Auch wenn es ans Aufstehen geht: Beide kommen kaum aus dem Bett. Beim Zähneputzen blockieren sie das Bad, nehmen keine Rücksicht auf andere Familienmitglieder. Typisch für die Pubertät. Die Diagnose Depression zeigt sich erst nach und nach. Es soll Aufgabe des Publikums sein, die richtige Figur herauszufinden.
Es zeigt sich aber im Lauf der Geschichte, dass das wirklich nicht einfach ist. Depressionen und andere psychische Störungen sind auch bei Kindern und Jugendlichen weiter verbreitet, als man denkt. Wolfgang Lindner von der AOK Weiden glaubt, dass rund 20 Prozent von ihnen gefährdet seien. Aus diesem Grund wurde in dreijähriger Entwicklungszeit das Theaterstück „Icebreaker“ über depressive Erkrankungen bei Jugendlichen ins Leben gerufen, das derzeit auf Bayern-Tour unterwegs ist.
Derzeit gastiert das Projekt in Weiden. Wie Sozialarbeiter Jean-Francois Drozak erklärt, haben sich als Kooperationspartner der AOK das Jugendzentrum mit Julia Zimmermann und Theresa Feit sowie die Sophie-Scholl-Realschule unter Federführung von Konrektor Alexander Lindner gefunden. Die Schirmherrschaft hat Gesundheitsministerin Melanie Hummel übernommen. „Es geht darum, herauszufinden, ab wann schlecht drauf sein mehr ist als das“, beschreibt Drozak den Inhalt, der sich auch an Erwachsene richtet.
Acht Mädels aus den achten Klassen – drei davon sind Mitglieder der Theatergruppe – proben nun seit Montag im Container vor der Schule für die Premiere an diesem Donnerstagabend, 19 Uhr, im Juz. Am Freitag soll „Icebreaker“ ein weiteres Mal vor Schülern gezeigt werden. Das Bündnis gegen Depression hat dazu eine Checkliste ausgearbeitet, mit der man selbst einschätzen kann, ob man an einer Depression erkrankt ist.
Bedrückt, mutlos, schlechte Konzentration, innere Unruhe, Interessenlosigkeit, Vertrauensverlust, Schuldgefühle, Zukunftsängste, Schwarzseherei, Schlafmangel, Abkapseln von Freunden, Verzweiflung, kein Interesse am anderen Geschlecht: Wenn fünf oder mehr Fragen mit Ja beantwortet werden können, sei dies ein Zeichen für eine Depression.
„Wir wollen mit diesem Projekt eine Atmosphäre der Enttabuisierung schaffen“, erklärt Drozak. „Damit ist die AOK, gerade was Jugendliche anbelangt, deutschlandweit führend.“ Weil sich viele Menschen mit dem Thema nicht befassen wollten und könnten oder Angst davor hätten. Auf die Frage, wer von den acht Schauspielerinnen Scheu hätte, sich mit einer Depression vor Mitschülern zu outen, hoben alle acht den Finger. Man wolle nicht stigmatisiert werden, war die Begründung. Die Befürchtung: Man würde nicht mehr ernst genommen werden. Aber anderen helfen würden man sofort, sollte man erfahren, dass jemand seelisch erkrankt sei. Vor allem nachdem man dieses Stück einstudiert habe.
Rüberkommen solle, dass es bedeutsam sei, möglichst bald professionelle Hilfe anzunehmen, betonte der Sozialarbeiter. „Früherkenntnis ist das Wichtigste. Und deshalb zeigen wir ja auch dieses Stück“, sagte Wolfgang Lindner. Drozak: „Je schneller ich die die Krankheit diagnostiziere, desto wahrscheinlicher ist es, dass sie nicht chronisch wird. Wenn ich zu spät mit der Behandlung beginne, kann es sein, dass sie immer wiederkehrt."
Eines wolle er deutlich machen: Es bringe nichts, nur Checklisten zu verteilen und Psychotests durchzuführen. „Wichtig ist das soziale Umfeld von Jugendlichen genau zu beobachten.“ Und weiter: „Die jungen Damen hier wollen alle beliebt sein. Das ist so eine jugendliche Phase. Wenn man 40 oder 50 ist, ist das anders. Da kann man Kritik besser vertragen." Als gute Anlaufstelle für Betroffene nannte Drozak das Jugendzentrum. Dort gebe es die „guten Onkel und Tanten“ an die man sich wenden könne.














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