Kontaktstelle bietet Hilfe zur Selbsthilfe

Weiden in der Oberpfalz
02.09.2021 - 11:17 Uhr
OnetzPlus

Was, wenn es für jedes Problem eine Gruppe von Menschen gäbe, die sich gegenseitig helfen? Für allerhand Probleme gibt es solche Selbsthilfegruppen schon. Viele fehlen noch. Doch es gibt einen Geburtshelfer in Weiden.

Ramona Kriegler (links) hat zum 1. September die Leitung der Selbsthilfekontaktstelle an das Ehepaar Brigitte Lindner und Jürgen Huhn übergeben.

Stellen wir uns vor, jemand hat ein Problem – das kann eine Krankheit sein oder ein Lebensumstand, eine Notlage – und dieser Mensch sucht Gleichgesinnte. Er sucht im Netz, findet aber nichts. An diesem Punkt kann die Selbsthilfekontaktstelle (Seko) Nordoberpfalz helfen. Dazu muss man allerdings wissen, dass es diese Stelle mit dem sperrigen Namen gibt.

Die Seko Nordoberpfalz gibt es seit 2018, sie ist angesiedelt beim Diakonischen Werk in Weiden und ist ganz allgemein eine erste Anlaufstelle für alle, die in irgendeiner Form an Hilfe zur Selbsthilfe interessiert sind. Das können Menschen sein, die eine Gruppe suchen, aber auch solche, die eine Gruppe gründen wollen. Vorher waren dafür die Gesundheitsämter zuständig, die das nebenbei erledigten.

In der Seko kümmert sich die Pädagogin Ramona Kriegler hauptamtlich um die etwa hundert bestehenden Selbsthilfegruppen in den Landkreisen Neustadt/WN und Tirschenreuth und der Stadt Weiden. Zum 1. September übergibt Kriegler die Leitung der Kontaktstelle an das Ehepaar Brigitte Lindner und Jürgen Huhn, das sich die Stelle teilt. Wie Kriegler kommen die neuen Leiter aus der Pädagogik, Lindner ist gelernte Erzieherin, Huhn Sozialarbeiter.

Soziale und gesundheitliche Gruppen

Die Seko unterscheidet zwischen sozialen und gesundheitlichen Gruppen. Erstere können Trauer- wie Stillgruppen sein; es muss also nicht zwingend ein belastendes Problem sein, es kann auch eine soeben Mutter gewordene Frau den Wunsch haben, andere Mütter um sich zu scharen, um sich mit diesen über das Stillen auszutauschen. Bei den „gesundheitlichen Gruppen“, wie sie etwas verdreht genannt werden, geht es um verloren gegangene Gesundheit, der Begriff Krankheitsgruppen träfe es eher. Der entscheidende Unterschied zwischen beiden Gruppen ist finanzieller Natur: Die Gesundheitsgruppen werden von den Krankenkassen gefördert, die sozialen nicht.

Wenn eine solche Gruppe sich gegründet hat, arbeitet sie im Grunde autonom. Die Seko kommt aber auch nach einer Gründung ins Spiel, etwa wenn ein Förderantrag gestellt werden soll, der nicht selten hohen bürokratischen Aufwand bedeutet, der einen Gruppenleiter durchaus überfordern kann. Aber die Seko kann auch vorher helfen, zum Beispiel dann, wenn ein Problem eher selten ist und sich eine Gruppe nicht auf Anhieb gründen lässt. Dann nutzt die Seko alle ihre Drähte, auch die sozialen Netzwerke, um Gleichgesinnte für eine Gruppe zu finden. Bisweilen finden sich Gruppen auch nur virtuell zusammen.

Gegen Vorurteile

Kriegler betont im Gespräch mit den Oberpfalz-Medien, eine der Hauptaufgaben der Kontaktstelle sei auch, Vorurteilen gegenüber Selbsthilfegruppen entgegenzuwirken. „Das sind Leute wie du und ich“, sagt sie über die Mitglieder. Und ihre Nachfolgerin Brigitte Lindner ergänzt: „Aber man muss natürlich aktiv werden.“

Die Pandemie hat der Seko einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht, wie Kriegler sagt. 2019, ein Jahr nach ihrer Gründung, hat die Kontaktstelle noch einen großen Selbsthilfetag in der Stadthalle Neustadt veranstaltet, 2020 war plötzlich alles eingefroren, was man sich vorgenommen hatte. Und der für heuer geplante Selbsthilfetag musste ebenfalls ausfallen, da es nicht möglich war, diesen zuverlässig zu planen.

Was trotz Corona stattgefunden hat, waren Workshops im kleinen Kreis, zum Beispiel ein Online-Workshop für Gruppenleiter, in dem es um das Führen besonders schwieriger Gespräche ging.

Kriegler hat ihre Nachfolger Lindner und Huhn vor kurzem bei einem Stammtisch im Hotel Igel in Baumgarten (Gemeinde Püchersreuth) vorgestellt. Der erste Stammtisch dieser Art seit Ausbruch der Pandemie. Die Teilnehmer, alle Leiter einer Selbsthilfegruppe, sprachen teilweise sehr bewegt davon, wie schön es sei, wieder „ein bisschen Normalität“ zu erleben. Denn auch den Gruppen hat Corona erhebliche Probleme verursacht. Viele haben plötzlich keinen Raum mehr, in dem sie sich treffen können, weil sie die erforderlichen Hygienemaßnahmen nicht gewährleisten können. Vielfach bleiben Mitglieder zu Hause. Ob sie das dauerhaft tun, kann noch keiner der Gruppenleiter sagen.

Weiden in der Oberpfalz01.09.2021
Hintergrund:

Die Selbsthilfekontaktstelle Nordoberpfalz

  • betreut um die 100 Selbsthilfegruppen in den Landkreisen Neustadt/WN und Tirschenreuth und der Stadt Weiden, sie ist eine von mehr als 30 solcher Kontaktstellen in Bayern
  • informiert und berät Menschen in Notlagen kostenlos und wenn gewünscht anonym, stellt Kontakte her, verweist auf professionelle Hilfe und vermittelt in bestehende Gruppen
  • hilft bei der Gründung neuer Gruppen, organisiert Veranstaltungen und Fortbildungen
  • ist angesiedelt beim Diakonischen Werk Weiden, Sebastianstraße 18, Telefon 0961/38931-63, E-Mail: seko.nopf[at]diakonie-weiden[dot]de, Web: www.seko-nopf.de
 
 

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