Kunden wollen im Laden und online shoppen

Weiden in der Oberpfalz
30.11.2021 - 15:35 Uhr

Über die Hälfte der Einzelhändler in Ostbayern hat in der Pandemie starke Umsatzeinbußen hinnehmen müssen. Für 24 Prozent war oder ist die Krise laut einer Umfrage existenzbedrohend. Dennoch blickt die Mehrheit optimistisch in die Zukunft.

Einkaufsbetrieb in einer Fußgängerzone: Die Kundschaft tummelt sich in der Stadt und online.

"Die Zahlen klingen dramatisch“, sagte Kurt Schwer, Leiter des Unternehmerkunden-Segments der Commerzbank Weiden, am Dienstag bei der Online-Vorstellung der Umfrageergebnisse. Bundesweit waren für die Studie der Commerzbank im Sommer dieses Jahres 3500 Einzelhandelsunternehmen befragt worden, darunter 50 aus Ostbayern.

Die ostbayerischen Unternehmer schilderten die Lage insgesamt noch etwas schlechter als der Bundesdurchschnitt. So gaben 60 Prozent an, dass die langen Schließzeiten in der Pandemie eine große Herausforderung waren. Bundesweit sahen das nur 40 Prozent der Befragten so. Eine mögliche Begründung dafür sieht Schwer im regionalen Einkaufsverhalten. Das ländliche Ostbayern sei geprägt vom Einzelhandel, während in Großstädten der Onlinehandel bereits mehr Raum einnehme. Deshalb seien die Auswirkungen der Ladenschließungen in Ostbayern wohl größer. Für knapp ein Drittel der Einzelhändler stellten technische Erweiterungen wie Online-Beratungen eine Herausforderung dar – für mehr als doppelt so viele wie auf Bundesebene.

Nur wenige Kündigungen trotz der Krise

Um die Einnahmeausfälle zu kompensieren, griffen in Ostbayern 48 Prozent der Einzelhändler auf Eigenkapital zurück, 44 Prozent nahmen staatliche Hilfen in Anspruch und 16 Prozent einen Bankkredit. 52 Prozent der hiesigen Einzelhändler kamen bisher ohne Personalmaßnahmen durch die Krise. 44 Prozent nahmen Kurzarbeit in Anspruch. Nur vier Prozent der Unternehmer sprachen Kündigungen aus – drei Prozent weniger als im Bundesdurchschnitt. „Das hängt wohl auch mit dem latenten Fachkräftemangel zusammen", mutmaßte Wolfgang Bauer, Mitglied der Geschäftsleitung der Commerzbank Nordbayern. Die Unternehmen würden es sich gut überlegen, Mitarbeiter gehen zu lassen.

Auch bei der Frage, wie Corona das Einkaufsverhalten der Kunden verändert hat, weichen die ostbayerischen Ergebnisse etwas ab. 46 Prozent der befragten Einzelhändler gaben an, dass die Kunden nach dem Ende der Geschäftsschließungen wieder mehr auf persönliche Beratung setzen – deutschlandweit sagten das nur 28 Prozent. 34 Prozent berichteten von mehr Onlinekäufen (23 Prozent im Bundesdurchschnitt). 20 Prozent sagten, dass die Kunden zunehmend auf regionale Produkte setzen (Bundesdurchschnitt: 16 Prozent).

Not macht erfinderisch

„Einerseits hat Corona im Einzelhandel einen spürbaren Digitalisierungsschub ausgelöst, auf der anderen Seite sehen wir aber auch einen Nachholbedarf beim Konsum vor Ort“, fasste Schwer zusammen. Die Studie zeige, dass Kunden beim Einkauf beide Kanäle nutzen wollen – „digital und persönlich.“ Auf diese Bedürfnisse habe der ostbayerische Einzelhandel mit Angeboten wie „Click and Meet“ und Online-Beratung reagiert.

„46 Prozent der Einzelhändler gaben an, dass sie ihre Kreativität und Innovationskraft im Zuge von Corona gesteigert haben“, betonte Schwer. Trotz aller Herausforderungen erklärten 78 Prozent der Einzelhändler, positiv in die Zukunft zu blicken. Allerdings: Da die Umfrage im Sommer stattgefunden und sich die Corona-Lage seither wieder deutlich verschlechtert habe, wäre das Ergebnis aktuell möglicherweise negativer ausgefallen, gab Schwer zu bedenken.

Besorgt zeigten sich viele Einzelhändler über die Entwicklung der Innenstadt. Drei Viertel befürchten in den nächsten fünf Jahren eine Verödung des Stadtzentrums durch Geschäftsschließungen und auswärts gelegene Einkaufszentren. Um die Innenstadt attraktiver zu machen, wünschte sich über die Hälfte der Befragten mehr Radwege und Grünflächen. Über 60 Prozent würden sich über eine Verbesserung des Parkplatzangebots inklusive Elektroladestationen freuen.

BesserWissen08.10.2020
Wolfgang Bauer ist Mitglied der Geschäftsleitung der Commerzbank Nordbayern.
Kurt Schwer leitet den Bereich Unternehmerkunden der Commerzbank Weiden.
Hintergrund:

Neue Strategien

  • Um die Corona-Krise zu bewältigen, haben 36 Prozent der ostbayerischen Einzelhändler die Vereinbarung von Kundenterminen ("Click and Meet") angeboten, wie aus der Commerzbank-Studie hervorgeht.
  • 30 Prozent der Einzelhändler veränderten ihre Produktpalette, 22 Prozent führten Online-Beratungen ein.
  • 20 Prozent nutzten neue Marketing- und Vertriebswege, etwa in sozialen Netzwerken.
  • 10 Prozent der befragten Unternehmen starteten einen eigenen Lieferservice.
 

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