Die Schlagzeile ist beeindruckend: Während bayernweit in den ersten drei Monaten der Coronakrise für 36 Prozent aller sozialversicherungspflichtig beschäftigen Kurzarbeit angemeldet wurde, liegt dieser Prozentsatz in der nördlichen Oberpfalz genau um 20 Prozentpunkte höher bei 56 Prozent. Hinter dieser Zahl stehen in der Nordoberpfalz knapp 2500 einzelne Betriebe, die für 49.400 Arbeitnehmer Kurzarbeit angemeldet haben.
„In Anbetracht des hohen Fachkräftemangels wollen in der nördlichen Oberpfalz die Betriebe ihr Personal unbedingt an sich binden und überbrücken ganz besonders oft die Auftragsausfälle mit Kurzarbeit“, sagt Thomas Würdinger, Vorsitzender der Arbeitsagentur Weiden. Alleine für Kurzarbeit seien im Bezirk der Arbeitsagentur Weiden in den vergangenen drei Monaten 11,4 Millionen Euro ausbezahlt worden, berichtet Würdinger. Im Durchschnitt mussten Betriebe nach der Antragstellung nur 5,1 Tage auf die Auszahlung des Kurzarbeitergelds warten. Die Statistik zeigt auch, dass die Inanspruchnahme von Kurzarbeit in der nördlichen Oberpfalz nicht nur erheblich über dem bayrischen Durchschnitt liegt, sondern auch über den Vergleichswerten der Agenturbezirke Schwandorf und Regensburg.
Während Schwandorf mit dem knapp 43-prozentigen Anteil an allen Beschäftigten auch über dem bayrischen Durchschnitt liegt, bewegt sich der Vergleichsanteil von 37 Prozent im Bezirk Regensburg nahe am bayrischen Gesamtergebnis. Dass Arbeitgeber in der nördlichen Oberpfalz den Auftragsrückgängen vor allem mit Kurzarbeit begegnen wollen, zeigen Beispiele eines Handwerks- und eines Dienstleistungsbetriebs. So unter anderem die Firma Zechmayer Werkzeugbau und Formenbau in Grafenwöhr. Geschäftsführer Jörg Zechmayer stellte dazu fest: „Wir nutzen das Instrument Kurzarbeit und können damit unsere Belegschaft an den Betrieb binden.“ Ähnlich sieht es Unternehmer Nicolas Götz vom Reiseanbieter Nix-wie-weg, der zunächst auf den massiven Einbruch seiner Branche hinweist und feststellt: „Wir wollen doch die Mitarbeiter, die wir jahrelang ausgebildet und geschult haben, auch im Betrieb halten.“ Schließlich würden diese auch dann wieder gebraucht, wenn sich die Geschäftslage wieder normalisiert, begründet Götz die Einführung der Kurzarbeit in seinem Betrieb.
Ob überall die angezeigte Kurzarbeit auch tatsächlich realisiert wurde, wird in der Statistik der BA erst in einigen Monaten ausgewiesen werden. Erste Beobachtungen der Arbeitsagentur Weiden zeigen allerdings, dass für bis zu 90 Prozent des angezeigten Kurzarbeitsvolumens auch anschließend tatsächlich Kurzarbeitergeld beantragt wird. Auffallend in der Kurzarbeitsstatistik ist auch, dass Betriebe vor allem im April dieses Jahres ihre Kurzarbeitsplanungen gemeldet haben. So zum Beispiel im Arbeitsagenturbezirk Weiden für 35.500 Arbeitnehmer, danach im Mai nur noch für 2200 Arbeitnehmer.
Der Blick auf die einzelnen Wirtschaftszweige mit besonders vielen Kurzarbeitsanmeldungen im Bezirk der Arbeitsagentur Weiden zeigt, dass 337 Betriebe zum verarbeitenden Gewerbe gezählt werden. Der Einzelhandel ist mit 232 Betrieben, das Gesundheitswesen mit vielen Arztpraxen mit 226 Betrieben und die Gastronomie mit 214 vertreten. Aus der BA-Statistik lässt sich ein deutlicher Zusammenhang zwischen der unterdurchschnittlichen Zuwachsrate der Arbeitslosigkeit und dem überdurchschnittlichen Kurzarbeitsniveau ablesen. Die nördliche Oberpfalz, die bei den Arbeitslosenzahlen seit März dieses Jahres bayernweit die geringste Zunahme der Arbeitslosigkeit aufweist, verdankt dies also vor allem der deutlich höheren Inanspruchnahme der Kurzarbeit durch die Betriebe.
















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