Weiden in der Oberpfalz
03.09.2019 - 17:23 Uhr

Weiden verwundert: Landratsamt klappt die Akte zu

Seit Monaten bombardiert die Stadt Weiden das Landratsamt Neustadt mit bohrenden Fragen zur Causa Wasserversorgung Muglhofer Gruppe. Klare Antworten bleiben aus. Jetzt klappt die Neustädter Rechtsaufsicht sogar den Aktendeckel zu.

Das Problem oben auf dem Berg: Der Hochbehälter Muglhof des Zweckverbandes muss dringend saniert werden. Der Zweckverband hat aufgrund seiner Probleme aber bereits seine Auflösung beschlossen. Wer macht weiter? Bild: Gabi Schönberger
Das Problem oben auf dem Berg: Der Hochbehälter Muglhof des Zweckverbandes muss dringend saniert werden. Der Zweckverband hat aufgrund seiner Probleme aber bereits seine Auflösung beschlossen. Wer macht weiter?

Beim Zweckverband zur Wasserversorgung der "Muglhofer Gruppe" brennt's. Nicht erst seit einem Jahr. Aber Ende 2018 wurden die Probleme auch in Weiden bekannt. Im teilweise sehr maroden Leitungsnetz gibt es gewaltige Wasserverluste. Der Hochbehälter Muglhof ist stark sanierungsbedürftig. Inzwischen sind die Stadtwerke eingeschaltet. Dort wurde bereits ein Sanierungskonzept erarbeitet, das zumindest die östlichen Weidener Ortsteile, mit denen die Stadt Mitglied im Zweckverband ist, sicher mit Wasser versorgt. Der Zweckverband hat im Oktober seine Auflösung beschlossen. Damit fällt die örtliche Wasserversorgung in den bisher angeschlossenen Ortschaften wieder an die jeweiligen Gemeinden zurück.

Die Rücklagen sind, so ist in den Unterlagen zu nichtöffentlichen Stadtratssitzungen zu lesen, im Vergleich des Jahres 2010 zu 2014 um 120 000 Euro abgeschmolzen, ohne dass geklärt werden kann, wohin die Gelder flossen. Unklarheiten finden sich in der überörtlichen Prüfung bei Aufwandsentschädigungen, Reisekostenabrechnungen. Beklagt werden "teils erhebliche Verletzungen der Vorschriften". Auf Aufforderung des Landratsamtes Neustadt, das hier als Aufsichtsbehörde fungiert, wurde der Geschäftsführer im Januar 2019 abberufen. Er blieb aber bis Juli 2019 weiter im Dienst, weil sich zunächst kein Nachfolger finden ließ.

Keine Ordnung

Dass es viele offene Fragen gibt, räumt Dr. Alfred Scheidler ein, der als Jurist des Landkreises auch die Rechtsaufsicht über den Zweckverband zu führen hat. Aufgrund des über die Jahre angewachsenen "riesigen Kuddelmuddels" beim Zweckverband ließen sich die viele Fragen nicht mehr beantworten. "Es fehlen Zahlen, Belege, Beschlüsse." Trotz der massiven "Hinweise" sowohl aus dem Landratsamt als auch vom Prüfungsverband sei der Zweckverband "nicht in der Lage, Ordnung zu schaffen". Auch die großen Besprechungen mit der Spitze des Zweckverbandes hätten nur wenig Licht ins Dunkel gebracht, stellt der Jurist ernüchtert fest.

Im Nachhinein sei immer mehr deutlich geworden, "dass der zuständige Verwaltungsmensch äußerst schlampig gearbeitet hat, eventuell auch, weil ihm die nötigen Fachkenntnisse gefehlt haben", sagt Scheidler zur Qualifikation des 450-Euro-Angestellten. Aber: Er sei überzeugt, dass dennoch den Bürgern oder dem Zweckverband keine Schäden entstanden seien. Deshalb habe er am 19. August eine "pragmatische Lösung" gefunden. Er schließe die Akte. "Ich mach' den Deckel zu."

Eine Aufklärung sei unmöglich. Wichtig sei aber, dass die Weichen inzwischen in die richtige Richtung gestellt seien. Der Verband habe aufgrund seines Drängens Teile seiner Verwaltungstätigkeit an den Verwaltungsgemeinschaft Neustadt übertragen und sich in deren Räumlichkeiten eingemietet. Mit Rudolf Hölzl, dem Vizekämmerer der Stadt Weiden, sei inzwischen ein neuer fachkundiger Geschäftsführer bestellt. Dr. Scheidler: "Es ist als Rechtsaufsichtsbehörde nicht unsere Aufgabe, Strafrechtsbestände zu untersuchen. Ich habe auch keine erkannt. Es steht jedermann frei, auch aus dem Zweckverband heraus eine strafrechtliche Prüfung herbeizuführen."

Uralte Versäumnisse

Völlig zu Unrecht fühlt sich die Verbandsvorsitzende Marianne Rauh an den Pranger gestellt. Niemand habe sich bereichert, niemand etwas Unrechtes getan. Sie habe nach Kräften versucht, die Wasserversorgung im Verbandsgebiet zu sichern und "wirklich sparsam zu haushalten". Mit nur 600 angeschlossenen Haushalten sei der Verband einfach zu klein, um die anstehenden Investitionen zu schultern. Auch ein nötiger hauptamtlicher Wasserwart sei nicht finanzierbar. Das ihr vorliegende Sanierungskonzept eines Fachbüros sprenge den Rahmen. Zugleich betont sie, alle Textziffern in den Prüfberichten seien sorgsam abgearbeitet, alle Hinweise der Rechtsaufsicht umgesetzt worden. Wenn es Versäumnisse gegeben habe, lägen diese 20 Jahre zurück.

Das sagt die Stadtverwaltung Weiden :

Finanzgebaren nicht mehr aufklärbar

Auf Nachfrage bestätigt die Stadt Weiden, dass es nur mit erheblichem Aufwand möglich sei, die Beitrags- und Gebührenveranlagungen des Zweckverbandes in der Vergangenheit nachzuvollziehen oder die Höhe der Rücklagen des Verbandes zu ermitteln.

Bei der beabsichtigten Auflösung des Zweckverbandes zur Wasserversorgung der Muglhofer Gruppe sei die Stadt Weiden bemüht, alle Daten und Fakten zusammenzutragen, die notwendig sind, um zwischen den Verbandsmitgliedern eine Vermögensauseinandersetzung herbeiführen zu können.

Ohne nähere Details zu nennen weist die Stadt Weiden darauf hin, dass der Verband ihre Fragen zum gesamten Finanzgebaren zum heutigen Zeitpunkt mangels entsprechender Aktenführung und Buchhaltung nur schwer beantworten konnte. Dies gelte auch für die Aufsichtsbehörde des Verbandes.

Um missbräuchliche Verwendung von öffentlichen Geldern als auch Haftungsfragen aus fehlerhaften Beitrags- und Gebührenveranlagungen auszuschließen, habe die Stadt Weiden deshalb das Landratsamt sowie den Zweckverband gebeten, bei einer überörtlichen Prüfung der Jahresrechnung 2018 den Stand der Rücklagen Ende 2018 festzustellen. Die Stadt betont ausdrücklich, dass die verwaltungsmäßigen Probleme des Verbandes in der Vergangenheit weder das Landratsamt als Aufsichtsbehörde noch Weiden als Mitgliedsgemeinde mit einem kleinen Anteil am Verbandsgebiet lösen kann, sondern dies originäre Aufgabe des Verbandes ist und bleibt.

Kommentar:

Falsche Rücksicht

Für die gute Zusammenarbeit zwischen Weiden und Neustadt spricht in der Causa "Zweckverband Muglhofer Gruppe" nicht viel. Die Stadt drängt seit Herbst das Landratsamt als Aufsichtsbehörde, beim Verband für geordnete Verhältnisse zu sorgen. Die Neustädter halten sich zurück. Das Landratsamt informiert Weiden nicht darüber, dass es schon am 19. August die Akte geschlossen hat. Noch letzte Woche formulierte Weiden die Bitte um ein massiveres Eingreifen der Rechtsaufsicht. Dabei war die Akte schon zu. Nun liegt es an der Stadtverwaltung, die Sachverhalte beim Verband auf haftungsrechtliche Ansprüche und strafbare Relevanz zu prüfen.
Um es klar zu sagen: Weiden hatte gehofft, dass die Rechtsaufsicht die heiße Kartoffel aus dem Feuer holt und die Staatsanwaltschaft ruft. Die kleinen Fraktionen hatten in nichtöffentlichen Stadtratssitzungen, zuletzt im Juli, nach der Staatsanwaltschaft gerufen. Die beiden großen Fraktionen zögerten. Warum? Es drängt sich der Verdacht auf, sie wollten ihre Vertreter im Verbandsrat der Muglhofer Gruppe nicht in die Bredouille bringen.

 
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