Weiden in der Oberpfalz
16.10.2023 - 11:26 Uhr

So hilft ein Boxer Jugendlichen in Weiden aus der Lebenskrise

Das Leben ist mitunter ein Kampf. Doch wie gewinnt man? 16 Jugendliche steigen ins "Überlebenstraining" ein. Mit Schattenboxen. Und mit einem preisgekrönten Boxer und Anti-Gewalttrainer. Ali Cukur ist zu Gast im Jugendzentrum Weiden.

"Schattenboxen ist nicht nur gut fürs Schwitzen. Nein, es ist gut für dich selber." Man braucht einen Spiegel und sollte möglichst stimmgewaltig ausatmen, um den vermeintlichen Gegner zu beeindrucken. Beim Boxen komme es auch auf die richtige Schulterhaltung an. Und immer die Fäuste in Mundnähe ballen, auf den richtigen Augenblick warten, um dann blitzschnell mit der Linken oder der Rechten auf den Kopf des Gegners vorzustoßen. Am Samstagnachmittag trainierte der preisgekrönte Boxer und Anti-Gewalt Trainer Ali Cukur vom Boxverein 1860 München 16 Jugendliche aus Weiden im großen Saal des Jugendzentrums. Dem Training ging eine Einladung von Ewald Zenger, langjähriger Stadtjugendpfleger, voraus, der Cukur vor einem Jahr bei den Weidener Filmgesprächen kennengelernt hatte.

Finanziert wurde die Aktion durch das Bundesprogramm "Demokratie leben!" Die Jugendlichen hatten sich im Vorfeld gemeinsam schon im "Plan B", dem Jugendtreff auf der Allee in Weiden, einen Film über den Boxer mit Titel "Lionhearted – Aus der Deckung" von Regisseurin Antje Drinnenberg angeschaut, auf den Cukur vor der geballten einstündigen Trainingseinheit kurz einging. Scheinangriffe wurden eingeübt. Es ging auch schon ein wenig zur Sache, ohne sich ernsthaft weh zu tun. Organisiert hatte das Programm "Toughen up!" und auch die Begegnung mit dem Münchner Kerstin Reintsch vom Jugendtreff "Plan B".

Sollte weiteres Interesse bestehen, werde sie auch noch einen Selbstverteidigungskurs in den Herbstferien für Mädchen und Jungen anbieten, sagte sie. "Mir persönlich ist es wichtig, dass Jungs und Mädels miteinander klar kommen." Alles sei kostenlos für die Teilnehmer. Auch der Besuch eines Fitnessstudios. Drei, vier der jugendlichen Boxer hatten bereits Vorkenntnisse, was man auch am Bewegungsablauf ablesen konnte. "Wir haben viele Jugendliche, die überhaupt kein Selbstvertrauen mehr haben", wusste Reintsch. "Die leiden immer noch unter den Nachwirkungen von Covid." Der mentale Baustein des ersten Projekts "Out of the Box" werde durch dieses neue physisch-aktive Projekt ergänzt, was der Hintergrund sei für die Aktion.

Gegen übersteigerte Ängste, depressive Verstimmungen und zur Vorbeugung einer psychischen Erkrankung spiele selbstverständlich auch körperliche Aktivität eine wichtige Rolle. Beim regelmäßigen Ausdauersport würden Endorphine ausgeschüttet, die die Glücksgefühle anregten und dadurch Stresshormone, Anspannung oder Aggressionen abbauten. Sportliche Aktivitäten würden nicht nur gute Ablenkung bieten, sondern die Selbstwirksamkeit erhöhen und Selbstvertrauen sowie Selbstbewusstsein steigern.

"Boxen ist wie Fechten, nur ohne Degen", sagte Cukur, der während seiner Karriere als Boxer vom Bundesminister Gerd Müller mit der Rupert-Neudeck-Medaille für seine Jugendarbeit und für seinen Mut sowie seine Menschlichkeit ausgezeichnet wurde. Er ging in seinem Workshop vor allem auf das Thema "Verschiedene Arten der Aggression und mögliche Umgangstechniken" ein. Neben dem gemeinsamen Training erzählte er den Jugendlichen auch seine Lebensgeschichte.

Zur Person Ali Cukur:
  • seit 1974 Boxsportler
  • seit 1980 Boxtrainer
  • seit 1997 Abteilungsleiter der Boxabteilung des TSV 1860 München
  • Anti-Gewalt und Konfrontativer Ressourcentrainer
  • seit 2000 Honorartätigkeit bei der Brücke Oberland – Jugend- und Straffälligenhilfe
  • bisherige Erfolge: unter anderem mehrfacher Bayerischer Meister verschiedener Gewichtsklassen
 
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