Der Empfang könnte herzlicher nicht sein. Vorsitzender Leonid Shaulov umarmt jeden Gast und bittet nach oben in den Gebetsraum. „Ein außergewöhnlich schöner Raum“, sagt Finanzminister Albert Füracker, der an diesem Abend auf Einladung des CSU-Kreisverbandes und des OB-Kandidaten Benjamin Zeitler die Jüdische Gemeinde besucht.
Nachwuchs fehlt wie überall
Werner Friedmann gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der Gemeinde in Weiden und des Gebäudes, das man in der Reichspogromnacht im November 1938 hatte anzünden wollen, dann aber Abstand davon genommen hatte, weil das Feuer zu leicht auf die angrenzenden „arischen“ Häuser hätte übergreifen können. Nach dem Krieg bekam eine kleine Jüdische Gemeinde das Gebäude zurück. Einzigartig sind den Worten Friedmanns zufolge die Wandmalereien eines jüdischen Flüchtlings, der den Holocaust überlebt hatte. Friedmann selbst stammt aus der heute einzigen jüdischen Familie, die vor dem Holocaust schon in Weiden wohnte.
Die Weidener Jüdische Gemeinde zählt zwischen 200 und 250 Mitglieder. Die Probleme sind dieselben wie die jeder religiösen Gemeinschaft: Der Nachwuchs fehlt. „Aber wir sind eine funktionierende Jüdische Gemeinde hier“, erklärt (Friedmann.
Die heiligen Thora-Rollen der Gemeinde haben dank der Courage eines Gemeindemitglieds die Nazi-Herrschaft unbeschadet überstanden. Sie wurden in der Pogromnacht zwar auf die Straße geworfen, aber nicht zerstört. Ein Gemeindemitglied versteckte sie auf dem Dachboden des Rathauses. Nach dem Krieg wurden sie jedoch irgendwohin auf der Welt vergeben, man wisse bis heute nicht, wohin, sagt Friedmann.
"Wir würden lieber offen lassen"
Wie Bürgermeister Lothar Höher betont, sei die Jüdische Gemeinde bestens integriert. Das bestätigt Friedmann. Die Polizeistreife vor dem Haus bei jeder Versammlung sei zwar notwendig, aber man sei sehr dankbar für die kurzen Wege zur Stadtverwaltung wie zur Polizei. „Leider muss die Polizei da sein, wir würden lieber offen lassen“, sagt Friedmann. Und er bestätigt auf Nachfrage, dass man nach Ereignissen wie dem in Halle durchaus gemischte Gefühle habe.
Füracker sagt, man dürfe sich auch nach solchen Vorkommnissen nicht verstecken. Friedmann erwidert, das sei leicht gesagt, aber man versuche es natürlich. Immer wieder wird an diesem Abend von Vertretern der jüdischen Gemeinde betont, wie gut der Kontakt zum Rathaus sei, wie ernstgenommen man sich fühle. Friedmann: „Jeder war immer für uns da.“
"Miteinander der Kulturen"
CSU-Bürgermeisterkandidat Benjamin Zeitler stellt das „Miteinander der Kulturen“ in Weiden heraus. Die Vielfalt sei das Element, durch das man wachse. Man werde alles dafür tun, dass dieses Miteinander erhalten bleibe. Füracker sagt, Glauben solle zusammenführen, ganz gleich, ob man überzeugt sei, der Messias sei vor 2000 Jahren dagewesen, oder er komme erst noch. Es sei nicht nur ein Lippenbekenntnis, wenn er sage, dass man froh sei, dass „wir wieder jüdisches Leben in der Prägung haben“. Füracker stellt sich hinter die Aussagen der Kanzlerin am selben Tag in Auschwitz, dass das, was passiert sei, nicht vergleichbar und nicht zu relativieren sei.
Großes Lob bekommt Bürgermeister Lothar Höher zu hören: Sevil Alieva, Tochter des Gemeindevorsitzenden und CSU-Stadtratskandidatin, sagt, man könne immer wieder zu Höher kommen, er sei immer für Anliegen offen. Die jüdische Gemeinde wisse das sehr zu schätzen.
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