Weiden in der Oberpfalz
16.12.2019 - 20:01 Uhr

Herbergssuche für AK Asyl Weiden im Moment kein Thema

Seit März hat ein Teil der rund 250 von der Hausaufgabenhilfe des Arbeitskreis Asyl betreuten Kinder und Jugendlichen Unterschlupf in der Wirtschaftsschule gefunden. Was als Provisorium gedacht war, entwickelt sich zur Dauerlösung.

Die Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl in der Sedanstraße ist Geschichte. Bild: shl
Die Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl in der Sedanstraße ist Geschichte.

Das Kapitel Sedanstraße ist für Jost Hess vom Arbeitskreis Asyl endgültig abgeschlossen. 15 Jahre lang nutzte die Hausaufgabenhilfe im C&A-Gebäude von der Stadt angemietete Räume. Bis im März fehlende Brandschutzvorrichtungen den Unterricht abrupt beendeten und rund 75 Flüchtlingskinder auf der Straße standen (wir berichteten, www.onetz.de/2667486 ). Hilfe kam von der Staatlichen Wirtschaftsschule, die dem AK Asyl unbürokratisch Unterschlupf gewährte.

Zehn Monate später fühlen sich die Schüler mit Migrationshintergrund (überwiegend Realschüler und Gymnasiasten bis zur 11. Jahrgangsstufe) im Ausweichquartier in der Sebastianstraße immer noch wohl. Das freut Jost Hess. "Wenn es den Kindern gut geht, dann haben wir alles richtig gemacht", sagt er im Gespräch mit Oberpfalz-Medien. An die vergangenen Monate denkt er ungern zurück. "Die Situation damals hat mich und meine Frau und alle Helfer sehr belastet. Der organisatorische Aufwand und der körperliche Einsatz waren immens", sagt Hess.

Jetzt sei die Sedanstraße Geschichte. "Vergangene Woche haben wir den letzten Sperrmüll rausgeräumt." Für Hess war die dortige Unterbringung jahrelang eine "glückliche Lösung" gewesen. "Toll, dass wir diese Möglichkeit hatten", ist er dankbar. Auch wenn die Stadt sich bei der Aktion im März kein Ruhmesblatt erworben habe. "Das ist alles sehr unglücklich gelaufen", resümiert Hess.

Viel Arbeit für alle

Zum Glück geht es weiter. Die Hausaufgabenhilfe kümmert sich im Moment um rund 250 Flüchtlings- und Migrantenkinder. Die Zahl schwankt. Durch den Familiennachzug seien einige 15- bis 17-Jährige neu hinzugekommen, sagt Hess. Da viele von ihnen kein Deutsch sprechen oder lange Zeit nicht in der Schule waren, bedeute das viel Arbeit für die Mitarbeiter. Hier kann der AK Asyl auf 38 erfahrene Teilzeitbeschäftigte und 20 verlässliche Ehrenamtliche bauen. Helfer seien immer willkommen, zumal die individuelle Betreuung der Jugendlichen aufwendig sei.

Verteilt auf vier Standorte

Die Schüler sind aktuell gruppenweise auf vier Standorte verteilt: Wirtschaftsschule, Realschule, Asylstraße und Pfarrheim St. Josef. "Das ist nicht ganz ideal, aber wir haben uns organisiert", sagt Hess. Nach Umbauten in der Asylstraße seien auch die dortigen Räume seit Mai wieder nutzbar. Auch das gemeinsame Mittagessen könnten die Schüler nun wieder dort einnehmen. Der Wirtschaftsschule sei er einfach nur dankbar, dass der Arbeitskreis im Anbau drei Stockwerke mitbenutzen dürfe. "Wir fühlen uns gut aufgenommen", dankt er Schulleiter Thomas Reitmeier.

Das hört der Oberstudiendirektor natürlich gern. "Damals war eine schnelle Lösung gefragt, und wir haben gerne geholfen", sagt Reitmeier auf Anfrage der Redaktion. Die Gustl-Lang-Wirtschaftsschule ist "Schule ohne Rassismus und mit Courage". "Und das leben wir auch." Natürlich musste einiges umorganisiert werden, damit im Anbau Räume frei werden. "Aber im Moment ist das kein Problem, da wir nicht so viele Schüler haben", sagt Reitmeier. Er selbst finde es toll, dass das Schulhaus genutzt wird und mehr los ist. Auch mit der Ganztagsklasse, die im Anbau untergebracht ist, gebe es ein gutes Miteinander. "Ich kann nur sagen: Es funktioniert."

Nachfolger gesucht

Die Unterbringung in der Wirtschaftsschule könnte zur Dauerlösung werden. Bei der Stadt scheint es keine weiteren Bestrebungen zu geben, andere Räume für den AK Asyl zu suchen. Auf Anfrage teilt die Pressestelle knapp mit, dass "Herr Hess selbst an einer Lösung arbeitet". Ganz so sei es nicht, meint dieser. "Wir suchen im Moment nicht nach neuen Räumen", sagt Hess, der jetzt erst einmal die nervenaufreibenden Monate "verdauen" muss. Seine Frau Ursula und er würden schließlich auch nicht jünger. Langfristig möchten die beiden über Siebzigjährigen die Hausaufgabenhilfe einem Nachfolger übergeben. "Doch da ist leider noch niemand in Sicht. Also werden wir uns vorerst weiter um unsere Schützlinge kümmern." Angemerkt

Schulbänke, Regale und Schreibtischstühle warten auf die Sperrmüllabfuhr. Die Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl in der Sedanstraße ist Geschichte. Bild: shl
Schulbänke, Regale und Schreibtischstühle warten auf die Sperrmüllabfuhr. Die Hausaufgabenbetreuung des AK Asyl in der Sedanstraße ist Geschichte.
Kommentar:

Dach überm Kopf

Jost Hess haut so schnell nichts um. Der Sprecher des Arbeitskreises Asyl hat bei seiner ehrenamtlichen Arbeit für Flüchtlinge, Asyl- und Hilfesuchende schon viel erlebt und bewegt. Die von ihm und seiner Frau Ursula initiierte Hausaufgabenhilfe kümmert sich im Moment um über 250 Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Eine warme Mahlzeit, Bildung und die Vermittlung von Sprachkompetenz bilden seit 30 Jahren das Erfolgskonzept.
Allein 15 Jahre davon hat die Einrichtung die Räume im C&A-Gebäude genutzt. „Ein Ort der Geborgenheit“, wie ihn Hess einmal liebevoll nannte. Die Räumung im Frühjahr hat den 72-Jährigen und seine Frau getroffen. Alle bisherige Arbeit wurde mit einem Mal infrage gestellt. Schüler und Eltern waren irritiert, die Helfer rotierten. Natürlich hat Brandschutz oberste Priorität, Vorschriften müssen eingehalten werden. Das weiß der studierte Jurist nur zu gut. Zum Glück ist auch in all den Jahren nichts passiert. Mit der Wirtschaftsschule haben die Schüler nun eine neue Bleibe gefunden, in der sie sich offenbar wohlfühlen. So scheint eine weitere Herbergssuche vor Weihnachten kein Thema mehr zu sein.

Von Stephanie Hladik

Weiden in der Oberpfalz19.03.2019
 
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