"Nicht an Vermieter und Mieter gedacht": Schirmitzer schimpft über Heizungsgesetz

Weiden in der Oberpfalz
10.06.2023 - 20:04 Uhr
OnetzPlus

Das geplante Heizungsgesetz sorgt für viel Aufregung. Ein Vermieter aus Schirmitz sieht sich nun vor großen Problemen: Die energetische Sanierung des Hauses sei zu teuer, und wohin dann mit den Mietern? Übrig bleibt Hoffnung – und Wut.

Als er vor sechs Jahren das alte Haus in Weiden gekauft hat, haben ihm alle gesagt, dass er spinnt. Gerade einen Monat lang war er zu dem Zeitpunkt nach einer Trennung wieder schuldenfrei, erzählt Stefan Zeitler, 50 und aus Schirmitz, heute. Trotzdem nahm er damals knapp 170.000 Euro in die Hand, um das Haus, Baujahr 1954, zu kaufen. "Da hat jeder gesagt, ich spinne", sagt Zeitler und stockt kurz. "Wenn jetzt das Heizungsgesetz so kommt", redet er weiter, "muss ich sagen, dass die Leute recht hatten."

Zeitler vermietet das Mehrfamilienhaus, es soll später seine Rente aufbessern. Der Kranfahrer möchte seine Zeit im Ruhestand genießen, ohne Hilfe vom Staat. "Ich bin ein sehr stolzer Mensch", sagt er. Sollte das Gesetz wie aktuell geplant kommen, müsste er seine Mieter rauswerfen. Das Haus müsste er ja komplett sanieren, um es fit für die Wärmepumpe zu machen. Knapp 300.000 Euro würde das laut seiner Schätzung kosten. Das könne er aber nicht stemmen. Also müsste das Haus weg, unter Wert. "Mein Traum wäre kaputt", sagt Zeitler. Kaputt gemacht, so sieht er es, von der Regierung, vor allem von Robert Habeck. Über den grünen Wirtschaftsminister und seine Kollegen schimpft er gerne und ausdauernd.

Zeitler ist damit nicht der Einzige in Deutschland. Seit die Eckdaten des geplanten Heizungsgesetzes – offiziell das überarbeitete Gebäudeenergiegesetz (GEG) – bekannt wurden, sorgt es bei den Menschen für jede Menge Verunsicherung und Ärger. Die Stimmung ist, nun ja, aufgeheizt.

Das Gesetz sieht vor, dass ab 2024 "möglichst jede" neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Bestehende Heizungen können weiter betrieben werden, kaputte können repariert werden. Warum das alles? Mehr als ein Drittel des deutschen Energiebedarfs geht laut Bundeswirtschaftsministerium für Wärme drauf, mehr als 80 Prozent davon stammen aus fossiler Energie.

30 Jahre alte Gasheizung

Dass das Gesetz auch Ausnahmen, Übergangsfristen und Förderungen von bis zu 40 Prozent vorsieht, überzeugt Stefan Zeitler aus Schirmitz nicht. Sein Mietshaus in Weiden hat drei Wohnungen je 64 Quadratmeter. Unten befindet sich eine Fahrschule, in der Mitte wohnt ein Mann, oben eine junge, alleinerziehende Mutter. In allen Etagen wird mit einer Gastherme geheizt. Die beiden oberen wurden erst vor ein paar Jahren ausgetauscht, Kosten jeweils: 6500 Euro. Unten, in der Fahrschule, ist die Heizung bereits 30 Jahre alt. Eine Art tickende Zeitbombe, so sieht es Zeitler.

Will er, wie von der Regierung gewünscht, eine zentrale Wärmepumpe im Gebäude haben, müsste er das Haus entkernen, komplett sanieren, dämmen, um die Pumpe optimal nutzen zu können, sagt der 50-Jährige und zählt auf: Gasthermen raus, Böden raus, höhere Böden mit Fußbodenheizung rein, neue Türen, neue Decken, neues Dach und so weiter. Zeitler kommt auf Kosten von rund 280.000 Euro. Fragt man Energieberater, sagen die: Kann schon hinkommen.

"Ich bin kein Millionär und habe nicht reich geerbt", sagt der Kranfahrer und Vermieter. 280.000 Euro, so viel Geld habe nicht. Und dass er dafür einen Kredit von einer Bank bekommt, glaubt er auch nicht. Er sei schon 50. Außerdem möchte der Schirmitzer später etwas von seinem Haus haben, für seine Rente – und nicht dafür abstottern.

"Gebt uns mehr Zeit"

Trotz seiner Wut über das Heizungsgesetz stellt Zeitler immer wieder klar, dass er sich ums Klima sorge, dass die Wärmewende kommen müsse. Beim Haus seiner Tochter habe er schon vor zwei Jahren eine Wärmepumpe einbauen lassen, das Gebäude wurde kernsaniert, mit allem Drum und Dran. "Es muss was getan werden", sagt der 50-Jährige, der drei Kinder hat. "Aber nicht mit der Brechstange", nicht von heute auf morgen.

Er würde es anders machen. Erstmal nur bei Neubauten und Kernsanierungen. Kann sich mittlerweile auch Habeck vorstellen. Bei Altbauten sei das schwieriger. Da sollte man, so Zeitler, weiter auch aufs Gas setzen. Nicht unbedingt Erdgas, sondern grünes Gas, Biogas etwa. Zudem müsse der Strompreis runter, damit sich die Wärmepumpe lohne. Und vor allem sollte man nicht so viel Druck machen. "Gebt uns Zeit", sagt Zeitler. Auch den Vermietern und Mietern. An die werde da eh viel zu wenig gedacht.

Überhaupt die Mieter. Keinen von ihnen will er rausschmeißen, nur weil die Sanierung Monate dauern würde, sagt Zeitler beim Gespräch in der obersten seiner Mietwohnungen, bei Milena Donhauser. Die 23-Jährige ist erst seit ein paar Wochen in der Wohnung. Sie habe monatelang nach einer Wohnung gesucht, habe aber nur Absagen erhalten. "Mich hat keiner genommen", erzählt sie. Donhauser ist alleinerziehende Mutter und lebt "vom Amt", wie sie selbst sagt. Zeitler habe ihr mit der Wohnung hier "den Arsch gerettet". Müsste sie wieder raus, wäre sie "vollkommen aufgeschmissen".

Lieferstopp bei vielen Herstellern

Das grüne Wirtschaftsministerium verteidigt das Heizungsgesetz weiter. Auch der Einbau einer teuren zentralen Wärmepumpe in Mietshäusern lohne sich früher oder später, heißt es auf der Ministeriumshomepage, vor allem weil der steigende CO2-Preis Öl und Gas weiter verteuern wird.

Der Sulzbach-Rosenberger Heizungsbauer Dietmar Lenk, Obermeister der SHK-Innung Amberg-Sulzbach, sagt, eine Wärmepumpe wäre der richtige, aber nicht immer der wirtschaftlichste Weg bei Bestandgebäuden. "Eine komplette energetische Sanierung eines Mehrparteienhauses ist für viele wirtschaftlich nicht zu stemmen, auch nicht mit Zuschüssen, und ist in der Regel nur bei Leerstand durchzuführen."

Für Stefan Zeitler ist eine Wärmepumpe derzeit keine Option. Er hält das Gesetz sowieso für eine "Zwangsenteignung", wie er sagt. "Wenn mir jetzt in den nächsten Jahren eine der drei Heizungen verreckt, kann ich mir keinen Umbau leisten, und ich bin gezwungen, mein Haus zu verkaufen." Der 50-Jährige ist "schwer am überlegen", ob er sich nicht doch noch dieses Jahr eine neue Gastherme in die unterste Etage seines Mietshauses einbauen lässt. Und dann müsse er hoffen, dass das Ding – genau wie die anderen zwei Geräte – die nächsten Jahrzehnte hält. Wenn er denn überhaupt noch eine Gasheizung bekommt.

Es gibt Hersteller, sagt Obermeister Lenk, die bereits keine Öl- und Gasheizungen mehr liefern. Und Heizungsbauer, die keine Aufträge mehr annähmen, solche Heizungen einzubauen – "aus Angst im nächsten Jahr selbst auf den Anlagen sitzen zu bleiben, weil sie diese bis Ende des Jahres nicht mehr schaffen einzubauen, und der Einbau 2024 wahrscheinlich nicht mehr erlaubt ist".

Hintergrund:

Das überarbeitete Gebäudeenergiegesetz

  • Das Gesetz: Ab 2024 muss "möglichst jede" neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben werden; es gibt Ausnahmen und Übergangsfristen.
  • Die Debatte: Das Bundeskabinett hat die Novelle des Gesetzes am 19. April 2023 beschlossen; danach ist die FDP aber nicht mehr glücklich damit - es kommt zum Streit in der Koalition; Kompromisse werden gesucht.
  • Der Terminplan: Das Gesetz soll laut Medienberichten nun doch noch vor der Sommerpause durch den Bundestag und Bundesrat; die parlamentarische Sommerpause beginnt am 7. Juli.
 
 

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