Die besinnliche Jahreszeit ist angebrochen – mit ihr kommen auch die Weihnachtsfilme zurück ins Fernsehprogramm und auf die Startseiten der Streaminganbieter. Es gibt wohl kaum etwas, das die Gemüter so spaltet, wie die Frage nach dem perfekten Weihnachtsfilm. Die einen schwören auf tiefsinnige Dramen, während die Anderen sich lieber in eine wohlig warme Welt aus Zuckerwatte-Romantik und ganz viel Glitzer verlieren. Ich zähle mich eher zu den Anderen. Streamingdienste empfehlen mir bereits seit Mitte November unter "Top-Auswahl für dich" nur noch kitschige Weihnachtsfilme, auch bekannt als "Christmas Romcoms". Ein Vorschaubild ähnelt dem anderen: grün-rot-goldener Hintergrund, weißer Filmtitel und ein glückliches hetero Pärchen in Weihnachtsstrickpullovern im Vordergrund. Sie entführen mich in eine heile Welt, in der Probleme in der Regel in 90 Minuten gelöst sind und jede Geschichte mit einem magischen Weihnachtsmoment endet. Es sind Filme, die an die Kraft der Liebe und den Zauber der Festtage glauben – wer einen qualitativ hochwertigen Film sehen will, ist hier definitiv falsch.
Die Charaktere in diesen Filmen sind stereotypisch. Da haben wir die hart arbeitende aber liebenswerte Hauptfigur, die in der geschäftigen Stadt feststeckt und sich nach Liebe sehnt. Dann gibt es den mysteriösen Fremden oder die Fremde, die in die Stadt kommt und das Herz des Protagonisten erobert. Nicht zu vergessen sind die liebenswerten Nebenfiguren, oft Freunde oder Familienmitglieder, die mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Und ja, Geschlechterklischees sind in diesen Filmen allgegenwärtig. Die Frauen werden häufig nur auf die Rolle der Liebe suchenden, familienzentrierten Wesen reduziert. Sie sind für die Festtagsdekoration und das Kochen zuständig, während die Männer vor dem Kamin über den Sinn von Weihnachten philosophieren. Mir ist durchaus bewusst, dass auch die Auswahl der Protagonisten häufig zu wünschen übriglässt – sie sind fast immer weiß, schlank, heterosexuell und ohne echte Herausforderung im Leben ... Ich weiß, ich weiß. Das restliche Jahr über würde ich bei diesen Klischees sofort wegschalten. Aber in der Vorweihnachtszeit lasse ich mich gerne von den flimmernden Lametta-Oasen blenden.
In einer Zeit, die oft von Hektik und Stress geprägt ist, bieten mir diese Filme eine kleine Auszeit. Die Handlungsmuster mögen plump und vorhersehbar sein, die Dialoge vielleicht nicht immer Oscar-reif, aber viele Filme machen gerade deswegen Spaß – weil sie so wahnsinnig schlecht sind. Einfach mal den Kopf ausschalten und berieseln lassen. Genau das brauche ich manchmal. Nebenbei lassen sich gut die Weihnachtsgeschenke für Familie, Freunde und Verwandte basteln. Da macht es auch gar nichts, wenn ich kurz in der Küche meine Glühweintasse nachfülle und der Film im Wohnzimmer weiterläuft, der Handlung kann ich trotzdem folgen. Außerdem ist von vornherein klar, dass sowieso alles gut enden wird, und das ist beruhigend.
Natürlich können diese Filme nicht für jeden das Nonplusultra sein. Manche bevorzugen vielleicht die subtileren Freuden eines "Stirb langsam" oder die raffinierten Dialoge eines "Tatsächlich... Liebe". Doch selbst die hartgesottenen Filmkritiker sollten sich ab und zu auf das Abenteuer einlassen, in die Welt des Kitschs abzutauchen – gerade in der festlichen Jahreszeit. Am Ende eines Weihnachtsfilmabends habe ich sogar den skeptischen Grinch entspannt in seine heiße Schokolade lächeln gesehen.
OTon
Wir sind junge Mitarbeiter von Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.