Ein wahrer Bilderbuchsommerabend im Innenhof der Regionalbibliothek. Langsam versinkt die Mondsichel hinter dem Westflügel des Barockensembles. Und unter dem Bühnenzelt - einer kurzzeitigen Hinterlassenschaft der "Sommersünde" -, wo am Vorabend noch weiblicher Gesang, Piano, Trompete und Loops beeindruckende Klänge und Sounds erzeugten, umhüllen jetzt ein Hauch von Rot und kerzenähnliche Leuchtkörper aus der Kreativabteilung des "Sündikats" die Musiker vom "Diogenes Quartett" mit mystischem Zauber.
Musik aus dem 18. Jahrhundert im Waldsassener Kasten: Ähnlich muss das Streichquartett B-Dur, op. 18/6 zu Lebzeiten von Ludwig van Beethoven (1770-1828) auf sein damaliges Publikum gewirkt haben. In einer Zeit, als sich klassische Komponisten in den Adelshäusern die Klinke in die Hand gaben. Wären da nicht die Kondensstreifen vorbeifliegender Flugzeuge am nächtlichen Himmel, die das träumerische Bild dann doch in die Gegenwart rücken.
Der Kammermusikabend am Freitag ist das Pre-Opening der Weidener Max-Reger-Tage, die offiziell am 17. September beginnen. Kulturamtsleiterin Petra Vorsatz spricht in Anlehnung an eine TV-Show von einem "Konzert an einem Sommerabend." Die komplette Garde der Weidener Klassikbegeisterten hat sich vor der Bühne versammelt: Vom Freundeskreis der Max-Reger-Tage bis zu den Sponsoren. Die Besucher lieben es, den Abend zwar mit "ernster Musik", aber doch nicht in der formellen Atmosphäre einer Konzerthalle erleben zu müssen. Alle sind easy drauf und locker gekleidet.
Mit dem "Diogenes Quartett" aus München musiziert in Weiden ein hochkarätiges Ensemble. Allein seine Diskographie ist vielseitig und umfangreich. Erst im März 2020 überraschte das Quartett mit einer CD eingespielter Max-Reger-Werke. Voller Intensität, Frische und Lebendigkeit bearbeiten Stefan Kirpel und Gundula Kirpel (Violine), Alba Gonzalez i Becerra (Viola) und Stephen Ristau (Violoncello) das Beethoven-Streichquartett - der Komponist schrieb sein Opus 18, die ersten sechs Quartette, die er publizierte, zwischen 1798 und 1800 - natürlich auf die traditionelle, gewachsene Art, wie man Beethoven nun mal spielt. Klassische Musik ist kein Jazz.
Das zweite Werk stammt aus der Feder von Erwin Schulhoff (1894-1942), der in einem bayerischen Konzentrationslager starb. Seine fünf Stücke für Streichquartett stammen aus den 1920er Jahren, lange vor dieser dunklen Zeit. Das Allegro frech und wild, das Andante getragen, aber originell und handwerklich hervorragend gemacht. Jeder interpretiert Musik auf seine Weise. So wie das auch bei der Malerei der Fall ist. So fühlt sich der eine in die ungarische Puszta versetzt, während beim anderen im Kopfkino ein Kamelritt durch die Wüste abläuft. Schlussendlich wollte das Musikgenie mit seinem Streichquartett vor allem im Finale, lediglich seiner böhmischen Heimat ein Denkmal setzen.
Zum Schluss widmen sich das Quartett und der international renommierte Klarinettist Thorsten Johanns dem Klarinettenquintett A-Dur, op. 146 von Max Reger (1873-1916). Beim aufgeführten Werk handelt sich um ein Spätwerk des Komponisten. Es ist 1915 entstanden. Längst hatte sich Reger vom Klischee, seiner stillen, introvertierten Art zu komponieren, verabschiedet. Der Konzertabend endet denn auch - das Werk kurz unterbrochen vom 21-Uhr-Läuten der Kirchenglocken von St. Josef - mit einem hochvirtuosen Klangteppich aus Klarinette und Streichern.
Weitere Termine der Max-Reger-Tage
Freitag, 17. September - 20 Uhr, Max-Reger-Halle: "Aperto Piano Quartett", Klavierquartette von Reger und Schumann. Sonntag, 19. September - 17 Uhr, Kirche St. Michael: Martin Sturm, Orgel, Regers Inferno-Phantasie. Donnerstag, 23. September - 19.30 Uhr, Firma Steingraeber & Söhne, Bayreuth: Klavierduo "FourTe", Recital mit Werken von Reger, Rachmaninov, Raphael. Sonntag, 26. September - 11 Uhr, Max-Reger-Halle: Viviane Hagner (Violine) und Rudolf Meister (Klavier), Kammermusik von Reger, Bartok und Ravel. Mittwoch, 29. September - 15 Uhr, Maria-Seltmann-Haus: Musik am Nachmittag mit dem Duo "Loisto", Werke für Violine und Klavier von Reger, Sibelius, Bartok. Freitag, 1. Oktober - 20 Uhr, Max-Reger-Halle: Markus Becker und Hinrich Alpers, Werke für zwei Klaviere von Bach, Stephan und Reger.
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