Zwei Madsack-Awards gehen in diesem Jahr in die Oberpfalz. Die Preise wurden diese Woche auf einer Gala in Hannover vergeben. Die Jury der Madsack-Stiftung zeichnete die sorgsame und detaillierte Spurensuche aus, auf die Christian Gold und Sebastian Böhm für Oberpfalz-Medien zu den ersten Stolpersteinen in Weiden gegangen sind – und diese "herausragend aufbereitet haben", wie es in einer Mitteilung der Stiftung heißt. Mediengestalter Christian Gold arbeitet seit nun fast 20 Jahren bei Oberpfalz-Medien. 2005 startete der heute 35-Jährige seine Ausbildung in Weiden. Sebastian Böhm (33) ist seit 2021 als Redakteur und Reporter in der Zentralredaktion im Einsatz.
Im sechsteiligen Podcast "Die Kupfers – als die Nazis die jüdischen Glasmacher auslöschen wollten", aber auch in der Zeitung und im Onetz, erzählten sie die Geschichte, die sich hinter den ersten Stolpersteinen Weidens verbirgt. Gold und Böhm schildern die tragische Geschichte der Kupfers, einer jüdischen Glasmacher-Familie. Sie nehmen die Hörerinnen und Hörer mit auf die Spurensuche des Peter Kupfer, eines amerikanischen Juden, der die Nazis nicht gewinnen lassen will – auch heute nicht. Und sie tauchen ein in das wirtschaftliche und gesellschaftliche Erbe der Kupfers. Denn die Kupfers hatten einst die Detag mitbegründet. Auch heute arbeiten noch Tausende in der Oberpfälzer Glasindustrie.
Fünf Monate Recherche
Bemerkenswert sei neben der fünfmonatigen Recherchearbeit auch die gelungene crossmediale Aufbereitung der bewegenden Geschichte, die in der gedruckten Zeitung wie in einer Podcast-Serie, diversen Online-Artikeln und einem abgeschlossenen Magazin ungewöhnlich viele Gruppen von Rezipienten zugleich erreicht habe, heißt es in der Begründung weiter. "Diese Arbeit verbindet das Beste, was Lokaljournalismus leisten kann: gründliche und einfühlsame Recherche sowie die Präsentation der Ergebnisse in bemerkenswerter Qualität. Hier können viele, auch weit größere Redaktionen von der Oberpfalz lernen", erklärte Hendrik Brandt, Chefredakteur in der Madsack-Mediengruppe und Geschäftsführer der Madsack-Stiftung, in seiner Laudatio.
Doch es gab noch weitere Gewinner. So durfte sich auch die Hamburger Journalistin Julia Weigelt über einen Madsack-Award freuen. Sie erhält die Auszeichnung für ihre hartnäckige Recherche zum "Dethlinger Teich" – einer für lange Zeit vergessenen Tagebaugrube im niedersächsischen Heidekreis, in der große Mengen giftiger Altmunition lagern. Für mehr als 100 Jahre diente die Grube deutschen wie Alliierten Truppen als Deponie nicht zuletzt für Giftgasgranaten. Über Jahrzehnte hinweg gab es kaum Bemühungen zur Sicherung und Sanierung des verseuchten Geländes. Weigelts Berichterstattung im Auftrag der örtlichen "Böhme-Zeitung" änderte dies: Nach Erscheinen ihrer Zeitungsserie entschlossen sich die Behörden zum Handeln. "Julia Weigelt haben der Heidekreis und das ganze Land die überfällige Sanierung einer der gefährlichsten Chemiewaffen-Altlasten zu verdanken. Der Madsack-Award ehrt besondere Leistungen im Bereich des lokalen Journalismus – und ein besseres Beispiel lässt sich kaum finden. Journalismus kann Großes bewirken. Journalismus kann Gutes bewirken", sagte Georg Mascolo, früherer "Spiegel"-Chefredakteur, in seiner Laudatio auf die Preisträgerin.
"Preiswürdiger Zwischenruf"
Neben den Awards für "herausragenden Lokaljournalismus" vergibt die Madsack-Stiftung jährlich einen weiteren Award für ein wichtiges Sachbuch. Nach der Auszeichnung für die Autorinnen Pia Lamberty und Katharina Nocun ("Gefährlicher Glaube") im Jahr 2023 geht dieser Madsack-Award jetzt an den Autor und Philosophen Philipp Hübl für seine Arbeit "Moralspektakel" (Siedler). In dem ausgezeichneten Werk beleuchtet der Berliner Philosoph Aufbau und Ablauf gesellschaftlicher Debatten, die er in der scheinbar moralisch abgesicherten Rechthaberei und Ausgrenzung beschädigt sieht. "Philipp Hübl zeigt mit seinem Sachbuch Moralspektakel auf herausragende Weise, wie wichtig es für eine Gesellschaft ist, auch schwierige Themen kühl, mündig und analytisch zu diskutieren, statt Debatten zu missbrauchen, um den eigenen Status zu erhöhen. Hübl gelingt mit Moralspektakel ein preiswürdiger Zwischenruf, der lange nachhallt", erklärte Schriftsteller Takis Würger in seiner Laudatio.
Die Madsack-Stiftung ist 2021 von Verlagserbin Sylvia Madsack ins Leben gerufen worden. Zweck ist die Förderung des unabhängigen Journalismus vor allem im Lokalen und in der Wissenschaftsberichterstattung. Die Madsack-Awards sind mit je 5000 Euro dotiert. Den Vorstand der Stiftung bilden die Vorsitzende Sylvia Madsack, Takis Würger, Thomas Düffert und Valentin Seidenfus.
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