Eleonore Sindersberger ist nicht irgendwer. Die Seifenhändlerin spendete 85 Prozent der Bausumme für das gleichnamige Altenheim der Diakonie an der Friedrich-Ebert-Straße. "Auf dem Sterbebett 1962 hat sie zu Schwester Betty gesagt, auf diesem Grund soll ein Altenheim gebaut werden", weiß Putzperle Frau Huber. Nur ein Foto der verstorbenen Namensgeberin des Altenheims taucht auch trotz des Aufrufs bei Oberpfalz-Medien nicht auf.
Aber es gibt Heimbewohner wie die 92-jährige Irmgard Roscher, die Eleonore Sindersberger und ihre Schwester Babette, auch Betty genannt, noch kennengelernt haben. Aus diesen Erinnerungen sowie aus ein, zwei verschwommenen Fotos der Schwestern lässt sich doch etwas zimmern, meinte Diakon Karl Rühl. Zum Beispiel Köpfe aus Holz.
"Das war die beste Idee des Herrn Rühl seit langem", sagt Putzperle Frau Huber alias Gerlinde Koch keck ins Mikrofon, knipst die Leselampe im "Sindersberger" nach viereinhalb Jahren wieder an - "während des mehrjährigen Umbaus des Altenheims hatte ich dafür echt keine Zeit, der ganze Staub will ja weggemacht werden" - und staunt nicht schlecht, wer dazu alles erschienen ist.
Zum Beispiel Holzbildhauerin Irene Meier. Für das, was die Künstlerin mitbringt, interessieren sich nicht nur die gut 60 Heimbewohner: die beiden Büsten der Sindersberger-Schwestern, noch von weißem Stoff verhüllt. In der ersten Reihe sitzen auch Diakonie-Chef Karl Rühl, Bürgermeister Lothar Höher und "der Sindersberger-Bäcker", wie Putzperle Frau Huber den Stadtrat Rainer Sindersberger nennt und frech über ihn plaudert, als wäre er gar nicht da: "Er gehört zur armschichtigen, katholischen Sindersberger-Linie, aber er hat sich ja noch hochgearbeitet." Die Sindersberger-Schwestern dagegen, beide evangelisch, haben früh mit Kerzenziehen und Seifenmachen, sprich mit dem Seiler-Handwerk, in den Räumen der ehemaligen Buchhandlung "Stangl & Taubald" am Untern Markt 3 "einen Haufen Geld verdient". Details wusste Putzperle Frau Huber von Bewohnerin Roscher über die beiden Frauen: Beide Schwestern trugen stets hochgeschlossene Kleider mit weißem Kragen und langem Schurz. Ihr Haar banden sie zu Dutt oder Banane zusammen. "Eleonore war a bisserl mehr die Geschäftsfrau, Betty war aufgeschlossener, lustiger."
Ich sag immer, Putzen wird überbewertet. Lasst uns lieber die Umwelt schonen.
Aus diesem knappen Steckbrief entstanden sie, die Schwestern in zweieinhalb D, wie Holzbildhauerin Irene Meier betont: vorne schmal, seitlich im vollen Profil. Sie sind aus Lindenholz geschnitzt, mit Wasserfarben bemalt und mit Wachs versiegelt. "Sie allein anhand der Beschreibungen zu erschaffen, war schon schwer", gibt die gebürtige Niederbayerin mit eigenem Atelier im Wohnhaus in Weiden-Ost zu. Mehrere Tage habe die Mutter dreier erwachsener Söhne an den Ebenbildern der Schwestern gearbeitet.
Endlich fallen die Hüllen, die Besucher sehen die beiden Büsten, das Lächeln der Betty, die strengeren Züge der Eleonore. Die 92-jährige Irmgard Roscher ist begeistert: "Sehr gelungen" findet sie's. Nur Putzperle Huber treibt eine Frage um: "Wenn die Sindersberger-Damen so schön waren, warum haben's nicht geheiratet?" Verwandtschaft Rainer Sindersberger weiß die Antwort: "Weil sie haarig waren", sagt er - und lacht.
Haarig und am Ende großzügig, dank dieser Kombination lässt es sich heute gut leben im Sindersberger-Altenheim. So gut, dass die beiden Schwestern einen Ehrenplatz im Eingangsbereich erhalten.
„Unter der Leselampe“ heißt die Veranstaltung, die Gerlinde Koch, damals noch Kledtke, vor Jahren im Sindersberger-Altenheim etabliert hat. Sehr zur Freude der Bewohner, die bei dieser Gelegenheit jeden Monat zum einen ihre Gerontofachkraft als launige Unterhalterin mit Schürze und Staubwedel „Putzperle Frau Huber“ ganz neu kennenlernen und zum anderen ganz nebenbei viel über gut 50 verschiedene Gäste erfahren durften.
Der BR-Moderator und gebürtige Weidener Thorsten Otto etwa nahm „Unter der Leselampe“ auf der roten Couch genauso Platz wie OB-Gattin Maria Seggewiß oder auch der Vorsitzende des Oberpfälzer Kunstvereins, Gerhard Bihler.
Bevor die Leselampe ausgeknipst wird, bringt die Putzperle die Senioren stets mit einem brasilianischen Sitztanz in Schwung: „Über dem Kopf wedeln wir, vor dem Körper wischen wir und dann bücken wir uns, um den restlichen Schmutz unter den Teppich zu kehren.“
Ende der 1960er Jahre und damit nach drei Jahren Bauzeit erfüllt sich der letzte Wunsch von Seifenhändlerin Eleonore Sindersberger: Das gleichnamige Altenheim der Diakonie an der Friedrich-Ebert-Straße eröffnet. „Eleonores Schwester Babette ist dann gleich bei uns eingezogen“, verrät Putzperle Frau Huber alias Gerlinde Koch bei der Heim-Veranstaltung „Unter der Leselampe“. Und zwar in eine sogenannte Appartement-Wohnung mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche und Nasszelle. „Nicht, dass es in anderen Heimen schlechter wäre, aber hier im Sindersberger wohnt es sich schon immer besser, ist es ein bisschen elitärer, hieß es damals“, erzählt die Putzperle. 880 D-Mark habe das Appartement der Betty Sindersberger damals pro Monat gekostet. 440 D-Mark sei für ein Einzelzimmer mit Balkon fällig gewesen.
Zum Vergleich: Heute muss man für einen Heimplatz mit mindestens um die 2000 Euro kalkulieren.
Apropos heute: Diakon Karl Rühl berichtet von der Zeit vor dem mehrjährigen Umbau des „Sindersberger“, der in diesem Jahr abgeschlossen wurde. Damals habe er vorab ein Konzept schreiben müssen, in dem auch stand, dass der Anteil der rüstigen Bewohner des Sindersberger-Altenheims bei 30 Prozent liege. Nur 5 Prozent markierten die Regel in Heimen. Rühl habe damals auf Nachfrage zum Konzept die hohe Quote der Rüstigen hier mit einem Augenzwinkern wie folgt erklärt: „In Weiden ist es so, dass die Frauen beten, dass die Männer sterben, damit man ins ,Sindersberger’ ziehen kann.“
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