Weiden in der Oberpfalz
23.12.2020 - 09:44 Uhr

Prozess: Messerstecherei bei Weidener Herz-Jesu-Kirche

Weil er einem 34-Jährigen nicht sein Fahrrad leihen wollte, um Schnaps-Nachschub zu holen, tickte der völlig aus und fügte dem 37-Jährigen eine fast 20 Zentimeter lange Schnittwunde am Hinterkopf zu. Nun stand der Messerstecher vor Gericht.

Eine Statue der Justitia mit einer Waage in ihrer Hand. Symbolbild: David-Wolfgang Ebener
Eine Statue der Justitia mit einer Waage in ihrer Hand.

Eine verbale Auseinandersetzung am 24. April dieses Jahres entwickelte sich zu einer Handgreiflichkeit und dann zu einer gefährlichen Körperverletzung. In der Folge waren ein halbes Dutzend Polizisten nötig, um den Messerstecher zu bändigen. Nun folgte die gerichtliche Aufarbeitung vor der 1. Strafkammer des Landgerichts.

Ein in Neustadt/ WN geborener wohnsitzloser 34-Jähriger, der mit seinem Bruder und einer Frau in dem Park bei der Herz-Jesu-Kirche eine Flasche „Jägermeister“ leerte, fragte am Abend einen hinzugekommenen 37-Jährigen, ob er sich dessen Fahrrad ausleihen könne – wahrscheinlich um Nachschub holen zu können. Der Weidener lehnte dies ab und wurde daraufhin von dem anderen beleidigt und an der Jacke gepackt. Als er davon lief, fügte ihm dieser eine 15 bis 20 Zentimeter lange, einen halben Zentimeter tiefe Schnittwunde vom Hinterkopf bis zum Hals zu. Der stark Blutende rief über sein Handy die Polizei, die kurze Zeit später eintraf.

Gegen seine Festnahme wehrte sich der 110 Kilo schwere, große Täter vehement. Er trat und schlug um sich, beleidigte die Beamten mit übelsten Ausdrücken und musste mittels Anwendung von Schlagstockhieben und äußerster Kraftanwendung an Armen und Beinen gefesselt werden. Gegen sein Herumspucken legten ihm die Polizisten eine Schutzhaube um. Schließlich gelang es, den Wüterich in ein Polizeiauto zu verfrachten, zu Wache und später ins Klinikum zu bringen. Erschwert habe die Maßnahmen, so berichteten Polizisten im Zeugenstand, dass man Corona- Schutzmasken habe tragen müssen, sowie, dass der Täter auf Schlagstock- und Fausthiebe fast nicht reagiert habe. In seinem Blut fand sich bei der Untersuchung 2,12 Promille Alkohol sowie ein stattlicher Rauschgift-Pegel.

In der Verhandlung am Montag wollte der 34- jährige, von Rechtsanwalt Dr. Georg Karl vertretende Angeklagte sich nicht äußern. Er könne sich an nichts mehr erinnern. Landgerichtsarzt Dr. Bruno Rieder, der den 19-mal wegen verschiedenster Delikte Vorbestraften schon vor neun Jahren einmal hatte untersuchen müssen, berichtete, dass dieser „alles Mögliche“ konsumiere: Marihuana, Methamphetamin, Heroin, LSD und Fentanyl. „Wenn nichts zu bekommen“ sei, auch diverse Drogenersatzstoffe. Der Angeklagte sei „therapeutisch nicht mehr erreichbar“, eine „völlig dissoziale Persönlichkeit“ und es bestehe „keine Erfolgsaussicht“ durch Behandlung in einer Entzugsklinik. Zum Tatzeitpunkt habe durch die Intoxikation „erheblich vermindertes Steuerungsvermögen“ vorgelegen.

Die Verletzungen, die mit 15 Stichen hatten genäht werden müssen und auch zum Tod des Opfers hätten führen können, sowie die Angriffe gegen die Polizeibeamten wollte Staatsanwältin Carolin Ammon mit fünf Jahren und elf Monaten ahnden, die sich mit einer noch offenen Strafe von 14 Monaten aus einer kürzlichen Verurteilung zu sechseinhalb Jahren summieren würden. Verteidiger Dr. Karl hielt dies für „völlig überzogen“, gab zu bedenken, dass Alkohol- und Drogensucht „Krankheiten“ seien und beantragte zwei Jahre und acht Monate. Landgerichtspräsident Gerhard Heindl, Richterin Susanne Pamler und die Schöffen verurteilten, nach fast einstündiger Urteilsberatung, den bereits in der JVA Amberg Einsitzenden zu fünf Jahren.

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Weiden in der Oberpfalz18.12.2020
 
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