Weiden in der Oberpfalz
17.08.2018 - 11:26 Uhr

Schmoren in der Notaufnahme

Es wird ja immer schnell gemosert. Über das Essen im Klinikum. So hart die Butter, so kalt die Brotscheibe. Oder die Notaufnahme: Drei Stunden saß man da, bis die Platzwunde versorgt wurde. Und immer diese Baustelle. Am Donnerstag erfahren 50 Senioren, warum dies alles eine Meisterleistung ist.

Der kommissarische Leiter der Notaufnahme, Roman Vijenayake, erklärt den Aufbau der neuen Zentralen Notaufnahme, die Modellcharakter für andere Kliniken hat. gsb
Der kommissarische Leiter der Notaufnahme, Roman Vijenayake, erklärt den Aufbau der neuen Zentralen Notaufnahme, die Modellcharakter für andere Kliniken hat.

Weiden.(ca) Sie nehmen bei brütender Hitze teil an der jährlichen "Tour mit dem Oberbürgermeister", organisiert von Seniorenbeauftragtem Alfons Heidingsfelder. Sie erfahren: Die "Triage" ist schuld, wenn Patienten mit verknackstem Knöchel stundenlang im Warteraum schmoren.

Warum die Warterei?

Der Begriff "Triage" stammt aus den Weltkriegen, als man auf dem Schlachtfeld die Verletzten vorsortierte. Der kommissarische Leiter der Notaufnahme, Roman Vijenayake, erklärt das System. Es wird nach Schweregrad gestaffelt: in 10 Minuten Behandlung nötig, in 30, 60 120... Ist viel los, "sind auch drei, vier Stunden Wartezeit keine Seltenheit". Er sichert aber auch zu: "Das Team der Zentralen Notaufnahme macht, so schnell es geht. Da ist keiner in der Pause." Geht es ums nackte Überleben, liegt der Patient schneller im Schockraum, als er schauen kann.

Dann ist er "im sichersten Raum Weidens" angelangt. Hier ist alles möglich: Defibrillation, Wiederbelebung, Beatmung. Bei einem Unfallopfer - einem schweren Polytrauma - scharen sich schnell sechs, sieben Mitarbeiter um den Patienten. "Und wenn es mehr Verletzte gibt?", fragt ein Senior. Dann werden beide Schockräume freigehalten, bis die Sankas eintreffen. Aktuell wird in der nagelneuen Zentralen Notaufnahme noch ein Dritter eingerichtet.

Warum ist die Butter hart?

Im Galopp geht's zu Küchenchef Martin Schiener. Er ist seit 1983 Koch. "Ich koche nach wie vor aus Leidenschaft." Nach Stationen in St. Moritz und Baden-Baden wurde er Chef der Klinikumsküche Weiden. 1400 Essen für acht Häuser liefert seine 70-köpfige Mannschaft täglich aus. Das ist noch die "Schwachphase": Wenn Augustinus- und Kepler-Schüler wieder beliefert werden, sind es noch mehr Mahlzeiten.

Strengste Hygienevorschriften sind zu beachten. Das erklärt auch, warum Butter und Brot so kalt sind. Beispiel Abendessen: Ab 14 Uhr wird das Abendessen portioniert. Das Band läuft knackig durch. 14 Tabletts pro Minute. Das Essen wird auf 2 Grad heruntergekühlt. Beim Patienten - etwa in Waldsassen oder Tirschenreuth - kommt es mit 7 Grad an. Ähnlich läuft es beim Frühstück. Alle Speisen müssen innerhalb eines Zeitfensters von drei Stunden verzehrt werden.

Letzte Station: die Großbaustelle zwischen Stadtfriedhof und Augustiner-Seminar. Klinikvorstand Josef Götz zeigt die neue Palliativstation im Erdgeschoss. Die Wände sind grün gestrichen, das Personal wollte das so. Die Erfahrungen aus Neustadt flossen ein. So gibt es Übernachtungsräume für Angehörige. Oder Terrassen an den 14 Einzelzimmern für Schwerkranke, auf denen die Abendsonne genossen werden kann. Heute sieht man auf den Parkplatz, künftig auf einen Patientengarten. Inbetriebnahme ist im Januar.

Rund 45 Millionen Euro werden und wurden für dieses Gebäude und die neue Notaufnahme verbaut. Förderfähig sind 92 Prozent. Im ersten Obergeschoss sollen 56 Betten die Situation im Haupthaus entspannen. Das zweite OG wird Infektionsstation. Infektiologische Krankheiten nehmen zu, auch der Reiselust geschuldet. Patienten mit MRSA-Keim werden hier behandelt, "den man Krankenhaus-Keim nennt, obwohl er hier gar nicht entsteht", ärgert sich Götz. Patienten kämen mit dem multiresistenten Keim schon an, nur werde er hier erst festgestellt.

Zu viele US-Patienten?

Und ganz oben drauf kommt ein Hubschrauberlandeplatz. Dort wird auch die US-Army ihre Patienten anliefern. Dazu gibt es eine kritische Nachfrage: "Ist es von Vorteil, wenn das Klinikum Patienten vom Truppenübungsplatz aufnimmt?" Grundsätzlich ja, meint Götz, weil sich die Fixkosten auf mehr Köpfe verteilen. Und Angehörige der US-Army laufen als Privatpatienten. Laut Kliniksprecher Michael Reindl waren 2017 von 24000 Patienten rund 600 US-Bürger.

Kritikern empfahl Götz zu bedenken: "Wo 3000 Menschen arbeiten, werden immer Fehler passieren. Ein Mensch, der keine Fehler macht, wäre Gott. Und den gibt's nur einmal."

Wo 3000 Menschen arbeiten, werden immer Fehler passieren. Ein Mensch, der keine Fehler macht, wäre Gott. Und den gibt's nur einmal.

Klinikvorstand Josef Götz

Die Seniorengruppe vor dem Klinikum. Im Hintergrund ist ein Baugerüst zu sehen. Hier wird gerade die Entbindungsstation erweitert. Bis Ende des Jahres kommt ein dritter Entbindungsraum hinzu. Nötig geworden durch die steigenden Geburtenzahlen (über 1300 im Jahr 2017) nach Schließung der Kreißsäle in Neustadt und Eschenbach. gsb
Die Seniorengruppe vor dem Klinikum. Im Hintergrund ist ein Baugerüst zu sehen. Hier wird gerade die Entbindungsstation erweitert. Bis Ende des Jahres kommt ein dritter Entbindungsraum hinzu. Nötig geworden durch die steigenden Geburtenzahlen (über 1300 im Jahr 2017) nach Schließung der Kreißsäle in Neustadt und Eschenbach.
 
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