Karpfen ist in der Fastenzeit in Bayern besonders beliebt – vor allem kurz vor Ostern. "Die Karwoche und speziell der Karfreitag ist die Spitzenzeit für die Karpfenvermarktung", sagt Martin Oberle. Er ist Leiter der Karpfenteichwirtschaft bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. Allerdings übersteige die Nachfrage derzeit das Angebot. "Die Preise gehen ganz schön nach oben." Das kann auch Klaus Bächer bestätigen. Er ist Vorsitzender des Fischerzeugerrings Oberpfalz. "Die Preise haben sich verdoppelt", sagt er. Im vergangenen Jahr habe ein Kilogramm eines lebenden Speisekarpfens noch zwischen 2 Euro und 2,80 Euro gekostet. In diesem Jahr schwanken laut seinen Angaben die Preise zwischen 4,50 Euro und 5,50 Euro.
Die Teichwirte berichteten nicht nur über einen Mangel an schlachtreifen Karpfen, sagt Oberle. Auch die jungen Karpfen seien knapp. Dabei seien die Wetterbedingungen in diesem Jahr nach dem zuerst kalten Frühjahr für die Karpfenzucht gut gewesen. Kormorane und Fischotter hätten die Bestände aber dezimiert.
Ausfälle bis zu 100 Prozent
Der Schwerpunkt der Karpfenzucht in Bayern liegt in Franken und der Oberpfalz, wo etwa 5500 Teichwirte jährlich rund 6000 Tonnen Karpfen erzeugen. Die Situation sei regional unterschiedlich, sagt Oberle. "Die Oberpfalz ist ausverkauft." Es gebe bereits Teichwirte in der Region, die bis zu 100 Prozent Ausfall beklagen, fügt Bächer hinzu. "Jeden Tag bekomme ich Anrufe, ob ich noch Karpfen übrig habe", erklärt er. Denn Bächer züchtet auch selbst und betreibt zudem ein reines Fischgasthaus bei Wiesau (Landkreis Tirschenreuth). "In diesem bieten wir zu 80 Prozent Karpfen an", sagt er.
Im Video: Oberpfälzer Teichwirte verzweifeln am Fischotter
Er selbst schätzt seinen diesjährigen Ausfall auf 20 bis 30 Prozent. Wegen der Gefahr durch Kormoran und Fischotter hat er seine Fische verteilt. "Die Karpfen hätten eigentlich auch alle in einen Teich gepasst, aber ich habe sie auf drei Teiche aufgeteilt", sagt Bächer. So werde das Risiko eines großen Ausfalls minimiert. Die Taktik ging für ihn in diesem Jahr noch auf. Dennoch sei die Situation dramatisch. "Im gesamten Landkreis Tirschenreuth gibt es kaum noch Fische, das zieht sich runter bis nach Schwandorf", erklärt er.
Unterschiede bei Gastronomen
Das merken vor allem auch viele Gastronomen in der Region, die vergeblich auf ihre Fische warten. So bittet das Hotel Hölltaler Hof in Theisseil (Landkreis Neustadt an der Waldnaab) bereits seine Gäste um Nachsicht, weil der Karpfen nicht mehr so zuverlässig wie gewohnt angeboten werden könne. "Liebe Gäste, wir müssen Sie darüber informieren, dass immer mehr Teichwirte in der Oberpfalz katastrophale Ergebnisse beim Abfischen erzielen", ist auf der Homepage des Hotels zu lesen. Und auch in der Mitteilung des Hölltaler Hofes wird der Fischotter als Hauptschuldiger ausgemacht.
In Franken hätten sich laut Martin Oberle dagegen einige größere Gastronomen gut mit Karpfen eingedeckt. Andere seien auf der Suche nach Nachschub, um ihren Gästen gebackenen Karpfen und andere traditionelle Gerichte auftischen zu können.
Die Karpfensaison in Bayern dauert üblicherweise von September bis April. Besonders gerne werde dieser im September und Oktober gegessen, sagt Oberle. Im November flaue die Nachfrage ab und erreiche im Januar ihren Tiefpunkt. Ab Februar steige diese wieder. Der April sei als letzter Monat in der Karpfenzeit traditionell sehr stark. Vor allem in der Karwoche stehen auf den meisten Speisekarten in der Oberpfalz Karpfengerichte – eigentlich.
Fischotter und Kormoran
- Fischotter: Ein großer Teil seines Beutespektrums sind Fische. Er gehört bundesweit zu den streng geschützten Arten. Er darf seit 1968 nicht mehr bejagt werden. Er genießt eine ganzjährige Schonzeit.
- Kormoran: Dieser überwiegend dunkel gefärbte Vogel lebt in der Nähe großer Gewässer. Seine Hauptnahrungsquelle sind Fische. Sein Vorkommen ging gerade in der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts extrem zurück. Er wurde bejagt. Mittlerweile hat sich die Population aber wieder erholt.
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