"Bitte rückt etwas zusammen! Es kommen noch viel mehr!" Das "Bündnis für eine offene solidarische Gesellschaft" hatte niemals mit so vielen Teilnehmern an seiner Demonstration gegen Rechtsruck und rassistische Politik gerechnet. 3000 Menschen versammelten sich nach Angaben des Veranstalters trotz strömenden Regens zur Schlusskundgebung vor dem Alten Rathaus. Die Polizei sprach von 2500 Teilnehmern. Sicher war: Der Obere Markt allein konnte die Menge nicht aufnehmen. Es ging darum, für einen menschlicheren Umgang in der Gesellschaft einzustehen. Auslöser war ein Treffen Rechtsgesinnter in Potsdam, bei dem die Deportation von Migranten beraten wurde.
Die Zivilgesellschaft versammelte sich mit Transparenten und Plakaten am Macerata-Platz. Gegen 18 Uhr bewegte sich der Demo-Zug nach einer kurzen Startkundgebung über die Bürgermeister-Prechtl-Straße und den Schlörplatz zum Alten Rathaus zur Schlusskundgebung. Spätestens die Aufdeckungen des investigativen Recherchedienstes "Correctiv" sollten auch den letzten Menschen deutlich gemacht haben, dass rechtskonservative Kräfte zusammen mit Faschisten an einem neuen alten Deutschland arbeiten, hieß es. Das Weidener Bündnis, dem sich viele örtliche Gruppen und Initiativen angeschlossen hatten, rief auf, gemeinsam zu zeigen, dass sich weiterhin der größte Teil der Bevölkerung für eine offene, tolerante und soziale Gesellschaft einsetze, in der der Mensch im Mittelpunkt stehe.
Klare Kante zeigen
"Menschenrechte statt rechte Menschen", stand auf Transparenten. "Nie wieder 1933" oder "ekelhAFD". MdB Uli Grötsch schwang die SPD-Fahne. Es gab mehrere Rednerinnen und Redner. Jakob C. leistete einen musikalischen Beitrag. Oberbürgermeister Jens Meyer zeigte sich begeistert von der Resonanz. Hier werde ein klares Signal gesetzt: "Nicht mit uns!" Diese drei Worte wurden zum Schlachtruf seiner Rede und wurden von der Menge skandiert. Die Idee der "Remigration" mache ihn fassungslos, sagte OB Meyer. "Es ist ungeheuerlich, wie nationalsozialistische Ideologien wieder aufflammen." Die Zeit der Empörung sei vorbei. "Wir müssen klare Kante zeigen gegen fremdenfeindliche Ideologien." Die Pläne der Rechtsradikalen seien ein Angriff "auf uns alle".
Auch ein Angriff auf die Weidener, auf den Architekten aus Afghanistan und die Ärztin aus Syrien, den ehrenamtlichen Fußballtrainer aus Eritrea und den Friseur aus der Türkei oder die Apothekerin aus der Ukraine und den Kaffeeröster aus dem Kosovo. "Es ist ein Angriff auf unsere Stadtgesellschaft."
"Allerhöchste Zeit"
"Es ist allerhöchste Zeit, dass eine große Mehrheit in unserem Land sich abgrenzt gegen all die Populisten, die meinen, sie würden für die schweigende Mehrheit des Volkes sprechen", rief Hans-Peter Pauckstadt-Künkler, Vorstandsmitglied im Verein bayerisches Bündnis für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde, in die Menge. Der Ruhestandspfarrer stellte den Hass gegen Personen des öffentlichen Lebens an den Pranger. Er gehöre nicht zur demokratischen Streitkultur und verletze die Menschenwürde.
Amnesty-International-Sprecher Veit Wagner erinnerte an die Lichterkette ums Alte Rathaus anlässlich einer Demo Rechtsradikaler in Weiden. "Und er ist wieder nötig, der Gegenprotest all derer, denen diese Stadt, dieses Land zu wichtig und zu wertvoll sind." Wieder kämen welche mit beunruhigendem Programm, mit neuer Farbe, mit gruseligem Blau. Weiden sei bunt und solle es bleiben.
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