Weiden in der Oberpfalz
13.09.2022 - 12:32 Uhr

Kliniken Nordoberpfalz: Weiterer offener Brief wegen Zukunft der Labore

Das Laborpersonal des Klinikums Weiden wendet sich öffentlich an den Aufsichtsrat. Wie die Kollegen in Tirschenreuth protestiert es gegen Überlegungen einer Ausgliederung. Die Politik versucht, die Wogen zu glätten. Nichts sei entschieden.

Auch die Labormitarbeiter des Klinikums Weiden wenden sich gegen Überlegungen einer Ausgliederung. Archivbild: Gabi Schönberger
Auch die Labormitarbeiter des Klinikums Weiden wenden sich gegen Überlegungen einer Ausgliederung.

Das Thema ist nicht neu. Die Zukunft der Labore an den Standorten Weiden, Tirschenreuth und Kemnath steht seit zwei Jahren auf der Tagesordnung der nichtöffentlichen Aufsichtsratssitzungen. Mitglieder des Aufsichtsrats sind neben politischen Entscheidungsträgern auch Betriebsratsvorsitzender Roland Gleißner sowie die Betriebsräte Monika Selch und Bernhard Herzog.

2020 hatte Michael Hoffmann (damals noch als externer Berater des Beratungsunternehmens Oberender, inzwischen Vorstand) das Einsparpotenzial bei den Laborkosten auf den Tisch gebracht. Diese lägen deutlich über dem nationalen Vergleich. Zuletzt wurde darüber in der Mai-Sitzung des Aufsichtsrates informiert. Drei Vorschläge wurden aufgelistet: die Kooperation mit Amberg, Kundengewinnung in Amberg oder eben das Outsourcing. Entschieden ist nichts. Auch für die Sitzung am Donnerstag, 22. September, ist nach Informationen von Oberpfalz-Medien keine Entscheidung über die Labors vorgesehen.

Die Unruhe bei den rund 50 Mitarbeitern der Labore ist trotzdem riesig. Die Tirschenreuther schreiben in ihrem Brandbrief, dass "Kaufinteressenten zusammen mit dem zuständigen Projektleiter durch unsere Räumlichkeiten gingen und Analysegeräte begutachteten". Sie fürchten, dass die Entscheidung im stillen Kämmerlein längst gefallen ist.

Am Mittwoch ging nun ein Schreiben der Weidener Kollegen an alle Aufsichtsratsmitglieder. Auch sie wollen vorbauen: "Wir möchten heftigen Widerspruch einlegen, da eine Ausgliederung für alle Beteiligten (Personal, Patienten etc.) große Nachteile mit sich bringen würde." Ihre Argumente: Langfristig könne die Übernahme durch ein Zentrallabor zur Monopolstellung eines Großlabors führen, was sich finanziell ungünstig auf die Kliniken auswirken könnte. Sie weisen zudem auf das außerordentliche Engagement der Mitarbeiter gerade in der Pandemie hin, als ohne zusätzliches Personal ein PCR-Labor aufgebaut wurde. Marktanalysen und Kostenvergleiche müssten genau angesehen werden, bevor Entscheidungen getroffen werden. Potenzielle Folgekosten im Falle einer Privatisierung müssten einfließen.

Die Aufsichtsratsvorsitzenden OB Jens Meyer und Landrat Andreas Meier (Neustadt/WN) sowie der Tirschenreuther Landrat Roland Grillmeier bekunden indessen immer wieder den unbedingten Willen, die Kliniken AG dauerhaft in kommunaler Hand und Trägerschaft zu behalten. Es gäbe keinerlei Ambitionen einer Privatisierung. Die drei Eigentümer, die Stadt Weiden und die beiden Landkreise Tirschenreuth und Neustadt/WN, haben in den letzten Jahren 80 Millionen Euro investiert, teils gebunden an Fördermittel. An einen Verkauf sei nicht zu denken. Im Rahmen der Sanierung sei der Vorstand zur Prüfung von Einsparmöglichkeiten verpflichtet.

Seit Juli 2022 gibt es eine personelle Änderung in der obersten Etage: Jens Brockmann, der mit Hoffmann und Finanzchefin Barbara Hane von Oberender gekommen war und das Führungstrio bildete, ist nicht mehr Leiter des Klinikums Weiden. Er hat das Haus verlassen.

Hintergrund:

Der Brief des Weidener Labors im Wortlaut:

Laborpersonal der Kliniken Nordoberpfalz AG Weiden, den 12.09.2022, Standort Weiden .

Sehr geehrte Aufsichtsratsmitglieder,

wir, wenden uns an Sie als Mitarbeiter des Zentrallabors im Klinikum Weiden, da wir erfahren mussten, dass derzeit Überlegungen zum Outsourcing der Laboreinrichtungen in den Standorten Weiden, Tirschenreuth und Kemnath angestrebt werden. Dagegen möchten wir heftigen Widerspruch einlegen, da eine Ausgliederung für alle Beteiligten (gesamtes Personal, Patienten etc.) sehr große Nachteile mit sich bringen würde.

Zudem hat auch das Zurückhalten von Informationen bezüglich des im Raum stehenden Outsourcings zu großer Verunsicherung und Existenzangst der Mitarbeiter geführt. Hervorzuheben ist auch, dass seit Beginn und während der Pandemie, ohne zusätzliches Personal und Räumlichkeiten neben dem regulären Routine,- und Schichtbetrieb ein eigenes PCR-Labor für die SARS-COVID Bestimmungen aufgebaut wurde, um schnellstmöglich auf die Notlage zu reagieren und Ergebnisse zu liefern die dem Klinikums-Betrieb, einschließlich der Regelversorgung aller Patienten im Einzugsgebiet dienlich waren und sind.

Während dieser Phase wurde immer wieder die Systemrelevanz jedes Einzelnen, und der gesamten Einrichtung betont, sowie die große Initiative für einen schnellen und reibungslosen Ablauf gelobt. All dies war nur durch große Anstrengungen, Teamgeist und nicht zuletzt durch die Anhäufung immenser Überstunden des gesamten Laborteams möglich. Im nach hinein könnte der Eindruck entstehen, dass langjährige, motivierte und äußerst pflichtbewusste Fachkräfte ausgenutzt, und durch Durchhalteparolen ausgelaugt wurden.

Eine Privatisierung des Labors wäre jetzt ein grober Vertrauensmissbrauch und Schlag ins Gesicht für alle, die diese extremen Belastungen so lange, im Vertrauen auf gutes Management ertragen haben. Zumal die finanzielle Situation des Klinikums nicht von der Laboreinrichtung, welche nur ca. 2% des Gesamthaushaltes der Kliniken AG beträgt, verursacht wurde und auch Seitens der Politik, der Träger des Hauses und von der Vorstandschaft über viele Jahre immer wieder propagiert wurde, dass es kein Outsourcing im Klinikum geben wird.

Zur näheren Ausführung unserer Einwände möchten wir hier einige Punkte erläutern.

  • Es gilt zu bedenken, dass eine Auflösung und Übernahme des Zentrallabors durch ein Privatunternehmen unter Umständen zu einer Monopolstellung eines Großlaborbetriebes führen würde, was sich später wiederum finanziell ungünstig für die Kliniken Nordoberpfalz AG auswirken könnte.
  • Bis zum jetzigen Zeitpunkt haben alle Mitarbeiter im Labor die äußerst hohen
    Belastungen durch chronischen Personalmangel im Schicht-, und
    Wechselschichtbetrieb, mehr oder weniger klaglos hingenommen und dafür gesorgt,
    dass der Laborbetrieb trotz aller widrigen Umstände, zur vollsten Zufriedenheit aller,
    aufrechterhalten wurde. Umso weniger wäre es nachvollziehbar, wenn sich jetzt
    durch Privatisierung massive Nachteile für die Mitarbeiter, z.B. durch schlechtere
    Tarifverträge, oder eventuell durch Wegfall der Zusatzversorgung ergeben würden.
  • Wir halten es zwingend erforderlich eine intensive Kosten-Nutzungsrechnung des
    Labors zu erstellen, aus der die Kosten des Betriebes, sowie die erwirtschafteten
    Erträge durch geleistete Laborarbeit klar hervorgehen, um sicher zu stellen, dass
    keine einseitige Beurteilung ohne Berücksichtigung potenzieller Folgekosten im Falle
    einer Privatisierung stattfindet. Es wäre außerdem äußerst wünschenswert, wenn
    die internen Prozesse, innerhalb der AG im Gesamten, mit Fokus auf Effizienz der
    Betriebsabläufe (z.B. Anforderungsverhalten seitens der Stationen) gründlich geprüft
    würden, bevor Entscheidungen bezüglich des Laborbetreibers getroffen werden. Des
    Weiteren setzen wir voraus, dass etwaige Marktanalysen, die zum
    Betriebskostenvergleich herangezogen werden, präzise und differenziert auf alle
    Betriebsfaktoren und Umstände vor Ort eingehen, um den Vergleich inhaltlich und
    faktisch fair beurteilen zu können. Zudem sollten auch diese Vergleiche, sowie auch
    die Ergebnisse transparent allen Betroffenen zugänglich gemacht werden, sodass bei
    den zu erwartenden einschneidenden Entscheidungen sämtliche zur Verfügung
    stehenden Daten und Informationen ein klar ersichtliches Gesamtbild ergeben.
  • Der Mangel an Image und Lobby im Gesamtbild der Dienstleistungsabteilungen
    innerhalb des Klinikums sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass präzise und
    zuverlässige Laboranalysen, von hochqualifizierten Fachkräften innerhalb der
    äußerst knapp bemessenen Zeitvorgaben, mit bis zu 70% maßgeblich an der
    Diagnosefindung, und somit essenziell für den medizinischen Erfolg des gesamten
    Klinikums sind. Somit ist ein gut geführtes und funktionierendes Labor
    Voraussetzung für jede medizinische Diagnostik und Therapieentscheidung für alle
    Patienten.
    Aus den bereits angeführten Gründen möchten wir darum bitten, dass der Vorstand des
    Klinikums der Wertigkeit des Labors im Eigenbetrieb höchste Priorität erteilt um Schaden
    vom Haus und Patienten, sowie unnötige Kosten, durch nicht kontrollierbare
    Fremdleistungen zu verhindern.
    Wir bitten unser Anliegen mit dem Klinikums Vorstand zu erörtern und uns eine
    Stellungnahme zum Ergebnis, gegebenenfalls in einem persönlichen Gespräch, mitzuteilen.
OnetzPlus
Tirschenreuth09.09.2022
 
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