Weiden in der Oberpfalz
29.03.2019 - 16:33 Uhr

Waldige Abgründe: Krimidreh rund um Weiden

Ein Buch, das schon mal auf der Spiegel-Bestsellerliste stand, hat als Film oft ebenfalls Aussicht auf Erfolg. Seltener ist in so einem Fall der Drehort - die Region zwischen Weiden und Flossenbürg. Im Herbst soll es losgehen.

Schweigend steht der Doost. In der geplanten Romanverfilmung könnten Felsen und Wald allerdings weniger wildromantisch rüberkommen. Vielmehr spielen sich in der Natur unheimliche Szenen ab. Unter anderem ist dort der Vater der Hauptdarstellerin einst plötzlich verschwunden. Bild: mef
Schweigend steht der Doost. In der geplanten Romanverfilmung könnten Felsen und Wald allerdings weniger wildromantisch rüberkommen. Vielmehr spielen sich in der Natur unheimliche Szenen ab. Unter anderem ist dort der Vater der Hauptdarstellerin einst plötzlich verschwunden.

Beiläufiger könnte ein bisschen Glamour der Filmbranche nicht auf einen Landstrich tröpfeln. Als Autor Wolfram Fleischhauer ("Fikkefuchs", "Das Meer") 2008 mit seinem Roman "Der gestohlene Abend" auf Lesereise war, fuhr er im Zug von Pfaffenhofen nach Weiden. Zufällig las er dabei ein Buch über Todesmärsche und Konzentrationslager. "Das war merkwürdig je näher man nach Weiden kam: Die Diskrepanz zwischen der Schönheit dieser Landschaft draußen und diesen Grausamkeiten. Das hat mich sprachlos gemacht", erinnert sich der gebürtige Karlsruher.

Zunächst habe er nicht daran gedacht, daraus einen Roman zu stricken. Doch dann erzählte er noch am gleichen Abend seiner Gastgeberin Maria Rupprecht von seiner Gefühlslage. Die empfahl ihm, mal mit Jörg Skriebeleit von der KZ-Gedenkstätte aufzunehmen. "Ich hatte den Namen Flossenbürg nie zuvor gehört", sagt Fleischhauer.

Das hat sich gründlich geändert. 2013 erschien sein 400-Seiter "Schweigend steht der Wald". Wenn man so will, ist er die Folge seiner Bahnfahrt. Ein spannender Krimi um eine junge Forstwissenschaftsstudentin im Bayerischen Wald, die einem furchtbaren Dorfgeheimnis auf die Spur kommt, das im KZ Flossenbürg seinen Anfang hat. Bei ihren Recherchen in der Gedenkstätte trifft sie auf den Leiter, einen gewissen Skrowka, in dem Skriebeleit unschwer zu erkennen ist.

2020 soll "Schweigend steht der Wald" ins Kino kommen. Zuvor soll er idealerweise auf Festivals gezeigt werden. Fleischhauer selbst hat das Drehbuch geschrieben. Es weicht in einigen Details von der Vorlage ab. So wird die Hauptdarstellerin nicht dem Forstamt Waldmünchen zugeteilt, sondern dem in Neustadt/WN. Viele Ortsnamen im Film werden aber wohl frei erfunden sein.

Apropos Neustadt: Dort will sich demnächst ein Teil der Filmcrew, zu der rund 50 bis 60 Leute gehören, im ehemaligen Krankenhaus einquartieren. Gespräche dazu sind bereits geführt. Gedreht wird idealerweise im Herbst. "Gut wäre es, wenn wir die Zeit erwischen, wo die schönen Tage allmählich Regen und Nebel weichen", erklärt Fleischhauer. Das passe am besten zur Grundstimmung.

Schauplatz des Geschehens sind vor allem die Domizile zweier Familien - der Leybach-Hof und der Gollas-Hof. Um passende Objekte zu finden, waren Fleischhauer und Regisseurin Saralisa Volm im Sommer 2018 zwei Wochen auf "Location-Tour" in der Region. Außer von Jörg Skriebeleit hatten sie dabei fachmännischen Rat von Stefan Bösl vom Forstamt Flossenbürg und Weidens Stadtförster Wolfgang Winter. Die beiden schlugen ihnen passende Drehorte vor.

Welche Gehöfte Leybach- und Gollas-Hof verkörpern, ist noch unklar. Dazu laufen Verhandlungen mit den Besitzern. Außenaufnahmen im Wald sollen vor allem im Doost und am Stückberg bei Eslarn gedreht werden. Für eine Verhörszene könnte die Blockhütte der Pfadfinder am Fischerberg die Kulisse bilden.

Bis es so weit ist, tüfteln die Verantwortlichen noch an der Finanzierung und an Förderanträgen. Dabei wird nicht gekleckert. Fleischhauer spricht grob von über einer Million Euro. Die Produktionsfirma dahinter heißt "Poison" mit Sitz in Berlin. Sie gehört Regisseurin Saralisa Volm. Beim Namen des Co-Produzenten Ingo Fliess klingelt's in der Oberpfalz schon eher. Er hat erst jüngst mit "Wackersdorf" Furore gemacht.

Zurzeit wird gecastet. Das übernimmt Stephanie Maile, die ebenfalls die Besetzung von "Wackersdorf" mit ausgewählt hat. Für "Schweigend steht der Wald" könnten wieder Darsteller aus der Region zum Zug kommen. Nicht allerdings bei den Hauptrollen. Fleischhauer verspricht "richtige Stars" des deutschen Films. Namen verrät er noch nicht.

Die Protagonisten werden in jeden Fall auf Hochdeutsch agieren. Um den Sound der Waldlandschaft in einigen Szenen einzufangen, hat das Berlin-Münchner Filmteam aber einen Dialektcoach angeheuert. Seine Stimme dürfte vielen bekannt sein: Sie gehört Markus Pleyer von Radio Ramasuri.

Nahaufnahmen:

Der Autor

Wolfram Fleischhauer ist 1961 in Karlsruhe geboren. Er arbeitet als Konferenzdolmetscher bei der EU-Kommission in Brüssel und lebt in Berlin. Daneben ist er Schriftsteller und Drehbuchautor. Vor zwei Jahren erschien der erste Film nach einer seiner Vorlagen: „Fikkefuchs“, eine Satire auf die männliche Sexualität. Seit seinem Erstling „Die Purpurlinie“ hat er bislang zehn Romane veröffentlicht. Einer davon, „Die Frau mit den Regenhänden“, ist mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. Seine Werke erreichten bislang eine Gesamtauflage von 1,3 Millionen Exemplaren. Sein jüngstes Buch ist der Politthriller „Das Meer“ über die Machenschaften der internationalen Fischereimafia.

Die Regisseurin

Saralisa Volm kam 1985 im schwäbischen Hechingen zur Welt und ist in Freising aufgewachsen. Entdeckt hat sie kein Geringerer als der bayerische Regie-Anarcho Klaus Lemke. Bekannt wurde sie unter anderem als Darstellerin in Filmen wie „Dancing with Devils“ und „Hotel Desire“ . Parallel dazu absolvierte sie ein Studium der Kunstgeschichte und Philosophie. Später gründete sie ihre eigene Produktionsfirma „Poison“. Aus diesem Hause stammt der Kurzfilm „Die Verwandlung“ mit Golo Euler in der Hauptrolle. „Fikkefuchs“ war 2016 ihr erster Kinofilm als Produzentin. Er war für den Deutschen Filmpreis 2018 vornominiert. Saralisa Volm lebt mit ihren vier Kindern und ihrem Ehemann in Berlin. (phs)

Schulprojekt:

Drehbuch für den Unterricht

Parallel zum Kinostart, der vermutlich im Herbst 2020 erfolgen soll, planen Wolfram Fleischhauer und Saralisa Volm ein Schulprojekt. Dabei dreht sich alles um die Frage: Wie verfilmt man Geschichte? Wie kann man Geschichte erzählerisch begreifen? Hintergrund ist 2020 als das 75. Jahr nach der Befreiung des Landes vom Nationalsozialismus.

Jugendliche sollen dabei Gelegenheit haben, den gesamten kreativen Prozess einer Romanverfilmung kennenzulernen und zu analysieren – von der ersten Idee zum Buch, über das Drehbuch bis zur Filmpremiere. Dafür bieten Volm und Fleischhauer Quellen- und Recherchematerial, Unterrichtsbesuche und direkte Gespräche an. Überdies soll es interaktive Interpretationshilfen durch Online-Leserunden geben. „Denkbar ist auch ein virtuelles Lektorat, wo etwa alternative Romananfänge und -enden, Titelfindung und dergleichen diskutiert werden“, erklärt Fleischhauer. Möglich sei ferner ein virtueller „Writers’ Room“, wo Schüler Roman- zu Dialogszenen umschreiben. Ein Preisausschreiben soll ein zusätzlicher Anreiz sein. Gesucht ist die beste Erzählzeile (Log-Line) für das Filmplakat. Der Gewinner darf beim Empfang zur Filmpremiere dabei sein.

Die Filmemacher wollen diese Idee im Mai und Juli mit ganzseitigen Anzeigen und dem Filmplakat in den Lehrer-Fachzeitschriften „Deutschunterricht“, „Praxis Deutsch“ und „Geschichte lernen“ deutschlandweit bewerben. Beim Filmstart würden Volm und Fleischhauer für Schulen, die teilgenommen haben, eine Premiere vor Ort mit Lesung oder Podiumsdiskusion organisieren. Dazu würden die Regisseurin oder Schauspieler anreisen. (phs)

Im Buch ist Protagonistin Anja Grimm Mitarbeiterin des Fortstamts Waldmünchen. Im Film ist ihr Einsatzort Neustadt/WN. Wahrscheinlich wird die Kreisstadt aber einen fiktiven Namen bekommen. Bild: Michael Ascherl
Im Buch ist Protagonistin Anja Grimm Mitarbeiterin des Fortstamts Waldmünchen. Im Film ist ihr Einsatzort Neustadt/WN. Wahrscheinlich wird die Kreisstadt aber einen fiktiven Namen bekommen.
Wolfram Fleischhauer. Bild: Urban Zintel
Wolfram Fleischhauer.
Saralisa Volm. Bild: Lea Wessels
Saralisa Volm.
Eventuell wird die Blockhütte am Fischerberg Schauplatz einer Verhörszene. Archivbild: Wilck
Eventuell wird die Blockhütte am Fischerberg Schauplatz einer Verhörszene.
Die KZ-Gedenkstätte in Flossenbürg wird ebenfalls ein zentraler Drehort. Der Film spielt zwar in der Gegenwart, Hintergrund der Handlung ist aber ein Verbrechen, das sich in den letzten Kriegstagen bei der Evakuierung des Konzentrationslagers ereignet hat. Archivbild: nm
Die KZ-Gedenkstätte in Flossenbürg wird ebenfalls ein zentraler Drehort. Der Film spielt zwar in der Gegenwart, Hintergrund der Handlung ist aber ein Verbrechen, das sich in den letzten Kriegstagen bei der Evakuierung des Konzentrationslagers ereignet hat.
Dieser Roman, verfilmt mit „richtigen Stars“, soll 2020 in die Kinos kommen. Bild: Urban Zintel
Dieser Roman, verfilmt mit „richtigen Stars“, soll 2020 in die Kinos kommen.
 
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