Weiden in der Oberpfalz
24.05.2019 - 09:55 Uhr

Menschenwürde achten und einfordern

Ein libanesischer Junge verklagt seine Eltern. Was dahinter steckt, dokumentiert der Film „Capernaum – Stadt der Hoffnung“. Im Filmgespräch zeigen sich die Zuschauer betroffen, wie die Menschenwürde heute noch mit Füßen getreten wird.

Moderator Peter Schönberger (rechts) diskutiert mit Asyl-Koordinator der Diakonie Manfred Weiß (links), Jost Hess vom Arbeitskreis Asyl (Zweiter von rechts) und dem gebürtigen Syrer Mohammed El Moghrabi, den Film "Capernaum - Stadt der Hoffnung" mit erschütternden Bildern, die zum Handeln für die Politik für ein menschenwürdiges Dasein auffordern. Bild: Dobmeier
Moderator Peter Schönberger (rechts) diskutiert mit Asyl-Koordinator der Diakonie Manfred Weiß (links), Jost Hess vom Arbeitskreis Asyl (Zweiter von rechts) und dem gebürtigen Syrer Mohammed El Moghrabi, den Film "Capernaum - Stadt der Hoffnung" mit erschütternden Bildern, die zum Handeln für die Politik für ein menschenwürdiges Dasein auffordern.

Der Libanon war das einfachste Ziel für Hunderttausende syrische Flüchtlingen nach dem Bürgerkrieg, nun schottet er sich faktisch ab. Das Land hat bis zu 1,75 Millionen Flüchtlinge aufgenommen bei 1,5 Millionen Einwohnern. „Der Ausdruck der bezeichneten Stadt Capernaum stehe im Arabischen für Durcheinander und Chaos“, sagte Peter Schönberger von der Katholischen Erwachsenenbildung. Dem in Cannes ausgezeichneten Film “Capernaum – Stadt der Hoffnung" folgten die Weidener Filmgespräche mit großem Interesse.

Der 12-jährige Junge Zain, ein libanesischer Junge, stand vor Gericht und verklagte seine Eltern, weil sie ihn auf die Welt gebracht hatten, obwohl sie sich nicht um ihn kümmern konnten. Dem Richter schilderte er was passierte, nachdem er von zu Hause weggelaufen ist und bei einer jungen Mutter aus Äthiopien Unterschlupf fand. Er kümmerte sich um ihr hilfloses Baby und kämpfte sich durch die Slums von Beirut. Schließlich musste er den Säugling für 500 Dollar an einen Schleuser verkaufen, um an gefälschte Papier zur ersehnten Ausreise für ein freies Leben zu gelangen.

In atemberaubenden Szenen der Slums erzählte der Film von den widrigen Lebensumständen jener, die von einem besseren Leben träumen, aber in der heutigen Welt ohne Papiere keine Chance haben. Der Streifen zeigte menschlicher Empathie und legte die Mechanismen unglaublicher sozialer Ungerechtigkeit offen von einer Zwangsheirat und Ermordung der 11-jährigen Schwester des Hauptdarstellers Zain, Gefängnisstrafen für Kinder und ungeliebten Einwanderin im Gefängnis bis hin zu Menschenhandel mit Flüchtlingen und Kleinkindern.

Für den Asyl-Koordinator der Diakonie, Manfred Weiß, war im Filmgespräch der erste Eindruck „Wahnsinn“. Er zeigte sich erschüttert und hoffte, dass der Film einen Oskar bekomme um die Welt aufzurütteln. Als zu 85 Prozent wahrheitsgetreu schätze der gebürtigen Syrer Mohammed Elf Moghrabi den Film ein. Wer Geld habe, könne dort gut leben. Das Regime behandle die arme Bevölkerung und die Flüchtlinge schlecht. Er selbst flüchtete vor 35 Jahren aus dem syrischen Bürgerkrieg in die DDR und nach 45 Tagen in die BRD. Er und seine Familie waren 1985 die ersten syrischen Ankömmlinge, die Jost Hess in Weiden aufnahm. Moghrabi arbeitete 27 Jahre in Deutschland. Die Familie dolmetscht heute noch in Flüchtlingsangelegenheiten. Veit Wagner erkannte das unendlich viele Elend und Leid, das in der Welt mit Armut in diesen Slums herrscht.

KEB-Bildungsreferent Hans Bräuer dankte für die rege Diskussion im Filmgespräch mit 40 Zuhörern und verwies auf das Begleitprogramm, die Karikaturenausstellung „Alle in einem Boot“ in der Regionalbibliothek, die dort noch bis Ende Mai zu sehen ist.

Info:

Helfer zur Flüchtlingsintegration gesucht

Um die Integration von Flüchtlingen in Weiden zu unterstützen, bittet der Asyl-Ehrenamtskoordinator der Diakonie, Manfred Weiß, um Mithilfe von ehrenamtlichen Bürgern. 91 Kinder leben derzeit in den Familien in Sammelunterkünften und in den angemieteten Wohnungen in Weiden, davon 48 Alter von fünf Jahren und jünger. Auch nach der Flüchtlingswelle von 2015 bedürfen Asylbewerber und Neuankömmlinge der Unterstützung im Netzwerk Asyl. Patenschaften können gegründet werden und Integrationshilfen jeglicher Art sind willkommen. Kontakt: Telefon 0159/02405421 oder E-Mail asyl-ehrenamt[at]diakonie-weiden[dot]de.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.