Die Kulturschaffenden der Stadt äußern sich enttäuscht über die Kulturpolitik Weidens. Zu oft seien gute Ideen im Sande versickert. Matthias Holl, stellvertretender SPD-Fraktionsvorsitzender, verheißt auf Nachfrage von Oberpfalz-Medien Abhilfe: "Kultur ist ein wichtiger Standortfaktor. Wir wollen das Amt für Kultur, Stadtgeschichte und Tourismus personell verstärken und entlasten." Dazu brauche es "eine Person, die aktiv auf Leute zugeht, Veranstaltungen koordiniert und Bündelungen verhindert". Dieses "Potpourri" an Zuständigkeiten sei laut Holl eine "Mammutaufgabe", die eine Person allein kaum stemmen könne. Bislang wirkt Petra Vorsatz als Kulturamtsleiterin.
Kulturmarke Weiden etablieren
Auch CSU-Stadtrat Michael Bihler sagt, seine Partei erwäge, einen Kulturmanager als Anlaufstelle und Ansprechpartner zwischen Politik und Verwaltung einzuführen, der alles koordiniert und plant. Ein Ziel müsse sein, die Kulturmarke Weiden stärker hervorzuheben.
"Neue Denkformen" gewünscht
Und was sagen Weidens Kulturschaffende? Veit Wagner, Vorsitzender der Kulturbühne, etwa sagt Ja zu einem Kulturmanager. Er wünsche sich von ihm "neue Denkformen", "neue Ideen" und "frische Gestaltungsmöglichkeiten".
Auch Lukas Höllerer, Mitbegründer des Pop-Up-Clubs "Die Sünde", betont: "Kultur braucht immer wieder Veränderung, sonst wird es langweilig." In der Stadtverwaltung setzten aber viele eher darauf, Vorhandenes zu bewahren und nur das altbekannte Stammpublikum anzusprechen. An Neues wagten sich die Verantwortlichen oft nicht heran. Ein Kulturmanager könnte ganz neue Wege gehen. Die Stadt müsse auch alternative Kultur für jüngeres Publikum stärker fördern, damit wieder mehr Lebendigkeit und Bewegung ins Weidener Kulturleben gelange: "Wir brauchen Synergien zwischen Stadt und Privat."
Die Jugendkultur müsse laut Höllerer mehr Raum bekommen. "Dazu braucht es einen, der das arrangiert und Know-how mitbringt." Weiden habe großes Potenzial. So ließe sich etwa das Kulturprogramm auf die Studenten der Hochschule abstimmen. Das könne neue Impulse schaffen. Und auch Leute um die 30 wünschten sich Orte, um auszugehen. Ein Kulturzentrum - ähnlich wie das Juz, nur für Ältere - würde neue Möglichkeiten eröffnen, zum Beispiel für Konzerte. Dafür brauche es aber passende Veranstaltungsorte. Die Max-Reger-Halle sei da nur bedingt geeignet. Vielen Bands und Hobbykünstlern böte sie zu wenig Emotionalität, sie sei "zu sehr Gala".
Fördern, was Weiden ausmacht
Veränderungen in Weidens Kulturlandschaft seien dringend notwendig, sagt auch Stefan Voit, seit 40 Jahren ehrenamtlich im Kulturbetrieb unterwegs und verantwortlich für das Programm der Konzertreihe "Klein & Kunst". Denn: "Weiden läuft kulturell hinterher." Ein Kulturmanager könne da wieder Bewegung in die Sache bringen.
"Früher gab es einen Kulturausschuss mit allen Kulturschaffenden der Stadt. Anschließend wusste jeder, was im Jahr angeboten wurde. Diese Kommunikationsschiene gibt es in dieser Form nicht mehr." Es gebe keine Koordinierungsstelle, bei der Termine zusammenlaufen, keinen Newsletter, keine ansprechende Homepage, die mit anderen Institutionen verlinkt wäre, kritisiert Voit. "Alle kochen ihre eigene Suppe." Das führe dazu, dass sich Veranstaltungstermine oft überschneiden. Sinnvoller wäre es, wenn die Kulturschaffenden ihre Veranstaltungen aufeinander abstimmen könnten, um ungewollte Konkurrenzsituationen zu vermeiden.
Wolfgang Herzer, Mitbegründer und Kurator des Kunstvereins, sieht es ähnlich. Auch er sagt Ja zu einem Kulturmanager. Zunächst einmal sei es wichtig, "ein gemeinsames Kulturkonzept" zu entwerfen. Es brauche einen "Willen zu einer Vermarktung". Dieser müsse an einem Runden Tisch "mit vereinten Kräften" entstehen. "Dort müssten sich die Betroffenen zusammensetzen und fragen: Was sind wir alle zusammen? Und wie können wir alles vermarkten?" Man sollte "stärker bündeln, was die Stadt kulturell ausmacht", betont in diesem Zusammenhang Veit Wagner, Vorsitzender der Kulturbühne. Auch Christoph Thomas, Vorsitzender des Förderkreises für Kammermusik, sieht die Idee eines Kulturmanagers positiv. Dieser könne Themen angehen, die für Weiden interessant sind. Es sei wichtig, Vereine stärker einzubeziehen und eine überregionale Vermarktung zu fördern.
Viele Fragen zu Förderungen
Auch Irene Fritz, Vorsitzende des Oberpfälzer Kunstvereins, spricht sich für einen Kulturmanager aus. Sie betont, wie wichtig es sei, vorhandene Potenziale besser zu bündeln und Eigeninitiativen zu stärken. Auch seien einzelne Kulturschaffende oft überfordert, wenn es darum geht, Fördermittel zu beantragen. Um Vereine zu entlasten, müssten Förderrichtlinien transparenter werden. Zur Zeit seien viele grundsätzliche Fragen ungeklärt: Wie hoch ist das Gesamtbudget? Wann, wie und wo kann ich mich bewerben? Nach welchen Kriterien wird über Fördergeld entschieden?
Das sagt die Kulturamtsleiterin
Die Leiterin des Amts für Stadtgeschichte, Kultur und Tourismus, Petra Vorsatz, kümmert sich um viele Dinge: Stadtarchiv, Stadtmuseum, Tachauer Heimatmuseum, Keramikmuseum, Regionalbibliothek, Max-Reger-Tage, Sommerserenaden, Bürgerfest, Städtepartnerschaften, Literaturtage, Ausstellungen im Rathaus - und und und. Sie sagt: "Weidens Kulturleben ist bunt." Das bekomme sie immer wieder bestätigt, auch von Besuchern aus größeren Städten. Sie arbeite auch nicht allein, sondern habe für jeden Bereich ein Team an Mitarbeitern hinter sich.
Auf die Ideen zum Kulturmanager angesprochen, reagiert sie irritiert - diese Diskussionen seien ihr neu. Was den Kulturkalender anbelangt, meldeten "leider" viele ihre Veranstaltungen nicht an, obwohl sie regelmäßig dafür werbe. Das sei schade, denn Terminüberschneidungen ließen sich so leichter vermeiden.
Weiden habe zudem einen Kultur- und Tourismusbeirat, in dem unter anderem Volkshochschule, Stadtjugendring, Musikschule, Keramikmuseum, Heimatring, Jugendzentrum und Stadträte vertreten sind.
Weiden sei durchaus für Neues offen und nicht nur daran interessiert, Vorhandenes zu bewahren. So gebe es etwa während des Bürgerfestes am Mariánské-Lázně-Platz ein "fantastisches" alternatives Kulturprogramm, das das Team um Lukas Höllerer organisiere. "Sünde" sowie "Klein & Kunst" stünden außerdem für eine offene und junge Kultur.
Zudem arbeite Vorsatz eng mit der Hochschule zusammen. So habe man etwa gemeinsam mit OTH-Seelsorger Markus Lommer einen kulturellen Stadtplan für Studenten entworfen.
Weiden stehe generell für Vielfalt und zeichne sich durch seine kulturelle Bandbreite aus. Vereine wie Kulturbühne, Jazz-Zirkel, OKV oder auch das Landestheater erhielten Zuschüsse. Jeder könne einen Förderantrag stellen. Das Prozedere sei klar geregelt, und bei Unklarheiten gebe sie gerne Auskunft.
Übrigens veranstaltet OB-Kandidat Jens Meyer (SPD) einen Kulturbrunch (Samstag, 30. November, 11 Uhr, Café Mitte), um sich die Wünsche von Weidens Kulturschaffenden anzuhören. Vorsatz will dort auf jeden Fall hingehen.
Weidens Kulturleben ist bunt
Kultur kreativer angehen
Weiden hat „Potenzial“, läuft aber kulturell hinterher. Gute Ideen versickern im Sande. Jeder kocht sein eigenes Süppchen. Spricht man mit Weidens Kulturschaffenden, wird die Liste an Kritikpunkten lang und länger. Dabei wird deutlich: Diese Unzufriedenheit ist nicht neu. Sie hat sich über die Jahre angestaut.
Die Fraktionen wollen Abhilfe schaffen und ab 2020 einen Kulturmanager einführen. Dies sei „sicher nicht als Affront gegenüber Petra Vorsatz zu verstehen“, beteuern CSU, SPD und Kulturschaffende unisono. Vielmehr gehe es einfach darum, die Kulturamtsleiterin bei ihren vielfältigen Tätigkeiten zu entlasten und ihr Amt zu verstärken.
Vorsatz reagiert überrumpelt und widerspricht. Weidens Kulturlandschaft sei „bunt“ und „vielfältig“. Von der Idee, einen Kulturmanager einzuführen, habe sie „auf offiziellem Wege“ noch nichts gehört. Sie arbeite viel und liebe ihre Arbeit. Entlastung brauche sie nicht. Schließlich wisse sie in allen Bereichen Teams hinter sich, die sie unterstützten. Kulturschaffende beklagen aber mangelnden Rückhalt und mangelhafte Vermarktung.
Wenn es von allen Seiten Kritik hagelt, ist diese meistens nicht komplett unbegründet. Vorsatz gilt als begnadete Archivarin. Bei der Jugendkultur fehle es ihr aber an Mut und „Rock’n’Roll“. Vielleicht kann eine zusätzliche helfende Hand nicht schaden. Vier Augen sehen oftmals mehr als zwei.