Die Gedenkfeier zur Pogromnacht vor 85 Jahren am Gedenkstein in der Konrad-Adenauer-Anlage in Weiden verlief eigentlich wie in jedem Jahr zuvor. Und doch war die Stimmung heuer bedrückter und nachdenklicher als sonst. Nicht wegen des Regens. Der Stachel des Hamas-Terrors vom 7. Oktober saß tief. Auch die Sorge vor einem zunehmendem Antisemitismus in Deutschland spielte eine Rolle. Fast doppelt so viele Menschen als sonst bekundeten am Donnerstagabend ihre Solidarität mit jüdischen Mitbürgern.
"Antisemitismus nicht dulden"
Oberbürgermeister Jens Meyer fand die richtigen Worte: "Wir werden Antisemitismus in unserem Land nicht dulden – keinen alten und keinen neuen, keinen christlichen und keinen muslimischen, keinen linken und keinen von rechts!" Schülerinnen der Pestalozzischule legten symbolisch für die sechs Millionen ermordeten Juden vor Kerzen sechs Steine nieder. Die Mädchen berichteten, dass sie in der Aula der Schule versuchten abstraktes Wissen über die Geschichte nahbar zu machen. Und zwar speziell anhand einer Informationstafel über das Schicksal der Weidener Familie Kohner.
Auch die Polizei zeigte mehr Präsenz als in den Vorjahren. Die Veranstaltung war abgesichert. Der Straßenverkehr wurde von den Beamten für die Dauer der Gedenkveranstaltung weiträumig umgeleitet. "Wir wollen ein Zeichen setzen und den Bürgern Sicherheit vermitteln", unterstrich Polizeidirektor Markus Fuchs. Pfarrer Alfons Forster ging auf den Krieg zwischen Israel und der Terrormiliz Hamas ein. "Die Zahl der zivilen Opfer im Gazastreifen wächst stetig, da die Hamas die eigene Bevölkerung als Schutzschild benutzt. Sowohl in Israel als auch im Gazastreifen leiden die Menschen."
Familie Kohner angereist
Unter anderem verlasen die extra aus Israel angereisten Cousins von Werner Friedmann, Michal Kohner, und deren Tochter Hila Kohner sowie Susan Kohner aus England die Namen der 56 Weidener Holocaust-Opfer. Leonid Schaulov begrüßte die Besucher. Fürbitten sprachen Pfarrerin Edith Lang, Pfarrer Forster und Rabbiner Dannyel Morag, der auch das Totengebet sprach. Werner Friedmann erinnerte bewegt an seinen Onkel Fritz Friedmann, der dem Euthanasieprogramm der Nazis zum Opfer fiel. Klaus Luther (Gitarre) und Christoph Pausch (Geige) umrahmten die Feier musikalisch.
Novemberpogrome
- waren vom nationalsozialistischen Regime organisierte und gelenkte Gewaltmaßnahmen gegen Juden im Deutschen Reich
- in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938
- auch Reichskristallnacht oder Kristallnacht genannt
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