"Wir kamen um 7 Uhr zu einer außerordentlichen Sitzung zusammen und haben einstimmig für eine Einigungsstelle entschieden", erklärte Margit Rahm, Vorsitzende des Betriebsrats von Kondrauer Mineralbrunnen. "Wir haben eingesehen, dass ein neutraler Dritter für uns alle eine Hilfe sein kann." Ein Mediator aus Frankfurt soll nun die Verhandlungen zwischen der Geschäftsführung und dem Betriebsrat vorantreiben. Die Firmenleitung stellte am 29. April einen Antrag für eine solche Stelle am Arbeitsgericht Weiden. Am Mittwochvormittag trafen sich dort beide Parteien vor Richter Ferdinand Hagelstein und einigten sich auf diese Lösung unter Vorbehalt des Widerrufs.
Seit 28. März ist bekannt, dass Kondrauer seine Produktion und Innenlogistik nach Bad Steben in Oberfranken verlagern will. "Für uns ist das auch nicht einfach. Wir haben 15 Jahre Verluste am Standort Kondrau gemacht. Es stehen Investitionen von 13 Millionen Euro an. Durch diese Maßnahme versuchen wir Arbeitsplätze zu sichern", sagte der geschäftsführende Gesellschafter Jonas Seidel. Betroffen sind inzwischen noch 24 von rund 70 Mitarbeitern. "Die Notwendigkeit den Standort der Produktion zu verlagern, war jedem bekannt. In den vergangenen fünf Jahren haben wir 250 000 Euro nur für die Erschließung von neuen Quellen in Kondrau investiert. Jetzt sind die Möglichkeiten aber erschöpft." Bislang fanden zwischen dem Betriebsrat und der Geschäftsführung keine Verhandlungen statt.
So ging es vor Gericht um die Frage, ob dem Gremium weitere Zeit für freie Verhandlungen außerhalb des Gerichtssaals zustünde. "Täglich kommen Mitarbeiter zu mir ins Büro und wollen wissen, wie es weitergeht", erklärte Seidl. "Für diese Entscheidung brauchen wir den Betriebsrat. Wir wollen die Umstrukturierung mit ihm gestalten", fügte sein Rechtsanwalt Guido Matthey hinzu.
Straffer Zeitplan
In den vergangenen neun Wochen sei Seidl öfters an das Gremium herangetreten und wollte Verhandlungen einleiten, jedoch sei nichts passiert. "Es wurden vom Betriebsrat keine Termine wahrgenommen. Das Unternehmen braucht Planungssicherheit", sagte Matthey. "Der Betriebsrat blockiert nichts im Verfahren", erklärte Rechtsanwältin Regina Bell. Sie saß an der Seite von Betriebsratsvorsitzender Margit Rahm. "Im Gegenteil: Das Anliegen der Geschäftsführung wurde aufgenommen. Der Betriebsrat möchte seine Mitbestimmungsrechte wahrnehmen. Es muss möglich sein, sich außergerichtlich zu einigen." So legte die Firmenleitung nach Bekanntgabe der Umstrukturierungsmaßnahmen einen straffen Zeitplan vor. "Erst Mitte Mai bekamen wir die Kostenübernahme für den Rechtsbeistand zugesichert. Und wir brauchten zu diesem Thema auch Schulungen", sagte Margit Rahm.
Schwierige Situation
Richter Hagelstein, ging mit beiden Parteien die Situation durch. Ihm lag eine Mail der Geschäftsführung an den Betriebsrat vom 1. Mai vor. Diese sah in dem Schreiben die Verhandlungen als gescheitert an und betonte, "dass wir nicht mehr außerhalb der Einigungsstelle verhandeln." Rechtsanwalt Matthey erwiderte: "Es geht hier auch um Schuldzuweisungen. Das Unternehmen ist ein Verlustbetrieb. Bei der Umstrukturierung geht es um viel Geld. Gerade, wenn die Geschäftsführung die Verhandlungen als gescheitert ansieht, dann sollte der Betriebsrat doch reagieren."
Richter Hagelstein machte deutlich: "Schuldzuweisungen machen keinen Sinn. Sie müssen schauen, wie das Verfahren ausgeht. Natürlich hätten die Verhandlungen nach der Mail weitergehen können." Er fragte die Rechtsbeistände, ob ein Interesse an einer gütlichen Einigung bestünde oder weiter verhandelt werden soll. Matthey: "Wir möchten uns einigen und einen neuen Fahrplan angehen. Wir sind ja nicht der Feind des Betriebsrats und wissen, dass es eine schwierige Situation ist."
Nach einer kurzen Besprechung mit Margit Rahm erwiderte Rechtsanwältin Bell: "Unser Eindruck ist, dass die Emotionen auf beiden Seiten hoch gekocht sind. Es macht keinen Sinn weiter zu verhandeln. Wir würden einer Einigungsstelle zustimmen." Das könne jedoch aber nur mit dem ganzen Betriebsrat entschieden werden. Richter Hagelstein gab dem Gremium bis Freitag Zeit, um einen gemeinsamen Beschluss zu fassen.
Richter Ferdinand Hagelsein bestimmte für die Besetzung der Einigungsstelle Roland Lukas aus Frankfurt am Main. Seit 1. Juli betreibt der ehemalige Vizepräsident des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main das Unternehmen Roland Lukas Konfliktlösungen. Lukas leitet seit 1987 Einigungsstellen und Schlichtungen in verschiedenen Wirtschaftsbereichen und löst arbeitsrechtliche Konflikte.





















 
 
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