Es wurde sehr emotional, als Maja Konstantinovic, Lektorin der tschechischen Gruppe Antikomplex, die Besucher durch die Wanderausstellung „Unter einem Dach“ führte. Noch immer war die junge Frau sichtlich ergriffen von den sieben Versöhnungsgeschichten, die sie persönlich erlebt hatte. Alle Fälle betreffen deutsch-tschechische Freundschaften zwischen Menschen, die bis Kriegsende ein Haus im damaligen Sudetenland besessen haben und denen, die heute darin wohnen.
Jede Versöhnungsgeschichte wird in der Ausstellung ausführlich an einem der sieben Ausstellungstische dokumentiert. Die Geschichte am Tisch „Haindorf Nr. 115“ beginnt mit folgenden Sätzen: „Als Anna Scholz nach 25 Jahren gemeinsam mit ihrem ältesten Sohn Werner an die Tür ihres (ehemaligen) Hauses in Haindorf klopfte, hielt sie ein Foto ihres Hauses in Deutschland in der Hand – als Beweis dafür, dass es ihr nicht um den Besitz geht.“ Jitka Bartošová hatte als neue Besitzerin die Tür geöffnet. Auf vielen Seiten wird dann die Geschichte weitererzählt. Am Ende kam es zu einer intensiven Freundschaft, in die alle Angehörigen der Familien Scholz und Bartoš einbezogen waren. Von regelmäßigen Treffen sogar von gemeinsamen Hobbies berichtet Erzählerin Konstantinovic.
Ähnliche Geschichten werden an den anderen Ausstellungstischen dargestellt. „Kittlitz Nr. 65“, „Niederhof Nr. 10“ oder "Trinksaifen Nr. 84“ sind einige der Namen. Bei der Ausstellungseröffnung wurden alle vorgestellt. Bilder und symbolische Gegenstände ergänzen jeweils die Geschehnisse. Bei allen Geschichten sind feste Freundschaften und gemeinsame Aktivitäten entstanden. Sogar zu einer grenzüberschreitenden Hochzeit ist es gekommen.
Wie die Ausstellung entstanden ist, erzählte Lektor Michael Urban ebenfalls von Antikomplex. Zur Vorbereitung eines Versöhnungsfests wurde in Zeitungsanzeigen nach diesen Fällen gesucht. Meldungen gingen ein, Interviews geführt und alle Orte wurden persönlich besucht. Urban und seine Kollegin äußern sich auch generell zum deutsch-tschechischen Verhältnis. „Wir sind auf einem guten Weg, aber vieles ist noch lange nicht perfekt“, sagte Urban. Insgesamt habe sich die Stimmung beim Thema Vertreibung verbessert. „Am Anfang wollten die Leute nichts davon wissen, aber langsam ändert sich das.“ Es gebe auch einen Unterschied, wenn Menschen sich privat treffen und wenn Politiker sich öffentlich äußern. Nach wie vor sei das Wort Sudetenland in der Politik „stark belastet“. Für Konstantinovic gelte „die jüngere Generation kann distanziert diskutieren und hat nicht das Gefühl, persönlich angegriffen zu werden“. Organisiert wurde die Ausstellung von der VHS Weiden-Neustadt. Bereichsleiter Harald Krämer begrüßte die Besucher. Laut Krämer sollen Freundschaften und Begegnungen ehemaliger und neuer Hausbewohner im deutsch-tschechischen Grenzbereich aufgezeigt und so Ängste auf beiden Seiten abgebaut werden. Die Ausstellung in der VHS-Aula kann ab sofort zwei Wochen lang besucht werden.
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