Weiden in der Oberpfalz
01.02.2019 - 15:55 Uhr

Tierheimneubau: Geschocktes Gremium

Weiden braucht ein neues Tierheim. Ersten groben Kostenschätzungen zufolge kann das bis zu 7,5 Millionen Euro kosten. Die Stadträte sind geschockt - und handeln.

Das Tierheim in der Schustermooslohe (vorne an der Straße mit Auslaufflächen hintan) soll bald Geschichte sein. Allerdings wird an der gleichen Stelle sowie auf der zugekauften, angrenzenden Waldfläche ein neues entstehen. Das darf aber nicht 7,5 Millionen Euro kosten, beschied der Stadtrat einstimmig. Bild: Michael Ascherl
Das Tierheim in der Schustermooslohe (vorne an der Straße mit Auslaufflächen hintan) soll bald Geschichte sein. Allerdings wird an der gleichen Stelle sowie auf der zugekauften, angrenzenden Waldfläche ein neues entstehen. Das darf aber nicht 7,5 Millionen Euro kosten, beschied der Stadtrat einstimmig.

7,5 Millionen Euro für Weidens neues Tierheim: "Starken Tobak" findet's CSU-Fraktionschef Wolfgang Pausch in der Stadtratssitzung und fordert eine "dringende Kostenkorrektur nach unten". "Was ist denn das für ein Tierheim? Das dürfte bayernweit beispiellos sein", mutmaßt Stefan Rank von der Bürgerliste. CSU-Kollege Hans Sperrer meint gar: "Ein Hotel wollen wir da hinten wirklich nicht hinbauen." Auch Roland Richter von der SPD stellt fest: "Diese Kostenschätzung sorgt für Blutdruck bei uns Stadträten." Doch was tun?

Die Kosten bei drei Millionen Euro deckeln, schlägt die Stadtverwaltung vor. "Den Architekten wechseln", meint Rank (Bürgerliste) und stößt vor allem bei den CSU-Kollegen auf Gegenliebe. Schließlich brauche Weiden einen Funktionsbau, der gesetzliche Vorgaben erfüllt und schnell zu realisieren ist, meint Hans Sperrer. Die vorläufig verlängerte Betriebsvereinbarung, die unter teils strengen Auflagen gewährt wurde, läuft Ende 2020 aus.

Lösung: Kostendeckel

Hintergrund:

Erste Hochrechnung

Die Rechnung, die Baudezernent Oliver Seidel aufmacht, scheint ganz einfach. Das Ergebnis aber sorgt für großes Staunen. Demnach liegen die zu erwartenden Gesamtkosten für das neue Tierheim Weidens auf Basis der Kennzahlen des Planers über sieben Millionen Euro. Dieser Wert resultiert aus folgender Rechnung, die Seidel aufmacht:

• Hochbaukosten: 3 Millionen Euro

• Technikkosten: 1,5 Millionen Euro

• Freianlagen: 350.000 Euro

• Innenausstattung: 100.000 Euro

• Erschließung: 225.000 Euro

• Nebenkosten: plus 20 Prozent

Das ergebe 6,21 Millionen Euro – netto. „Brutto sind für das neue Tierheim nach aktuellem Projektstand mit etwa 7,5 Millionen Euro zu rechnen. Hierbei handelt es sich aber um eine Grobkostenschätzung“, betont Seidel. „Dieser Wert kann also noch deutlich nach oben oder unten gehen.“ Schließlich befände man sich in der Projektentwicklungsphase. Spricht es gäbe eine Bedarfsdefinition, aber es liegen noch keine Planungskosten vor.

"Der Kostendeckel ist ein super Vorschlag. Das sollten wir öfter machen", findet SPD-Haushaltsexperte Richter. Auch Grünen-Kollege Karl Bärnklau spricht sich dafür aus: "Wobei ich noch tiefer als drei Millionen Euro gehen würde." Harsch kritisiert er die Pläne, eingeschossig zu bauen. "Nie und nimmer werde ich zustimmen, Flächen so zuzupflastern."

So sieht es der aktuelle Projektplan aber vor: Demnach brauche es laut Oliver Seidel in Absprache mit den künftigen Tierheimnutzern für den Neubau eine Fläche von mindestens 2000 Quadratmetern. Deshalb hat die Stadt das 2700-Quadratmeter-Grundstück von den Staatsforsten hinterhalb des Tierheims gekauft, sagt Stadtkämmerin Cornelia Taubmann. Da eine eingeschossige Bauweise laut Architekt kostengünstiger zu realisieren sei, brauche es noch mehr Fläche. Diese will die Stadt mit dem Kauf des bisherigen Tierheimstandorts vom Tierschutzverein erwerben. Der Neubau sei so unter Parallelbetrieb zu stemmen, und sämtlich nötigen Flächen befänden sich in der Hand der Stadt.

Weiden in der Oberpfalz23.01.2019

Aber es braucht die Planungen des Architekten im Detail - und zwar schnell, fordern Richter (SPD) und Rank (Bürgerliste). Vor allem Richter pocht auf eine Finanzierungsstruktur aus drei Säulen. Erstens mit Geld vom Freistaat: "Der könnte da ruhig mehr zuschießen." Obendrein wäre es fair, wenn sich der Landkreis nicht nur an den Unterbringungs-, sondern auch an den Investitionskosten beteiligen würde. Und letztlich müsse geklärt werden, ob und in welcher Höhe sich der Tierschutzverein ebenfalls an den Investitionen für den Neubau beteiligt.

Frage nach Betreiber

"Und wer ist eigentlich der Betreiber des neuen Tierheims?", fragt Rank (Bürgerliste). Die Antwort des Rechtsdezernenten ist in ihrer Uneindeutigkeit eindeutig: "Wer glaubt schon, das Tierheim würde jemand anderes betreiben als der Tierschutzverein?", fragt Hermann Hubmann. Zudem verweist er auf alles, was schon geschafft wurde: Der Grunderwerb habe geklappt, das Landratsamt sitze mit im Boot, ein Großteil der Kommunen auch, und die Gespräche mit dem Tierschutzverein seien wieder in den Gang gebracht. Dieser habe auch stets zugesagt, die Rücklagen für einen Neubau beisteuern zu wollen. Nur zu teuer sei das Projekt. "Aber hier handelt es sich ja nur um einen Zwischenbericht."

In diese Kerbe schlägt auch Oberbürgermeister Kurt Seggewiß: "Uns geht es schon auch ums Tierwohl. Aber nicht für 7,5 Millionen Euro." Darin sind sich nach hitziger Diskussion auch alle einig: Einstimmig beschließt das Gremium die Deckelung der Kosten für den Tierheimneubau auf drei Millionen Euro – und wartet gespannt auf detaillierte Pläne.

Baudezernent warnt Stadträte:

"Äpfel nicht mit Birnen verlgeichen"

7,5 Millionen Euro für ein neues Tierheim. „Das geht auch weit billiger“, sagt Hans Sperrer (CSU) und verweist auf den Infobesuch im neuen Heim in Haßberge. Ein günstiger, aber guter Funktionsbau sei dort entstanden. Einen Blick nach Amberg wirft Roland Richter (SPD): „Dort haben sie nur 2,6 Millionen Euro für den Tierheimneubau ausgegeben.“ Der Architekt sei wohl nicht der Richtige, tönt es aus dem Gremium.

Dabei ist er eigens ausgewählt worden, erörtert Baudezernent Oliver Seidel, weil er bereits diverse Tierheime geplant hat, also ein Mann mit Ahnung sei. Apropos Ahnung. Seidel sagt den Stadträten deutlich: „Sie können Äpfel nicht mit Birnen vergleichen.“ Denn erstens sei das Tierheim in Haßberge nur halb so groß wie das für Weiden nach Bedarfsrechnung geplante und zweitens handle es sich bei dem vermeintlichen Tierheimneubau in Amberg nur um einen Tierheimanbau. Vergleichbar seien einzig die Kosten pro Quadratmeter.

Mit Blick auf die ersten Grobkostenschätzungen fürs neue Tierheim sagt Baudezernent Oliver Seidel: "Sie können Äpfel nicht mit Birnen vergleichen." Bild: Gabi Schönberger
Mit Blick auf die ersten Grobkostenschätzungen fürs neue Tierheim sagt Baudezernent Oliver Seidel: "Sie können Äpfel nicht mit Birnen vergleichen."
 
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