Weiden in der Oberpfalz
23.09.2019 - 10:21 Uhr

Jubiläum des Sozialpädiatrischen Zentrums: Kindermedizin ist unterfinanziert

Gefeiert wurde nebenbei auch am Tag der offenen Tür und beim fünfährigen Jubiläum des Sozialpädiatrischen Zentrums. Aber grundsätzliche Fragen der Vorsorge für Kinder standen stärker im Mittelpunkt.

SPZ-Chefärztin Dr. Susanne Rinnert führt die Besucher am Tag der offenen Tür durch die Räume. Bild: Bühner
SPZ-Chefärztin Dr. Susanne Rinnert führt die Besucher am Tag der offenen Tür durch die Räume.

Zuerst gab es den Festakt in der ehemaligen Augustiner-Kirche, dann präsentierte sich das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) in Weiden den Besuchern am Tag der offenen Tür. In beiden Fällen ging es jedoch hauptsächlich um Grundsatzthemen. Schließlich war ja auch viel politische Prominenz gekommen.

„Weit weniger als ein Promille der Gesundheitsleistungen wird für die Kindermedizin ausgegeben“, bedauerte SPZ-Chefärztin Dr. Susanne Rinnert, als sie die Besucher durch die Räume ihrer Einrichtung führte. Und sie stellte fest, dass die Untersuchung eines Kinds, das in seiner Entwicklung beeinträchtigt ist oder chronisch erkrankt ist, nicht in einer Stunde durchführen werden könne. Im Gesundheitswesen müsse akzeptiert werden, dass Kindermedizin keine ökonomisch gewinnbringende Einrichtung sein kann. Viel Zeit sei erforderlich, um die Ursachen für Verhaltensauffälligkeiten bei Kindern herauszufinden.

Mit einem praktischen Beispiel wurde dies im Festvortrag von Dr. Angelika Enders auch mit Filmsequenzen sehr anschaulich dargestellt. Jahrelang rätselten die Experten über Bewegungs- und Verhaltensauffälligkeiten der kleinen Barbara. Zeitweise konnte sie kaum mehr gehen, zitterte und verweigerte das Essen. Verschiedenste Diagnosen und Therapien wurden eingesetzt, bis endlich der Durchbruch gelang. Es war eine Dopamin-Stoffwechselstörung, also Parkinson. An diese Krankheit dachte kaum jemand bei einem Kind. Mit dem Medikament L-Dopa konnte geholfen werden. Barbara sprang danach wie jedes andere Kind, wird allerdings lebenslang auf dieses Medikament angewiesen sein. Das alles zu untersuchen, brauche viel Zeit, wurde betont. Schließlich sei jeder Mensch „einmalig“.

Die Diagnose müsse herausfinden, ob „nur“ eine Entwicklungsstörung oder eine bleibende Erkrankung vorliegt. Da es eine große Spannbreite in den Fallkonstellationen gebe, entstünde beim Personal im SPZ ein hoher Druck, gegenüber den Eltern eine feste Aussage machen zu sollen. Als Fazit stellte die Referentin fest: „Wir haben die Aufgabe unser Wissen an alle Beteiligten weiterzugeben, vor allem an Eltern und Kindertageseinrichtungen.“

Chefärztin Rinnert schilderte, wie den kleinen Patienten im SPZ geholfen wird. „Anstrengende Untersuchungen gibt es nicht gleich beim ersten Termin.“ Und niemand laufe mit dem weißen Kittel herum. Ein Team aus Kinder- und Jugendärzten, Psychologen, Ergo- und Physiotherapeuten sowie Logopäden kümmern sich gemeinsam um die Kinder. Fallkonferenzen werden regelmäßig durchgeführt. Bei allen Untersuchungen müsse auch ein Arzt dabei sein. Ein farbliches Konzept kennzeichnet die einzelnen Behandlungsbereiche im SPZ. Mit der Kinderklinik werde eng zusammengearbeitet, nur dort gibt es die stationäre Behandlung. Für Babys und Epilepsiegefährdete gibt es keine Wartezeiten, ansonsten lägen die Wartezeiten leider manchmal bei sieben bis acht Monaten, bedauerte Rinnert.

Klinikum-Personalleiter Martin Neuhaus begrüßte die Festgäste. „Zehn Jahre haben wir um das SPZ gekämpft, deswegen feiern wir eigentlich schon das fünfzehnjährige Jubiläum“, rechnete Neuhaus vor. Rund 500 Kinder würden pro Quartal im SPZ behandelt werden, und zwar „alle Kinder, die in ihrer Entwicklung beeinträchtigt sind“. Von einer „Segenseinrichtung“ sprach Oberbürgermeister Kurt Seggewiß. Wichtig sei es, frühkindliche Fehlentwicklungen rechtzeitig zu erkennen.

Info:

Info

Das Sozialpädiatrische Zentrum (SPZ) am Klinikum in Weiden (Telefon 303-3331) befindet sich im dritten Stock des Augustinergebäudes in der Söllnerstraße 16. Es kümmert sich laut einer Informationsschrift um Kinder und Jugendliche mit

- Entwicklungsauffälligkeiten,-verzögerungen oder .störungen (zum Beispiel motorische, kognitive oder sprachliche Einschränkungen);

- Drohenden oder bereits bestehenden Behinderungen im körperlichen, geistigen oder seelischen Bereich;

- Chronischen/ neurologischen Erkrankungen und deren Folgen (zum Beispiel Bewegungsstörungen, Epilepsie, Migräne);

- Lernschwierigkeiten und Verhaltensauffälligkeiten;

- Psychosomatischen Erkrankungen.

Das Team des SPZ mit Chefärztin Dr. Susanne Rinnert und Festrednerin Dr. Angelika Enders (vorne, Dritte und Zweite von links) sowie den zahlreichen Ehrengästen des Festakts und Klinikum-Personalchef Martin Neuhaus (Vierter von links). Bild: Bühner
Das Team des SPZ mit Chefärztin Dr. Susanne Rinnert und Festrednerin Dr. Angelika Enders (vorne, Dritte und Zweite von links) sowie den zahlreichen Ehrengästen des Festakts und Klinikum-Personalchef Martin Neuhaus (Vierter von links).
Chefärztin Dr. Susanne Rinnert stellt die Farbgestaltung der SPZ-Räume vor Bild: Bühner
Chefärztin Dr. Susanne Rinnert stellt die Farbgestaltung der SPZ-Räume vor
 
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