und bringt Ordnung in all die Dinge, die Firmen und Privatleute an die Tafel Weiden-Neustadt spenden. „Vorher war einfach niemand da zum Räumen“, sagt sie.

Was vorher Flohmarkt hieß, wird voraussichtlich ab April zum Sozialkaufhaus. „Das ist alles nur vorsortiert“, sagt Jutta Dietz mit Blick auf Kisten, an denen bunte Zettel auf den Inhalt hinweisen: Blusen, Hosen, Nachtkleider und vieles mehr. Sie verbringt derzeit jeden Tag bei der Tafel, hat schon viel Ordnung in die Waren gebracht. „Es kommt jeden Tag etwas rein.“ Das Räumen und Sortieren sei längst nicht abgeschlossen. Und auch, wenn das Sozialkaufhaus eröffnet ist, müsse weiter sortiert und aufgeräumt werden. Deshalb suche sie Unterstützung von weiteren Ehrenamtlichen, die ihr dabei und später beim Verkauf der Ware an die Tafel-Kunden helfen. „Es ist ja wichtig, dass das, was wir bekommen, auch verwendet wird und nicht zum Beispiel im Kleidersack landet“, findet sie. Die Wegwerfgesellschaft sei nicht ihr Ding. Allerdings musste sie selbst für den Neustart des Sozialkaufhauses gespendete Waren rigoros aussortieren und auch einiges entsorgen lassen.

"Wir sind keine Müllhalde"

„Ich wollte im Team nicht die sein, die alles wegwirft. Aber kaputte oder dreckige Sachen kann man doch keinem mehr anbieten.“ Nicht jeder Spender sei sich dessen bewusst. „Wir sind keine Müllhalde. Als Spender sollte man sich überlegen, ob man die Sachen selbst noch gebrauchen oder anziehen würde.“

Kleidung und Kindersachen könne die Tafel derzeit nicht mehr gebrauchen, davon gebe es schon genug. Haushaltsartikel, Kosmetik und Tierfutter dagegen seien willkommen. Vor allem aber braucht die Tafel zum Neustart des Sozialkaufhauses tatkräftige Unterstützung.

Jutta Dietz ist von einer Tafel-Mitarbeiterin zu ihrem neuen Ehrenamt angestiftet worden. Dietz kommt ursprünglich aus Schleswig-Holstein und hat dort 40 Jahre lang als Erzieherin mit Kindern gearbeitet und eine Kita geleitet. Um näher bei ihrer Tochter und Enkeltochter zu sein, zog sie mit ihrem Mann vor zweieinhalb Jahren nach Weiden. „Ich brauche eine Beschäftigung, und ich gebe gerne etwas weiter. Es macht mir Spaß, für andere da zu sein“, erklärt sie ihre Motivation für das Ehrenamt. An der Oberpfalz mag die Norddeutsche die vielen Radwege. Die Ostsee vermisse sie aber schon sehr. Und wenn sie von Speckscholle und Aal in Aspik erzählt, gerät sie ins Schwärmen.

„Wer hier arbeitet, muss Empathie, Geduld und Liebe mitbringen“, sagt Rainer Sindersberger, seit Ende 2024 Vorsitzender des Vereins Tafel Weiden-Neustadt. „Man sollte ein Herz für unsere Klientel haben“, betont Jutta Dietz. Ehrenamtliche müssten vormittags verfügbar sein, ansonsten sei die Zeit flexibel einteilbar. Wer im Verkauf helfen möchte, sollte montags, mittwochs und/oder freitags vormittags Zeit haben, wer beim Sortieren unterstützen möchte, kann auch an den anderen Vormittagen unter der Woche kommen. „Und wenn es nur ein Tag ist. Jeder Tag hilft“, sagt die 68-Jährige. Gesucht werden zudem Ehrenamtliche für die Lebensmittelausgabe und als Fahrer, die gespendete Lebensmittel abholen. „Es können sich auch gerne Männer melden“, betont Sindersberger.

Eröffnung im April geplant

Das Sozialkaufhaus soll im April eröffnen und wird nur für Tafel-Kunden mit entsprechender Berechtigungskarte offenstehen. Im Erdgeschoss wurde der Eingangsbereich bereits umgebaut, um Brandschutzvorgaben zu erfüllen und die Kunden in freundlicher Atmosphäre in den ersten und zweiten Stock zu leiten. „Wenn wir die Waren besser präsentieren, können wir sie auch besser an die Kunden bringen“, hofft Rainer Sindersberger. Zum Start plane sein Team Aktionen, um die Kunden auf das neue Angebot aufmerksam zu machen.

Für Jutta Dietz gibt es bis dahin noch jede Menge zu tun. Am liebsten möchte sie auch weiterhin vor allem im Hintergrund arbeiten. „Das Sortieren macht mir schon Freude“, sagt sie. Allerdings gibt es andere Dinge, die auf ihrer Prioritätenliste wirklich ganz oben stehen: „Wenn das Enkelkind ruft, werde ich der Tafel untreu.“ Das könne im Tafel-Team aber jeder verstehen.

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Weiden in der Oberpfalz18.12.2024
Kontakt:

Tafel Weiden-Neustadt/WN e. V.

 
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