Weiden in der Oberpfalz
29.07.2025 - 14:26 Uhr

Ein Stolperstein für Elise Heimann, die ein Teil Weidens war

Mit einer bewegenden Zeremonie wurde in Weiden ein weiterer Stolperstein verlegt. Diesmal für Elise Heimann, geborene Adler. Sie wurde 1942 Opfer des Holocausts. Ihre Nachkommen reisten eigens aus Israel an, um an sie zu erinnern.

"Wir haben uns hier in Weiden versammelt, um für die Familie meiner Großmutter einen Stolperstein zu setzen", sagte Yuval Heimann, der Urenkel von Elise Heimann, in seiner Ansprache. Er sprach stellvertretend für seinen 99-jährigen Großvater Daniel Heimann und für weitere Familienmitglieder, die nicht anreisen konnten. Sein Vater Ofer Heimann war zu bewegt, um die von ihm vorbereitete Rede zu halten. "Dieser kleine Stein bedeutet so viel mehr für uns. Er verbindet uns mit der Vergangenheit und erinnert uns daran, warum es wichtig ist, sich zu erinnern."

Elise Heimann wurde 1898 in Weiden geboren. Sie war die Tochter des Glasfabrikdirektors Isidor Adler und seiner Frau Klara. Die Familie Adler war über Generationen hinweg eng mit der Weidener Glasindustrie verbunden. Elise war eine gute Schülerin, besuchte die höhere Töchterschule und studierte später Chemie. 1922 heiratete sie Max Heimann, der aus einer Nürnberger Fabrikantenfamilie stammte. Das Paar ließ sich in Nürnberg nieder und hatte zwei Kinder: Käthe und Theodor.

Diskriminierung und Ausgrenzung

Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten verschlechterte sich die Lage der Familie dramatisch. Diskriminierung, Ausgrenzung und Bedrohung bestimmten bald ihren Alltag. Die Reichspogromnacht im November 1938 erlebten sie inmitten brutaler Übergriffe auf jüdische Nachbarn, bei denen ein Nachbar ermordet wurde.

Trotz aller Bemühungen gelang es Elise und Max Heimann nur, ihre Kinder zu retten: Tochter Käthe konnte nach England fliehen, Sohn Theodor reiste mit Hilfe der zionistischen Organisation „Aliyah“ nach Palästina aus. Er sah seine Mutter bei der Abreise zum letzten Mal. Für Elise und Max Heimann gab es keinen Ausweg mehr. Alle Versuche, das Land zu verlassen, scheiterten. 1942 wurden sie in ein sogenanntes "Judenhaus" in der Nürnberger Hochstraße gebracht und im März desselben Jahres nach Izbica deportiert, ein Vernichtungslager im Osten. Dort verliert sich ihre Spur. Nur einige Postkarten kamen bei Verwandten an. Dann verlor sich ihre Spur.

Leben sichtbar machen

Zur Gedenkfeier für drei Tage aus Israel angereist waren Ofer Heimanns Ehefrau Nurit und die Kinder Yuval, Haggai und Rotem. Mit der Verlegung des Stolpersteins will die Stadt Weiden Elise Heimann symbolisch ihren Platz zurückgeben. Als Teil dieser Stadt, als Nachbarin, Mitbürgerin, Mensch. Ein sichtlich bewegter Oberbürgermeister Jens Meyer betonte in seiner Ansprache vor dem Anwesen Dr.-Seeling-Straße 31 die Bedeutung dieser Erinnerung: "Wir nennen ihren Namen, wir machen ihr Leben sichtbar." Die 47 bereits verlegten Stolpersteine seien Zeichen gegen das Vergessen und für die Würdigung der Menschen, die einst in Weiden lebten und durch den Nationalsozialismus ausgelöscht wurden.

Ofer Heimann bedankte sich auch im Namen der Familie bei allen Beteiligten: Dem Stadtarchiv, der christlich-jüdischen Gemeinschaft, Pfarrer Alfons Forster, den Schülerinnen und Schülern des 11. Jahrgangs am Augustinus-Gymnasiums, allen voran Sängerin Alisa Jarusskij, sowie bei der Weidener Journalistin Christine Ascherl. Ihre Recherchen zur jüdischen Geschichte Weidens hätten die Verbindung der Familie Heimann zur Stadt wiederbelebt. Ascherl hatte vor einem Jahr vor Ort in Israel recherchiert.

Am Ende der Zeremonie wurden bewegende Worte gesprochen, die lange nachhallen: "Möge jeder Stolperstein, den wir setzen, ein Stück Würde zurückgeben. Möge er eine Mahnung sein und ein Versprechen: Nie wieder!" Auch der aktuelle Nahostkonflikt war Thema. Die Familie Heimann äußerte die Hoffnung auf ein baldiges Ende des Krieges, die Rückkehr der Geiseln und ein Ende des Leidens aller Kinder weltweit. Mit der Verlegung dieses Stolpersteins wird die Geschichte von Elise Heimann lebendig gehalten. Als Mahnung, als Erinnerung, als Zeichen der Menschlichkeit.

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