(phs) "Planungsbegleitendes Forum" nannte sich der Termin des Netzbetreibers Tennet am Donnerstagvormittag, an dem rund 50 Vertreter von Behörden und Verbänden sowie Kommunalpolitiker teilnahmen.
Tennet präsentierte ihnen sein "Hausaufgabenheft", wie es Projektleiter Andreas Herath nannte. Die Hausaufgabe bestand darin, seit Herbst 2017 drei mögliche, je 1000 Meter breite Korridore für den Trassenabschnitt zwischen Hof und Pfreimd zu prüfen. Heute soll die Empfehlung des Netzbetreibers in Form von 49 Leitz-Ordnern an die Bundesnetzagentur übergeben werden. Die entscheidet bis Herbst 2019, welcher Vorschlag zum Zug kommt. Dann beginnt die Planfeststellung.
Tennet favorisiert rund um Weiden eine Ostvariante. Sie soll von Botzersreuth an St. Quirin vorbei Richtung Störnstein und Wilchenreuth nach Weiden führen. Dort soll sie unterhalb von Tröglersricht weiter nach Irchenrieth und Luhe gehen. "Das ist heute unsere Sicht, das muss nicht so ausgehen", erklärte Herath.
"Mensch berücksichtigen"
Doch genau das bezweifelt Irchenrieths Bürgermeister Josef Hammer. Er kündigte Einwände an. "Sie haben fünf Meter neben einem Wohnhaus eine Linie eingezeichnet. Das kann nicht sein. Das wäre nicht passiert, hätten Sie vorher mal mit der Gemeinde gesprochen." Tennet-Referentin Carolin Kürth versuchte, ihm die Sorge zu nehmen. Die Linie sei ohne Relevanz, es gehe erst einmal um den Korridor, noch nicht um eine grundstücksgenaue Trasse.
Das glaubt Hammer nicht: "Ein Jurist in der Bundesnetzagentur wird so was nicht verändern." Kürth verwies darauf, dass dies Sache eines Planungsbüros und nicht von Juristen sei. Der Bürgermeister bleibt misstrauisch: "Sie haben bei Ihren Planungen Naturschutz und Wasserrecht berücksichtigt, aber nicht den Menschen." Hammer schlug eine alternative Linie vor. Die Leitung soll demnach vorbei an der Kläranlage Richtung Staatsstraße Michldorf-Engleshof. Dann könne er dort einen Radweg bauen und die Stromkabel darunter verlegen. "Dann kommen wir weiter auf der 110-kV-Leitung Richtung Reisach."
In Weiden ist das Meinungsbild weniger eindeutig. Egal, welchen Korridor die Bundesnetzagentur bevorzuge, Konflikte seien zu erwarten, drückt es Baudezernent Oliver Seidel vorsichtig aus. Eine Variante führe am Gewerbegebiet West IV vorbei, dazu stimme sich die Stadt mit Tennet ab. Planungen, die Trasse quer durch West IV zu verlegen, seien vom Tisch. Dennoch zeichnet sich ab, dass Weiden östlich umgangen wird. West-Varianten durch den Manteler Forst und bei Neunkirchen kollidieren heftig mit Vogelschutzgebieten.
Im Gegensatz zu der gleichen Veranstaltung in Tirschenreuth am Vortag, fiel die Antwort auf den Protest, dass nicht größere Trassenabschnitte entlang der A 93 gebündelt werden, in Weiden eher dürftig aus. Im Stiftland hieß es dazu, dass es nicht möglich sei, die Leitung in den Standstreifen zu verlegen. Auch das Areal hinter den Schutzstreifen sei tabu. Möglich sei dagegen alles hinter den Wildschutzzäunen, aber da gebe es Probleme mit der Waldnaabbrücke bei Windischeschenbach und Tiefbrunnen bei Weiden und Neustadt. Ingenieur Lothar Grosser, der die Planungen für Tennet begleitet, ging auf die Kritik ein, dass man noch mit 320-kV-Kabeln plane, die mehr Flächen verbrauchten, als mit der modernen 525-kV-Technik, die weniger Eingriffe in die Natur verlangten. Das hatte vor einer Woche unter anderem Landrat Andreas Meier moniert.
Bauern "frustriert"
Grosser schätzt, dass die 525er-Leitung kommen wird, allerdings in Verbindung mit Leerrohren, um eines Tages die Übertragungskapazität steigern zu können. Das entspreche gesetzlichen Vorgaben. Beim derzeit aktuellen 320-kV-System müsste über der Leitung ein 20 Meter breiter Schutzstreifen freigehalten werden, auf dem kein Wald und kein Gebäude stehen darf. Landwirtschaft sei dort aber schon möglich.
Neben Naturschützern findet auch der Bauernverband das Vorhaben "frustrierend", wie Hans Winter sagt. Er will eine dauerhafte Flächenmiete für betroffene Landwirte durchsetzen. "Bei einem Euro pro Quadratmeter wären das nur 0,00025 Cent mehr für die Kilowattstunde Strom." Es sei nicht einzusehen, dass Gemeinden Konzessionsabgaben kassierten, Bauern aber leer ausgingen.
Der weitere Planungsverlauf
Am heutigen Freitag reicht Tennet seine Unterlagen für den Abschnitt Hof-Pfreimd des Südost-Links bei der Bundesnetzagentur ein. Mitte Februar erfolgt für einen Monat die Auslegung der Unterlagen. Sie sind auch zeitlich unbegrenzt auf der Homepage der Agentur einsehbar. Ab der Auslegung besteht zwei Monate die Möglichkeit zur Stellungnahme schriftlich oder elektronisch an die Bundesnetzagentur. Im Sommer 2019 ist vor dem Erörterungstermin die erneute Prüfung der Unterlagen und aller Einwände durch die Bundesnetzagentur anvisiert. Im Herbst wählt sie einen der drei Korridore verbindlich aus. 2019 wird zudem Tennet seinen Vorschlagskorridor mit Hubschraubern befliegen. Daneben sind eine Kartierung und Baugrunduntersuchungen geplant. Vor der Auslegung im Februar gibt es noch öffentliche Bürgerforen von Tennet. In der Region sind der 21. Januar in Weiden und der 22. Januar in Windischeschenbach vorgesehen. (rti)
Vorentscheidung ist gefallen
Auch wenn noch einiges passieren kann: Wahrscheinlich wird die Bundesnetzagentur den Empfehlungen von Tennet für einen Korridor des Südost-Links von Störnstein kommend östlich an Weiden vorbei folgen.
Doch was ist die Alternative? Ein anderer Korridor wäre eine Verneigung vor dem St.-Florians-Prinzip und in den meisten Fällen wohl die größere Umweltsünde. Bleibt die Totalablehnung, die bei der überwältigenden Mehrheit von Energieexperten auf Kopfschütteln stößt. Obendrein ist der Südost-Link bereits gesetzlich vorgesehen.
Wichtig wird die Detailplanung. Dabei empfiehlt es sich, bei der Auslegung ab Februar genau hinzusehen. Mögliche Linienverläufe direkt an einem Baugebiet wie in Irchenrieth sind ein Unding, das es auszubügeln gilt.
Protestplakate an Zäunen und Demonstrationen auf Plätzen gegen den geplanten Verlauf sind nicht nur deswegen für den Herbst 2019 so vorhersehbar wie fallende Blätter an Laubbäumen. Dabei sollte Grundlegendes nicht vergessen werden: Es handelt sich um eine unterirdische Gleichstromleitung und nicht um eine WAA.
Von Friedrich Peterhans