So rüsten sich Banken in Weiden und im Landkreis Neustadt gegen Automaten-Sprenger

Weiden in der Oberpfalz
27.12.2022 - 18:28 Uhr
OnetzPlus

Mit Farbe, Schließzeit und neuen Maschinen: Nach sechs Geldautomaten-Sprengungen in der Oberpfalz 2022 rüsten die Banken weiter auf. Das hat Folgen für Kunden. Klar wird auch: Die Banken sind vorsichtig geworden, was sie preisgeben.

Trümmer, Scherben und ein Schreck am Morgen: So sieht es im Oktober 2022 nach der Automaten-Sprengung in der Sparkasse Luhe aus.

Das ist 2022 passiert:

2022 darf als das Jahr gelten, in dem die Bankautomaten-Sprenger die Oberpfalz für sich entdeckt haben. Gab es vorher kaum Fälle in der Region oder nur solche, die scheiterten, machten die Täter heuer mehrfach Beute. Von den insgesamt sechs Sprengungen seit Juni waren fünf erfolgreich. Einer davon betraf eine Bankfiliale im Landkreis Neustadt/WN. Am Dienstag, den 25. Oktober, kurz nach 3 Uhr morgens knallte es in der Sparkassenfiliale in Luhe. In dem Gebäude wohnen mehrere Familien. Es verletzte sich niemand.

Die Täter aber flohen wie in allen Fällen unerkannt samt Beute - wohl über die Autobahn A93. Wie viel Geld die Sprenger in Luhe raubten, dazu machte das Bayerische Landeskriminalamt (LKA) keine Angaben, um mögliche Nachahmer nicht zu ermutigen. Allen erfolgreichen Sprengungen gemein ist, dass nicht wie zuvor regelmäßig Gas zur Explosion führte, sondern Festsprengstoff mit deutlich mehr Wucht. Der jüngste Fall in Kastl (Landkreis Amberg-Sulzbach) mit eingeleitetem Gas scheiterte, die Täter sollen aber unabhängig von der vorangegangenen Spreng-Serie gehandelt haben.

Diese Möglichkeiten haben Banken, um Automaten zu schützen:

Da die Sprenger in aller Regel in den frühen Morgenstunden, wenn sie unbeobachteter sind, auftauchen, scheint eine Maßnahme naheliegend: die Öffnungszeiten der sogenannten SB-Bereiche (Selbstbedienung mit Geldautomat) zu reduzieren. Bei freistehenden Automaten, etwa auf Parkplätzen, geht das allerdings nicht. Auf Nachfrage bestätigt das LKA, dass solche Automaten auch in Bayern schon Ziel von Sprengern waren. Sprengungen bei abgeschlossenen Banken dagegen? Gab es bislang nicht, schreibt das LKA.

Neben dem Zugang können die Banken die Automaten selbst aufrüsten. Einerseits so, dass sie auch gegen Festsprengstoff resistenter sind. Vor allem aber, indem Farbpatronen eingesetzt werden. Die Patronen explodieren bei der Sprengung und verschmutzen die Scheine so stark, dass sie wertlos sind. Die Bank selbst ist versichert und bekommt das Geld in so einem Fall erstattet - ob geraubt oder mit Farbe verschmutzt. Rechtlich verpflichtet ist eine Bank übrigens nicht, sich gegen Sprengungen zu schützen. Anders als etwa in den Niederlanden ist das noch nicht Gesetz. Das LKA scheibt, es spreche lediglich Empfehlungen aus.

So reagieren die Raiffeisenbanken:

In Weiden und im Landkreis Neustadt gibt es zwei große Raiffeisenbanken: die VR-Bank Nordoberpfalz und die deutlich kleinere Raiffeisenbank Neustadt-Vohenstrauß. Die VR-Bank habe "natürlich nachgerüstet", sagt Bernhard Wolf, der Vorstandssprecher. Nachgerüstet mit den Sicherheitstechniken, die nun sinnvoll erscheinen. "Wir haben uns jeden einzelnen Standort bis zum kleinsten Geldautomaten angeschaut und überlegt, ist der gefährdet?" Selbst an einem weniger "gefährdeten" Standort habe man die Sicherungssysteme verschärft. Das heißt zum Beispiel: Farbpatronen oder eine bessere Sicherung gegen Festsprengstoffe. Manche Automaten waren bislang nur gegen Gasangriffe geschützt. Nachts zu schließen kam für die VR-Bank Nordoberpfalz nur sehr selten infrage. Nur an zwei sehr kleinen, ländlichen Standorten mit wenigen Abhebungen am Tag habe man nun nachts geschlossen oder tendiere dazu. Genaueres zu einzelnen Automaten will Wolf "eher nicht an die große Glocke hängen". Sprenger sollen schließlich keinesfalls wissen, wo welche Sicherungen eingebaut sind.

Die Raiffeisenbank Vohenstrauß-Neustadt mit acht Filialen im östlichen Landkreis hat sich hingegen entschieden, alle SB-Bereiche samt Automaten nachts abzuschließen. So drastisch hat auch die VR-Bank Mittlere Oberpfalz reagiert, zu der die Filiale in Tännesberg gehört. Genaue Uhrzeiten nennt der Vohenstraußer Vorstand Karl Völkl im Gespräch mit Oberpfalz-Medien nicht. Es gilt wieder: Je weniger die Gangster wissen, desto besser. Rund 200 000 Euro hat seine Bank zuletzt in bessere Sicherungssysteme und Geldautomaten investiert. Da die Sprenger meist hochprofessionell agieren und nur wenige Minuten am Ort sind, geht es darum, eine Bank für die Täter "so unattraktiv wie möglich zu machen". Das bestätigen sowohl Völkl als auch Bernhard Wolf von der VR-Bank. Schlussendlich gehe es auch darum, die Menschen zu schützen, die oberhalb oder neben den Bankräumen wohnen.

So reagieren die Sparkassen:

Die Sparkasse Oberpfalz-Nord mit Geschäftsstellen und Bankautomaten in Weiden hält sich äußerst bedeckt, wenn es um die Sicherheit der SB-Bereiche geht. Auf Nachfrage sagt Vorstandsmitglied Alexander Brittinger nur, die Sparkasse habe dieselben Maßnahmen umgesetzt wie andere Banken auch. "Man kann über Nachtschließungen nachdenken oder über Geldfärbesysteme. Das ist alles branchenüblich." Man sehe natürlich, "dass die Gefahr gerade in Autobahnnähe heranrückt. Wir sind uns des Risikos bewusst", sagt Brittinger. Genaueres zu einzelnen Standorten ist nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Geht man nach den Informationen, die die Sparkasse auf ihrer Homepage bereitstellt, sind nahezu alle Geldautomaten im Stadtgebiet Weiden noch 24 Stunden zugänglich.

Von den Vereinigten Sparkassen Neustadt-Eschenbach-Vohenstrauß, die das Gros der Sparkassenfilialen im Landkreis stellen, lag bis Dienstagabend noch keine Antwort auf die Nachfrage von Oberpfalz-Medien vor.

So schätzt das LKA die Lage ein:

Das LKA sieht die Gefahr, dass sich Banken und Sprenger mit immer ausgefeilteren Maßnahmen gegenseitig zu überbieten versuchen. So entstünde eine Art "Wettrüsten" um die Geldautomaten. Solange Sprenger immer wieder in einer Region erfolgreich seien, sei dieses Szenario gegeben. Andererseits gebe es auch einen sogenannten "Verdrängungseffekt", schreibt das LKA. Das hieße, dass die Sprenger sich eine neue Gegend suchen, nachdem in einer Region die Banken aufgerüstet haben. Das habe man in den Niederlanden oder Frankreich beobachten können. Ob die Sprenger auch der Oberpfalz bald den Rücken kehren, das können nur die Banken beeinflussen.

 
 

Kommentare

Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.

Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.