Vorsicht Datensammlung
"Alle Daten auf euren Handys sind für jeden öffentlich zugänglich – wenn man weiß wie", erklärt Polizist und Cyber-Profi Thomas Rechl rund 600 Schülerinnen und Schülern in der Max-Reger-Halle. Unlöschbare vorinstallierte Apps, Social-Media-Plattformen und selbst die Payback-Karte beim Einkaufen seien nur dafür da, um Daten zu sammeln. "Jeder von euch kostet derzeit 92,50 Euro", konfrontiert er die Jugendlichen. So viel seien die Datensätze eines Menschen wert. Diese werden von Unternehmen gekauft, um jedem die passende Werbung zeigen zu können.
Smartphones hören immer zu
Bei vielen Apps laufen Mikrofon und Kamera immer mit – ohne dass man es merkt. "Meine Frau und ich haben mal ein Experiment gemacht und uns stundenlang über Zahnpasta unterhalten." Danach hätten sie auf allen Geräten Werbung für Zahnpasta angezeigt bekommen, selbst per Post flatterten Werbeanzeigen ins Haus. Bei den meisten Betriebssystemen wird aber seit einiger Zeit ein Punkt angezeigt, der darauf hinweist, dass eine App auf Mikrofon oder Kamera zugreift.
Öffentliche Kameras
Den Kindern zeigt Rechl Webseiten und Plattformen, auf denen offen zugängliche und ungeschützte Kameras von beispielsweise Fernsehern oder Gebäuden zu sehen seien. Früher hätte er diese öffentlichen Kameras im jeweiligen Ort auch beim Vortrag gezeigt. Seitdem aber in Hamburg ein Zuschauer im Publikum auf einer Kamera seine Frau in flagranti mit einem anderen Mann gesehen hätte und danach aus dem Saal gestürmt sei, lasse er das.
Lügen erwünscht
"Es ist unfassbar, wie ehrlich ihr im Internet seid", sagt der Cyber-Profi Thomas Rechl zu den rund 600 Schülern in der Max-Reger-Halle. Seine Empfehlung: Immer lügen im Internet. Bei E-Mail-Adressen solle man keinesfalls mit dem vollen Namen arbeiten, auch beim Geburtsdatum solle man immer schwindeln. Warum? Der Profi erklärt, dass Identitätsdiebstahl ein großes Thema ist. Er selbst habe eine Bekannte, die sechs Jahre unschuldig im Gefängnis saß. "Sie wurde verurteilt, weil sie angeblich mit Waffen und Drogen gehandelt habe. Erst nach sechs Jahren fiel auf, dass sie die Straftaten nie begangen hatte." Kriminelle klauten ihre Identität. Aufgefallen sei das erst, nachdem in ihrem Namen weitere Straftaten begangen wurden – obwohl sie schon im Gefängnis saß. Rechl empfahl auch bei Ebay oder Amazon mit falschen Daten zu arbeiten. "Bei beiden Plattformen gehen jeden Tag massiv Daten verloren."
Unternehmen durchsuchen das Internet
Alle großen Firmen suchen Informationen über ihre Mitarbeiter im Internet, so Rechl. "Da ist die Google-Suche noch das oberflächlichste." Bestimmte Programme durchforsten zeitweise stundenlang das Internet nach Informationen, die man so nicht finden würde. "Allein BMW hat zwei Mitarbeiter abgestellt, die den ganzen Tag Infos über ihre Mitarbeiter und Neubewerber sammeln." Man müsse sehr aufpassen, wo man überall mit seinem Klarnamen angemeldet ist oder auf diesen Rückschlüsse zulässt.
Preise für jeden unterschiedlich
Durch die gesammelten Daten verändern sich auch die Preise in Online-Shops. Rechl stellt ein Beispiel vor: "Wenn ich ein Einkommen von 3000 Euro habe, mein Kumpel aber 1800 Euro verdient, kostet eine Reise für mich mehr." Es reiche schon, wenn man mit einem Iphone auf die Seite zugreift. "Apple-Nutzer sind dafür bekannt, mehr auszugeben." Auch bei Amazon gebe es dieses Phänomen. Er empfiehlt weit runter zu scrollen. Meistens fände man das exakt gleiche Angebot zu einem günstigeren Preis nochmal. Über "VPN-Anbieter", welche die Identität und den Standort verschlüsseln, könne man das umgehen. Hier wird der gesamte Internetverkehr durch einen verschlüsselten, virtuellen Tunnel geleitet. Die IP-Adresse und der Standort des Endgeräts ist dann nicht mehr öffentlich sichtbar.
"Alexa" hört mit
Rechl erklärte den Schülern, dass bei einer Amazon Alexa – dem virtuellen Sprachassistenten – lebendige Menschen zuhören. "Das gibt Amazon auch offen zu. Das würden sie machen, um die Spracherkennung zu verbessern." Wenn es brisant zuginge, würden die Mitarbeiter weghören, soll das Unternehmen mitgeteilt haben. Nach einer Rückfrage aus dem Publikum, ob es reiche, "Alexa" einfach auszustecken, antwortet der Cyber-Experte: "Ich habe mir mal ein Gerät besorgt und das gewaltsam geöffnet. Im inneren hab ich eine Batterie gefunden, die rund ein Jahr hält." "Alexa" würde also selbst ausgesteckt noch rund ein Jahr zuhören.
Zur Person Thomas Rechl
- Polizeiliche Betreuungsgruppe Niederbayern
- 20-jährige Erfahrung in der Präventionsarbeit
- Betreuung von misshandelten und missbrauchten Kindern
- Begleitung und Betreuung von Mobbingopfern
- Ansprechpartner für Schulen und pädagogische Einrichtungen
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