Die Ausstellung der Weidenerin Susanne Kempf zusammen mit weiteren Künstlern „Voilà! Kunst. Virtuell. III“ soll noch vor Weihnachten veröffentlicht werden. Eine der neu teilnehmenden Künstlerinnen ist Ellen Graf. Sie kämpft gerade in einem fremden Land mit den Folgen der Corona-Pandemie.
Die Sinologin und Anglistin Ellen Graf aus Andernach (Rheinland-Pfalz) reiste Anfang Februar, als von einem Lockdown noch keine Rede war, mir ihrem 26-jährigen Sohn Matthias in sein Geburtsland Taiwan. Der Sohn wollte hier in seinem Sinologiestudium das erforderliche Auslandssemester absolvieren. Und er wollte seine taiwanesische Großmutter wiedersehen, die er zuletzt vor 20 Jahren getroffen hatte. Seine Mutter Ellen begleitete ihn, sie wollte Freunde wiedersehen, die sie in den 13 Jahren ihres Lebens in Taiwan kennengelernt hatte und seit vielen Jahren vermisste: „Taiwan hat mich nie losgelassen. Ich wollte meinem Sohn zeigen, wo er die ersten sechs Jahre seines Lebens verbracht hatte.“
Die Reise war abenteuerlich und anstrengend. Durch eine Erkrankung an zwei Halswirbeln gerät Ellen Grafs Sohn bei Flugreisen immer in Panik, unerträgliche Schmerzen sind dann die Folge. Also entschieden sich Mutter und Sohn, die Reise Mitte Januar mit dem Zug über Wien, Ungarn, die Ukraine, Russland, Sibirien und die Innere Mongolei anzutreten. Auf der vorletzten Reisestation ging es durch die Volksrepublik China, von Fujian aus fuhren beide mit einer der letzten Fähren nach Taipei. Ellen Graf berichtet: „Unterwegs haben wir einige Stopps eingelegt. Am 27. Januar waren wir in Novosibirsk im deutschen Konsulat und fragten, ob es in Anbetracht des Wuhan-Virus sinnvoll sei, weiterzureisen oder ob wir besser umkehren sollten. Der Mitarbeiter meinte, es gebe keinen Grund zurückzufahren. Und so reisten wir weiter, immer mit dem Virus im Nacken.“
Die Familie ist nun noch immer in Taiwan. Noch bis Dezember können Mutter und Sohn bei der Ex-Schwiegermutter und Großmutter wohnen, danach sollen sie in ein Hotel umziehen, obwohl das Geld langsam knapp wird. Der Sohn besucht seit Monaten die Universität, die Uni in Taipeh hat sein Stipendium verlängert. Seminare, die er derzeit besucht, werden ihm für sein Studium in Deutschland anerkannt. Ellen Graf nutzt die Zeit für ihre Malerei, schreibt zudem Geschichten, trifft sich mit Freunden. Auch ist sie Gasthörerin an der Universität des Indigenen Volkes der Bunun.
Die Infektionslage in Taiwan ist gut, seit mehr als 200 Tagen gab es keine Neuinfektion mehr. Ellen Graf schildert: „Von Anfang an gab es hier strenge Regeln, die immer noch in Kraft sind. Ohne Mundschutz geht nichts: ÖPNV, Museen, Kaufhäuser, überall muss er getragen werden und das wird streng kontrolliert. Überall stehen Sprays, mit denen man die Hände desinfizieren kann. In Restaurants, in öffentlichen Gebäuden wird die Temperatur gemessen, an Knotenpunkten der U-Bahn gibt es Wärmebildkameras zur Fiebermessung.“ Der Tourismus im Land ist vollkommen zum Stillstand gekommen, der Flughafen gleicht einer Gespensterkulisse, es gibt keine Touristenvisa mehr. Für Ausländer, die vor Mitte März 2020 einreisten, wird das Visum automatisch monatlich um 30 Tage verlängert.
Vor einigen Wochen ist Ellen Grafs Vater in Deutschland verstorben. Normalerweise wäre sie zum Begräbnis hingeflogen, danach mit einem neuen Touristenvisum wieder nach Taiwan zurückgereist. Dies war wegen der aktuellen Einreisebestimmungen nicht möglich. Ihren Sohn wollte sie nicht allein in Taiwan zurücklassen, also entschied sie sich schweren Herzens, nicht zur Beerdigung des Vaters zu fliegen.
Zu Beginn ihres Aufenthalts wurde Familie Graf von Einheimischen misstrauisch angesehen, in der U-Bahn wollte niemand neben Mutter und Sohn sitzen. „Wir könnten ja etwas eingeschleppt haben. Einige Freunde wollten sich nicht mit uns treffen.“
Und wie geht es nun nach den vielen Monaten weiter? Ellen Graf: „Da wir nicht fliegen können, suchen wir seit einem halben Jahr nach einer Möglichkeit nach Deutschland zu gelangen. Ich hoffe, dass wir einen Weg finden, eine Lücke, um auf dem Landweg zurück zu fahren, oder auf eine Ausnahmegenehmigung, die uns erlauben würde, auf ein Containerschiff zu kommen. Ich habe hier mit über 20 Reisebüros gesprochen, mit knapp 30 Containerschiff-Firmen, ich war beim Transportministerium, beim Außenministerium. Die deutsche Vertretung verwies uns an eine Klinik im Flughafen. Es gebe vielleicht die Möglichkeit eines Fluges in ärztlicher Begleitung.“ Ellen Graf hofft, dass sie auf diese Weise bald wieder nach Deutschland zurückkehren können, jedoch warten Mutter und Sohn schon seit Wochen auf eine Klärung der dadurch entstehenden Kosten. Der weitere Verlauf ist vollkommen ungewiss, Ellen Graf hofft, dass sich von irgendeiner Seite eine Lösung auftut, die Rückreise nach Deutschland noch in diesem Jahr klappt. Illusionen macht sie sich keine, jedoch hofft sie weiter.
Ausstellung "Voilá"
- Idee von Künstlerin Susanne Kempf
- Seit April Suche nach Künstlern, die Werke in virtueller Präsentation zeigen
- Dritte Ausstellung unter dem erweiterten Titel „Voilá! Kunst. Virtuell.“ nun in Vorbereitung
- Teilnehmer sind Menschen aus zahlreichen Ländern, die mit besonders schwierigen Situationen durch Corona fertig werden müssen
















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