Hauptdarsteller und Boxtrainer Ali Cukur zu Gast im "Neue Welt Kinocenter"

Weiden in der Oberpfalz
30.09.2022 - 12:19 Uhr

Ein Boxtrainer steht an diesem Kinoabend im Mittelpunkt. Beim anschließenden Filmgespräch verspricht der 62-Jährige, der auch Hauptdarsteller des gezeigten Films ist, auf Wunsch öfter in Weiden sein Können weiterzugeben.

Eigentlich war nur ein Beitrag für die "Lebenslinien"-Reihe im Bayerischen Fernsehen geplant. Aber das Filmmaterial über einen Boxer-Workshop in Ghana lieferte genügend Stoff für einen abendfüllenden Dokumentarfilm. Der Kinostreifen "Lionhearted - Aus der Deckung" von Regisseurin Antje Drinnenberg wurde am Mittwoch beim Filmgespräch gezeigt, zu dem der Stadtjugendring und das "Neue-Welt-Kinocenter" eingeladen hatten. Als Ehrengast begrüßte Stadtjugendpfleger Ewald Zenger den Hauptdarsteller Ali Cukur.

Der 62-jährige kam 1969 aus der Türkei nach Deutschland. Mit 14 fing er an, für den TSV 1860 München zu boxen. Bis 1982 hatte er 280 Boxkämpfe als Amateur bestritten. Seit 1997 ist er Abteilungsleiter der Boxabteilung beim TSV. Momentan trainiert er 450 Boxer aus 30 Nationen, darunter 50 Frauen. In seiner Karriere hat der preisgekrönte Boxer hunderte Jugendliche ehrenamtlich begleitet. Er ist Antigewalt- und Ressourcentrainer und arbeitet seit 2013 mit traumatisierten jungen Flüchtlingen, denen er Halt gibt und denen er bei der Integration hilft.

Das Publikum zeigte in der Gesprächsrunde nach der Vorführung großes Interesse an der Arbeit des Boxlehrers. "Jeder darf mitmachen, egal welcher Religion er angehört oder welche politische Anschauung er hat", versicherte er nach der Vorstellung den Besuchern. Viele sind berührt vom Inhalt des Films. Bedenken einer Zuschauerin, es könnte sich doch boxverliebte Rechtsradikale bei ihm einschleichen, zerschlug Cukur. "Die Menschen gehen da rein, wo sie sich wohlfühlen. Ein Rechtsradikaler würde sich bei uns nie wohlfühlen."

Zum Jahreswechsel 2015/16 reiste der Trainer mit einer Gruppe junger Boxer nach Ghana. "Das sollte jeder mal tun", sagte er. "In Deutschland wird dir alles hinten reingeschoben." In Ghana werde dir klargemacht, dass dies keine Selbstverständlichkeit sei. Eine Erfahrung, die auch seine Boxer vor Ort machen sollten. Einige waren junge Leute am Rande der Gesellschaft. "Es war fürchterlich: Der Flughafen im Stil eines 70er-Jahre Omnibusbahnhofs. Toiletten kaputt, Betten kaputt. Wir mussten mit unseren Matratzen auf dem Fußboden schlafen."

"Boxen holt das Beste aus den Leuten heraus." Am Ende waren sie nämlich eine Einheit, erklärte Cukur voller Stolz. Einer der Reiseteilnehmer betreibe heute erfolgreich einen Laden in New York mit eigenem Label. Eine seiner Boxerinnen arbeite jetzt als Sportlehrerin. Über seine Erfahrungen will der Trainer ein Buch schreiben. Der Arbeitstitel: "Nichts ist selbstverständlich". Regisseur Marcus H. Rosenmüller hat sich angeboten, einen Teil seines Leben zu verfilmen. Mit echten Schauspielern. "Ich will mich selber spielen."

Das Leben als Boxtrainer - er hat aus Talenten große Boxer gemacht - und Integrationshelfer hatte natürlich auch seine Schattenseiten. Seine erste Ehe zerbrach 2004, weil er, wie er in Weiden sagte, den Sport über seine Frau gestellt habe. "Aber meine Kinder sind stolz auf mich." Der "Münchner des Jahres 2019" hat wieder geheiratet. Seine zweite Frau wohnt in Berlin, er in München. Sie sehen sich nur alle zwei Monate. "So klappt das super gut." Gegenüber Zenger erklärte sich Cukur bereit, auf Wunsch auch in Weiden Workshops zu veranstalten.

Der besondere Kinoabend war möglich, weil ihn das Weidener Jugendforum mit Mitteln des Bundesprogramms „Demokratie leben!“ unterstützte

 
 

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