Weiden in der Oberpfalz
22.08.2024 - 16:41 Uhr

OTon: Wenn Erwachsene um Erz und Stroh streiten

"Wizard", "Risiko", "Sky Jo" oder "Siedler von Catan" – diese Spiele machen was mit den Menschen, sie verändern sie. Glauben Sie nicht? Dann haben Sie noch nie Männer wegen "zwei Erz" streiten sehen, meint Sebastian Böhm in seiner Kolumne.

Spieler spielen das Spiel "Siedler von Catan". Symbolbild: Britta Pedersen/dpa
Spieler spielen das Spiel "Siedler von Catan".

Es gibt ja dieses Sprichwort: "Gib den Menschen Macht, und du siehst ihren Charakter." Ich habe nie daran geglaubt, dass hinter diesem Kalenderspruch auch nur ein Fünkchen Wahrheit stecken könnte – tja, bis ich an meinem ersten Spieleabend teilgenommen habe. In diesem Themenbereich bin ich ein Späteinsteiger, muss ich zugeben. Aber mit Ende 20 hat es mich dann doch gepackt: das Spielefieber. Nun gehören "Wizard", "Risiko" oder "Sky Jo" fest zu meinem Alltag. Und ich siedle verdammt gerne in Catan – auch wenn mir dort immer die Rohstoffe ausgehen.

Aber erst einmal zurück zum vorherigen Thema: Macht. Diese kann man tatsächlich verspüren, habe ich festgestellt. Wir spielten "Wizard", ich hatte drei Zauberer in meinem Blatt. Zur Einordnung: Im gesamten Spiel gibt es vier. Ich war also unschlagbar, auch weil meine restlichen Karten echt mehr als nur okay waren. Rein äußerlich legte ich mein nettes Pokerface auf. Doch in meinen Gedanken tippte ich die Fingerspitzen in feinster Mister-Burns-Manier gegeneinander. Ach, seien wir doch ganz ehrlich: Ich wollte in dieser Runde alles brennen sehen, hahahahahahaha ...

Wenn ich nicht wüsste, dass dieses Gefühl spätestens beim nächsten schlechten Blatt endet, könnte man echt Angst vor sich selbst bekommen. Aber es ist eben so: Spiele machen was mit den Menschen, sie werfen den Scheinwerfer auf die Schattenseiten. Glauben Sie nicht?

Dann müssten Sie mal dabei sein, wenn ich mit meinen Kumpels "Siedler von Catan" zocke. Es dauert circa 30 Minuten, dann schreien wir uns an, weil keiner "ein Stroh" gegen "zwei Lehm" tauschen will. Ich meine: Wir sprechen hier von Familienvätern, erfolgreichen Abteilungsleitern und auch sonst sehr verlässlichen Vertretern dieser Gesellschaft. Aber, wenn sie diese furchtbar kleine Siedlung einfach in keine Stadt umwandeln können, weil ihnen dazu "zwei Erz" fehlen. Dann flippen sie aaauuuus – aaarrrghhh.

Aber es geht sogar noch schlimmer, bei "Risiko" können nämlich Freundschaften zerbrechen, die schon seit dem Kindergarten bestehen, wirklich. Denn dieses Spiel kann eigentlich nur entschieden werden, wenn ein Spieler den anderen hintergeht, ihm in den Rücken fällt. Und warum? Naja, ganz einfach: "Gib den Menschen Macht, und du siehst ihren Charakter."

Hintergrund:

OTon

Wir sind junge Mitarbeiter der Oberpfalz-Medien. In unserer Kolumne „OTon“ schreiben wir einmal in der Woche über das, was uns im Alltag begegnet – was wir gut finden, aber auch, was uns ärgert. Dabei geht es weniger um fundierte Fakten, wie wir sie tagtäglich für unsere Leser aufbereiten, sondern um unsere ganz persönlichen Geschichten, Erlebnisse und Meinungen. Wir wollen zeigen, dass nicht nur in Hamburg, Berlin oder München Dinge passieren, die uns junge Menschen bewegen.

 
Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.

Klicken Sie hier für mehr Artikel zum Thema:
Zum Fortsetzen bitte

Sie sind bereits eingeloggt.

Um diesen Artikel lesen zu können, benötigen Sie ein OnetzPlus- oder E-Paper-Abo.