Weiden, 7. November, 15 Uhr: meist bewölkt, 11 Grad, 83 Prozent Luftfeuchtigkeit. Das sagt die Wetter-App. Seit dem letzten Update des Betriebssystems auf IOS 12 vor einigen Tagen gibt es in der Apple-Wetter-App zusätzlich Angaben zur Luftqualität für die Orte, die der Nutzer gespeichert hat. Für Weiden heißt das: "Luftqualitätsindex 35, Luftqualität moderat." Woher die Daten stammen, wo genau gemessen wird, was der Index bedeutet ‒ dazu findet der Nutzer auf dem Smartphone keinen Hinweis. Auf eine Nachfrage reagiert Apple Deutschland nicht. Merkwürdig ist, dass die Luft im sonst so dreckigen Berlin im Vergleich zu Weiden und Letzau viel besser ist. Das kleine Dorf liegt idyllisch auf einer Anhöhe über Weiden, fernab von jedem Schlot. Reine Luft auf dem Land, wo höchstens mal der Odel stank - das war einmal. Wer saubere Luft atmen will, muss Apple zufolge an diesem Tag in die Großstadt.
Nicht nur das Unternehmen analysiert die Luft. Die Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt lassen darauf schließen, dass die Angaben der Apple-App nicht ganz richtig sein können. Die Messstelle an der Weidener Nikolaistraße gibt am Mittwoch für Stickstoffdioxid (NO2) 22 an. Stickstoffdioxid ist vor allem für Asthmatiker ein Problem. Die Werte, die das Landesamt veröffentlicht, "sind stark von der Meteorologie abhängig, insbesondere im Herbst bei austauscharmen Wetterlagen (Inversionen) und auch von der Durchmischung und Verdünnung durch Wind und kleinräumigen örtlichen Situation (Verkehrsdichte, Bebauung etc.)", erläutert das Weidener Umweltamt.
Auf der Internetseite der App (weather.com) heißt es, die Weidener Luft sei auf einmal "sehr gut". Als Erklärung heißt es dort: "In Verbindung mit anderen Luftschadstoffen sind nach kurz- oder langfristiger Exposition keine gesundheitsschädlichen Beeinträchtigungen zu erwarten". Als Hauptschadstoff in Weiden nennt die Internetseite Feinstaub PM 10. An der Messstelle in der Nikolaistraße wird laut dem Weidener Umweltamt jedoch PM 2,5 gemessen ‒ Feinststaub, dessen Partikel viel kleiner sind als die von PM 10. Aber: "Monatswerte werden nicht veröffentlicht", nur der Jahresmittelwert, teilt Norbert Schmieglitz, Pressesprecher der Stadt, mit. In Berlin ist die Luft oft so stark mit Feinstaub belastet, dass dort ein Diesel-Fahrverbot verhängt wurde. Trotzdem zeigt die App dort "gut" an.
Die Angaben in dem Programm verwirren viele Nutzer, aber nicht die Oberpfälzer. Anders als in Großstädten, wo es wohl mehr besorgte I-Phone- und I-Pad-Besitzer gibt, hätten sich im Weidener Umweltamt bisher keine beunruhigten Bürger gemeldet.
Der neue Service von Apple ist eine Luftnummer. Also lieber die Letzauer Luft atmen und die Berliner Luft essen (Dessert), trinken (Pfefferminzlikör) oder anhören (Lied von Paul Lincke): "Ja, ja, ja, das ist die Berliner Luft, Luft, Luft / so mit ihrem holden Duft, Duft, Duft."
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