"Die Zahl der Übergriffe auf Beschäftigte im Zug hat 2021 messbar zugenommen", sagte Harald Hammer, Geschäftsstellenleiter der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft (EVG) aus Regensburg, beim Jahresgespräch des Deutschen Gewerkschaftsbunds mit Oberpfalz-Medien. "Die Hemmschwelle, handgreiflich zu werden, ist leider Gottes gesunken." So habe es in Zügen, Bussen und ebenerdig zu erreichenden Stellwerken Angriffe auf Mitarbeiter gegeben, die teilweise sogar krankenhausreif geschlagen worden seien. Die meisten Übergriffe gebe es auf fahrendes Personal und Sicherheitskräfte. Er wisse aber auch von "vermöbelten" Stellwerk-Mitarbeitern, nur weil ein Zug zwei Minuten Verspätung gehabt habe. Auf die Frage, ob solche Vorfälle sich nur in Großstädten ereigneten, antwortete Hammer, auch aus ländlichen Regionen lägen entsprechende Meldungen vor. Die EVG setze sich daher für mehr Sicherheitspersonal und Polizeipräsenz ein. Das helfe auch bei der konsequenten Durchsetzung der Maskenpflicht in Zügen. "Die Maske ist der einzige wesentliche Schutz für die Beschäftigten", sagte er. An die Fahrgäste gerichtet sprach er diesbezüglich allerdings auch ein deutliches Lob aus: "Das läuft sehr ordentlich."
Zugausfälle wegen Corona-Infektionen
Zu schaffen machen den Unternehmen laut Hammer auch mit dem Coronavirus infizierte Mitarbeiter. "Die Omikron-Variante schlägt vermehrt bei Zugbegleitern zu." Sie mache den Beschäftigten wesentlich mehr Probleme als zuvor die Delta-Variante. Die Züge würden zwar "relativ stabil" fahren. In Weiden seien aber bei der Länderbahn bereits einzelne Züge wegen Personalnot durch Infektionen bei den Mitarbeitern ausgefallen.
Steigende Mitgliederzahlen
Steigend sind bei der EVG laut Hammer wie schon im Vorjahr die Mitgliederzahlen. Die Gewerkschaft habe bundesweit aktuell 186.318 Mitglieder – rund 2500 mehr als im Vorjahr, berichtete Hammer. Die Geschäftsstelle Regensburg zähle 5763 Mitglieder in der Oberpfalz und in Niederbayern (bis Mühldorf) und habe im vergangenen Jahr rund 150 neue Mitglieder hinzu gewonnen. Der Tarifabschluss 2020 habe die Beschäftigten gut durch die Pandemie gebracht und den Abbau von Arbeitsplätzen verhindert. Die Kurzarbeits-Tarifverträge hätten dazu geführt, dass niemand Angst haben müsse, in die Kurzarbeit zu gehen, da Kurzarbeiter fast 100 Prozent des Entgelts bekämen. Durch einen Wohn- und Mobilitätsfonds könnten Mitglieder zusätzlich unterstützt werden.
Personal in Reisezentren an Bahnhöfen
Sorgen äußerte Hammer bezüglich der Reisezentren. Zwar habe die EVG erreicht, dass diese erst einmal bis 2023 geöffnet bleiben. Doch es gebe am Markt eine Tendenz, die Reisezentren in den Bahnhöfen nicht mehr mit Personal zu besetzen. Stattdessen finde teilweise eine Beratung über Video statt, durch Mitarbeiter, die sich "irgendwo auf der Welt" befänden. "In den Reisezentren muss Personal sitzen", so Hammers Forderung.
Als "Highlight" in diesem Jahr bezeichnete er die anstehenden Betriebsratswahlen. In den meisten Betrieben handle es sich um eine Listenwahl. "Wir können erkennen, dass viele neue, junge Kolleginnen und Kollegen bereit sind, Verantwortung zu übernehmen", freute sich Hammer. 2023 liefen alle Tarifverträge aus. Auch mit Blick auf die steigende Inflationsrate werde die Gewerkschaft sich dafür einsetzen, "wieder vernünftige Tarifverträge anbieten zu können und unseren Beschäftigten Lohnzuwächse zukommen zu lassen".
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