Ein Werk von außergewöhnlicher spiritueller Kraft erklang am Sonntag in der Kirche St. Josef in Weiden: Joseph Haydns „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuze“. Das Streichquartett, bestehend aus Johanna Luther (erste Violine), Konstantin Thomas (zweite Violine), Christoph Thomas (Viola) und Janusz Skutella (Violoncello), überzeugte mit einer tief empfundenen und technisch brillanten Darbietung. Zwischen den einzelnen Sonaten lasen Pfarrer Markus Schmid und Thomas Kreuzer kurze Betrachtungen und Worte aus der Bibel.
Joseph Haydn komponierte „Die sieben letzten Worte“ 1786 als Auftragswerk für die Karfreitagsliturgie im spanischen Cádiz. Ursprünglich für Orchester geschrieben, bearbeitete er es später für Streichquartett – eine Fassung, die besondere kammermusikalische Intimität entfaltet. Die sieben langsamen Sätze, jeweils inspiriert von den letzten Worten Christi, münden in ein leidenschaftliches Erdbeben-Finale (Il terremoto), das die Erschütterung der Welt angesichts des Sterbens Christi musikalisch nachzeichnet.
Die einleitende Introduction gestaltete Haydn als Ouvertüre mit punktiertem Rhythmus und spannungsgeladenen Pausen, bei welcher die Ausführenden effektvoll die Kirchenakustik nutzen konnten.
Flehen um Vergebung
In „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun“ offenbarte sich die Sensibilität in den Violinen, deren klagender Ton die flehenden Worte nach Vergebung wunderbar unterstrich. In der 2. Sonate „Heute noch wirst du mit mir im Paradiese sein“ stimmt die erste Violine ein Arioso des Leidens an, welches zunehmend gesteigert wird. Heitere Anklänge unterbrechen die durch Vorhalte geprägte Melodie und weisen auf das Paradies hin.
Besonders eindrucksvoll gelang dem Quartett das dritte Wort „Frau, siehe, das ist dein Sohn“. Die im strahlenden E-Dur komponierte Idylle gestalteten die Musizierenden sehr versöhnlich, gerade die Zwiegespräche zwischen den hohen und tiefen Streichern.
In der 4. Sonate „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ beeindruckte Johanna Luther. Ernst und flehentlich gestaltete sie die Soli der ersten Violine mit den vielen klagenden Vorhaltsdissonanzen.
„Mich dürstet“ gestaltete das Streichquartett mit überirdischer Wirkung. Äußerst präzise, drängende Pizzicatofiguren von Konstantin und Christoph Thomas in den Mittelstimmen stützen die langen Noten der ersten Geige in den Rahmenteilen. Im Mittelteil dominiert ein hämmernder Rhythmus, der sehr dramatisch interpretiert wurde.
Tiefste Ergriffenheit
Die 6. Sonate „Es ist vollbracht“ ist Höhepunkt des Werkes. Das Barock anmutende „Consummatum est“-Motiv zieht sich durch den ganzen Teil, der am Ende von Moll nach Dur moduliert und die baldige Erlösung andeutet. Hervorzuheben ist Januz Skutellas Violoncello mit dunkler, erhabener Klangfülle – ein Moment tiefster Ergriffenheit.
Sehr beeindruckend gelang dem Quartett die mit Dämpfern gespielte 7. Sonate „In deine Hände, Herr, befehle ich meinen Geist“. Die anfängliche Es-Dur-Melodie mit ihren an Abschied erinnernden Hornquinten beruhigte sich nach einem virtuosen Mittelteil bis zum äußersten Pianissimo.
Schließlich riss „Il terremoto“ die Zuhörer in eine Welt der Erschütterung. Hier zeigte das Quartett nochmals seine dynamische Bandbreite und technische Präzision, während die Musik in donnernden Akzenten, packenden Läufen und gewaltigen Unisonostellen das Beben der Erde nachzeichnete.
Das zahlreiche Publikum in St. Josef erlebte eine Aufführung, die nicht nur musikalisch überzeugte, sondern auch emotional tief bewegte. Das Streichquartett verstand es meisterhaft, Haydns Werk mit Intensität und Ausdruckskraft lebendig werden zu lassen. Ein würdiger musikalischer Auftakt zur bevorstehenden Passion.
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