Petra Katens bezeichnet das Szenario als „krasses Gegenteil“ zur aktuell weit verbreiteten Kurzarbeit. Ob auf den Baustellen oder im privaten Bereich, Handwerker könnten sich über mangelnde Arbeit nicht beklagen. „Auch in Weiden und in der Region warten sie lange. Die Auftragsbücher sind voll. Von der Coronakrise ist wenig zu spüren“, sagt die Bereichssekretärin der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt beim Pressegespräch des DGB Region Oberpfalz, das am Aschermittwoch erstmals online stattfand. Die Branche steuere auf ein weiteres gutes Jahr seit 2019 zu. „Und das, obwohl wir akuten Fachkräftemangel haben“, sagt Katens.
Vergütung für Anfahrten
In den Tarifverhandlungen im vergangenen Jahr sei ein „einigermaßen gutes Ergebnis erzielt worden“. Leider nicht auf normalem Weg, sondern durch einen Schlichterspruch. Für die Arbeiter gibt es seit dem 1. Januar 2021 2,6 Prozent mehr Lohn. Einen Schritt weiter sei man bei der Wegezeitentschädigung. Um was geht es? „Die Anfahrten eines Bauarbeiters zur Baustelle werden bisher nicht vergütet. Das ist insbesondere ärgerlich und ungerecht bei längeren Strecken“, erläutert die Fachsekretärin. Die Arbeiter müssten ja auf die Baustelle, zu der sie der Chef schickt. Und das könne jeden Tag woanders sein. In der Tarifrunde 2020 sei der Gewerkschaft immerhin ein Einstieg gelungen. So werden seit Januar 0,5 Prozent vom Tarifstundenlohn als Wegeentschädigung gezahlt. Katens nennt ein Beispiel: „Der Stundenlohn eines Bauarbeiters der Lohngruppe 5 erhöht sich dadurch von 21,06 Euro auf 21,16 Euro.“ Die Regelung gelte, bis es zu einer Änderung im Rahmenplan kommt. „Es laufen Spitzengespräche mit unserem Schlichter, die hoffentlich bis zum Juni eine Einigung bringen werden.
Gebäudereiniger gefordert
In der Coronakrise besonders gefordert seien die Gebäudereiniger. Sie müssten unter erschwerten Bedingungen ihrer Arbeit nachgehen. Einige wenige Firmen hätten Kurzarbeit angemeldet. „Die Schulen sind zu, also gibt es auch nichts zu reinigen“, nennt die Bereichssekretärin eine der Ursachen. Auf der anderen Seite sei Desinfektion in Innenräumen ein großes Thema. Unternehmen, die sich spezialisiert haben, seien stark gefragt. „Das tut auch dem Stellenwert der Gebäudereinigerdienste gut.“
Positiv wurden hier die Tarifverhandlungen beendet. So erhalten die Mitarbeiter für Innen- und Unterhaltsreinigungsarbeiten (Lohngruppe 1) ab 1. Januar 2021 mehr Geld. Die vereinbarten 11 Prozent werden in einem 2-Stufen-Modell umgesetzt, so dass der Stundenlohn ab 1. Januar 2023 bei 12 Euro liegt.
Petra Katens wünscht sich für die Beschäftigten im Baubereich - die IG Bau zählt in der Oberpfalz 4500 Mitglieder - mehr Respekt. „Die Verantwortlichen ziehen sich ins Homeoffice zurück und plädieren auf Einhaltung der Abstandsregeln, während sich die Bauarbeiter auf dem Weg zur Baustelle zu sechst in einen Bulli zwängen. Das ist echt g’schert.“ Geradezu eine Frechheit findet sie, wenn Unternehmen ihre Mitarbeiter am Freitag in Kurzarbeit schicken, um sie dann am Samstag Überstunden machen zu lassen. Und mit Blick auf die nächste Tarifrunde: „Vielleicht müssen Bauarbeiter einfach mal wieder deutlich ihre Kraft zeigen ...“.
Tarifabschluss 2020 in der Baubranche
- Einmalige Corona-Prämie von 500 Euro, für Auszubildende 250 Euro
- Ab 1. Januar 2021 Erhöhung der Entgelte um 2,1 Prozent
- Ab 2. Oktober 2020 Zuschlag von 0,5 Prozent auf den Stundenlohn zur pauschalen Entschädigung von Wegezeiten und -strecken
- Ausbildungsvergütung: 40 Euro mehr im 1., 30 Euro mehr im 2. und 20 Euro mehr im 3. Lehrjahr. (Quelle: www.igbau.de)
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