Die Homepage des Fluchthauses in der Bahnhofstraße verrät es: "Leider müssen wir demnächst schließen. Das Gebäude wurde verkauft, und wir müssen ausziehen. Der Betrieb läuft noch bis 31.Oktober, eventuell geht es noch bis Ende des Jahres weiter."
Damit endet nach sechs Jahren eine Erfolgsgeschichte, die Ufuk Solak und Mustafa Uslu geschrieben haben. Beide sind 45 Jahre alt, der eine aus Vohenstrauß, der andere ein Weidener. Sie hatten Weidens ersten "Escape Room" eröffnet, der vor der Pandemie jedes Jahr Hunderte Kleingruppen anlockte, die im Keller des verwinkelten Gebäudes Rätsel lösen mussten. So etwas gab es bis dato fast nur in Großstädten.
Die Mystery-Geschichtchen hatten eine Handlung und trugen Namen wie "Der verschwundene Hausmeister". Während die Teilnehmer, Spieler genannt, sich aus den unheimlichen Räumen befreien mussten, indem sie Indizien auswerteten und kriminalistischen Spürsinn beweisen mussten, um Schlösser zu entriegeln, führten ein paar Zimmer weiter Solak und Uslu Regie. Im Technikraum verfolgten sie über Kameras, was die Spieler so trieben. Dabei verschafften sie ihren Gästen einen zusätzlichen Kick, wenn sie plötzlich das Licht abdrehten oder eine Gestalt, die einer Geisterbahn entsprungen schien, vorbeihuschen ließen.
Heimlicher Wirtschaftsfaktor
Die Escape-Game-Szene, meist junge Leute, ist gar nicht so klein. Aus München, Erlangen oder gar anderen Bundesländern reisten Cliquen an, um den Schauer des Fluchthauses zu spüren. "Die sind danach essen oder in die Disco gegangen und haben in Weiden übernachtet", erklärt Sonak die Bedeutung des Kellers als Wirtschaftsfaktor.
Nun soll damit Schluss sein. Für die beiden Betreiber ist das erstmal keine Katastrophe, beide haben den Escape Room nur am Wochenende als Hobby geführt. Hauptberuflich arbeiten sie im US-Lager in Vilseck. Auch die beiden anderen Mieter der Alten Hauptpost, eine Putzfirma und eine Shisha-Bar, müssen eine neue Bleibe suchen.
Was wohl nicht ganz stimmt, ist, dass das Haus verkauft wird. Yusuf Kabakulak, der die Immobilie 2008 erworben hat, will es offenbar renovieren. "Die Pläne sind noch geheim, in drei Wochen können wir darüber reden." Derzeit stimme sich dazu sein Architekt noch mit der Stadt ab. Dabei geht es laut Kabakulak nicht nur um die Hauptpost, sondern auch um das frühere Schnödt-Gelände ein paar Meter weiter stadtauswärts in der Bahnhofstraße. Auch dort sei der Mieter, ein Onlinehändler, gekündigt worden, sagt Sonak.
Teure Renovierung
Wer soll diese immensen Flächen anmieten? "Eine Bundesbehörde", bestätigt Kabakulak ein rund um den Bahnhof kursierendes Gerücht. Bis dies tatsächlich so weit kommen sollte, sind vermutlich Millioneninvestitionen nötig. Die Alte Hauptpost stand größtenteils über ein Jahrzehnt leer, die hohen Räume und Fenster zu dämmen, mit Fluchtwegen zu versehen und Brandschutzauflagen zu beachten – all dies klingt teuer und aufwendig.
Die Fluchthaus-Betreiber sind in der Zwischenzeit auf der Suche nach einer neuen Unterkunft für ihr Freizeitevent. Die Stadt ist ihnen dabei behilflich, Leerstände gibt es bekanntermaßen in Weiden einige. Das Hauptproblem ist aber ein anderes, sagt Sonak: "3000 oder 5000 Euro Miete können wir nicht zahlen."
Was sind Escape Rooms?
- Das Prinzip: Zwei und bis meist sechs Spieler müssen in einer bestimmten Zeit aus einem Raum entkommen, indem sie detektivisch Rätsel lösen. Danach gelangen sie in den nächsten Raum usw.
- Die Idee: Entstanden als Online-Spiel, später als Live-Escape-Rooms in die reale Welt übertragen
- Die Verbreitung: Der erste Escape Room Deutschlands eröffnete 2013 in München, inzwischen gibt es über 200
- Die Spieldauer: Die Aufgaben sind in einer Zeit von einer halben bis zu zwei Stunden zu lösen, in Weiden in einer Stunde.
- Die Themen: Spieler müssen einen Mord aufklären, eine entführte Person finden oder eine Bombe entschärfen
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