Bayern setzt auf ein Mehr an Tierwohl in den heimischen Ställen. Die Erwartungen von Verbrauchern an eine tiergerechte Haltung sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen: Die Tiere sollen sich wohlfühlen und gesund bleiben. Dazu gehört ein entsprechendes Angebot an Platz, sauberem Wasser und frischer Luft. Auch der Lebensmitteleinzelhandel übt nun zunehmend Druck beim Umbau der Tierhaltung aus. Doch dieser ist für viele Landwirte mit enormen Hürden verbunden – vor allem finanziell.
Vom Anbindestall zum Laufstall
Zwar gibt es in Bayern schon viele moderne Milchviehställe, doch rund 43 Prozent der Betriebe arbeiten nach Schätzungen der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) noch immer in Anbindeställen. Auf die Tieranzahl betrachtet sind dies rund 18,8 Prozent der Milchkühe in Bayern. „Wir haben in der Region Weiden, Neustadt und Tirschenreuth etwas über 800 Milchviehhalter und davon ca. 48 Prozent Anbindehalter. Also ist der Wert etwas über dem bayernweiten Durchschnitt.“ erklärt Wolfgang Keck, der Leiter der Abteilung Förderung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Tirschenreuth-Weiden (AELF TW). Laut Keck seien vor allem die kleineren Betriebe mit bis zu 40 Milchkühen von der bevorstehenden Umstellung betroffen.
Eine solche Modernisierung bringt jedoch hohe Herausforderungen mit sich. Ein neuer Laufstall kostet je nach Ausstattung und Herdengröße im Schnitt zwischen 15.000 und 19.000 Euro netto pro Kuhplatz. „Für einen in Bayern typischen Neubau mit rund 75 Kühen ergibt das schnell Baukosten von deutlich über einer Million Euro.“ veranschaulicht Dr. Sina-Catherine Siegerstetter, zuständig für Investitionsberatung am AELF TW. Um die Produktionskosten der Milcherzeugung bei dieser Investitionssumme decken zu können, bräuchten die Landwirte dauerhaft höhere Erzeugerpreise.
Viele Landwirte haben daher Sorge, ob sie diese Investitionen stemmen können – selbst, wenn sie aus Überzeugung hinter dem Konzept stehen.
Staatliche Unterstützung
Der Freistaat bietet gezielte Förderprogramme an. Sie sollen den Verbraucherwunsch von mehr Tierwohl voranbringen aber die gegenüberstehenden, zu geringen Lebensmittelpreise ausgleichen. Ein zentrales Instrument ist das Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) – umgangssprachlich „Stallbauförderung“.
Möchte ein Landwirt von Anbinde- auf Laufstallhaltung umstellen und investiert, kann er bis zu 40 Prozent Zuschuss (mit Deckelung) für den Bau erhalten. „Bedingung ist allerdings, dass der Stall klare Tierwohl-Standards erfüllt.“ bringt Dr. Siegerstetter zum Ausdruck. Beispielsweise ist ein Tier-Fressplatz-Verhältnis von maximal 1,2 zu 1 vorgeschrieben. Da sich die Tiere im Laufstall frei bewegen können, wechseln sie dann je nach Belieben zwischen Fressen und Liegen. Auch ein befestigter Auslauf außerhalb des Stalls ist Pflicht. Bei 75 Tieren werden davon über 112 m² benötigt. Genauso wie über 412 m² nutzbare Fläche im Stall und ausreichend große Laufgangbreiten gefordert sind, damit zum Beispiel ein rangniedrigeres Tier entspannt an einem Ranghöherem vorbei gehen kann.
„Ein Laufstall hat von Tierwohl bis hin zu einer höheren Milchmenge viele Vorteile. Jedoch bleibt die Umstellung immer noch eine große Herausforderung für unsere regionalen Landwirte. Ein bewussteres Einkaufsverhalten der Verbraucher, zum Beispiel von bevorzugt bayerischen Lebensmitteln, würde die Umstellung der Haltung natürlich sehr unterstützen.“ so Stefan Enders, Abteilungsleiter Bildung und Beratung am AELF TW abschließend.
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