Wie sie das meint? Ganz einfach: Kaum reißt der Himmel auf, strömen die Menschen ins Freie und suchen sich ein sonniges Plätzchen. "Viele drehen sogar ihren Stuhl herum und halten ihr Gesicht in die Sonne. Das ist wie bei den Sonnenblumen." In Singapur ist das nicht der Fall. Dort scheint die Sonne fast immer. Es hat um die 30 Grad. Niemand sucht bewusst einen Platz in der Sonne.
Kein Wunder, dass der erste Winter in Weiden für Li Qin Lim eine besondere Erfahrung war. Kurz vor Weihnachten 2017 ist sie hierher gezogen. "Ich habe Schnee schon gekannt", erzählt sie. "Aber nur von kurzen Urlaubsreisen. Kälte über so viele Monate, das war fremd für mich." Die zierliche Asiatin hat nicht nur "sehr, sehr gefroren", wenn sie nach draußen musste. Sie lernte auch, dass man für ein Auto Winterreifen braucht und wozu ein Eiskratzer gut ist. "Beim ersten Mal habe ich mich ins Auto gesetzt und die Heizung angemacht. Ich dachte, das Eis geht weg." Aber das war nicht der Fall. Der Eiskratzer leistete dann gute Dienste.
Die 34-Jährige berichtet das alles in gutem Deutsch, mit einem Akzent, der beinahe amerikanisch klingt. Sie ist mehrsprachig aufgewachsen. "Englisch ist die Hauptsprache bei uns." Dazu kommt bei ihr Mandarin, weil ihre Eltern chinesische Wurzeln haben. Im Januar 2018 hat sie begonnen, Deutsch zu lernen und für die kurze Zeit beherrscht sie es wirklich ausgezeichnet.
Nach Weiden kam Li Qin Lim der Liebe wegen. Ihren Verlobten Matthias Baumann hat sie in Singapur kennengelernt. Er lebte ein Jahr dort. "Wir haben zusammen MBA studiert." MBA steht für Master of Business Administration, ein Managementstudium. Li Qin selbst hat das in Singapur und ein halbes Jahr in Spanien studiert, mit der Unterstützung eines Regierungsstipendiums, das nur an die besten ein Prozent der Kommilitonen vergeben wird. Sie hat außerdem einen Bachelorabschluss in Journalismus und war bereits während des Studiums journalistisch für eine Zeitung und einen Rundfunksender in Singapur tätig.
Nach dem Studium arbeitete sie im Ministerium für Stadtentwicklung. Zunächst in der Kommunikations- und Mediaabteilung, dann auch als Leiterin in anderen Ressorts wie Unternehmensberatung. "Das war super interessant. Es gibt bei uns sehr gute Karrierechancen und Entwicklungsmöglichkeiten", sagt sie. "Das deutsche Bildungssystem ist strikter. Da legt man sich früher fest."
Dreieinhalb Jahre führte das Paar eine Fernbeziehung, nachdem Matthias Baumann wieder in seine Heimatstadt gezogen war. Die 34-Jährige kam damals oft zu Besuch. Auch deshalb sei ihr nicht so viel neu oder fremd vorgekommen, als sie im Dezember 2017 ihren Wohnsitz nach Weiden verlegte. Aber: "Die Natur ist natürlich ganz anders als bei uns."
Was ihr besonders aufgefallen ist: Der Sternenhimmel ist in der Oberpfalz wesentlich besser zu sehen als in Singapur. "Dort gibt es viel mehr Lichtverschmutzung." Hier dagegen sind die Sterne bei klarem Himmel gut zu erkennen. Jeden Morgen wirft sie deshalb erst mal einen Blick aus dem Fenster, um das zu genießen.
Singapur ist ein Stadtstaat in Südostasien, in dem etwa 5,6 Millionen Menschen auf knapp 720 Quadratkilometern zusammenleben. Chinesen, Malaien und Inder bilden die größten Bevölkerungsgruppen. Aber auch viele Ausländer leben dort. Mit unterschiedlichen Kulturen ist die 34-Jährige also vertraut.
Weiden hielt dennoch Überraschungen für sie parat. "Zum Beispiel, dass man die Fußgängerzone wirklich zu Fuß in 10 Minuten durchqueren kann." Sie weiß aber auch die Vorteile einer Kleinstadt zu schätzen. "Es ist sehr gemütlich hier. Und wenn man durch die Stadt geht, trifft man immer jemanden, den man kennt." Natürlich vermisst sie ab und zu ihre Eltern und ihren Bruder. "Doch dank Facetime und WhatsApp ist das heutzutage einfacher." Und als Vertriebsmanagerin für USA und Asien-Pazifik bei Seltmann Weiden steuert sie Singapur nicht nur im Urlaub an, sondern ab und zu auch dienstlich.
Manchmal vermisst sie in ihrer neuen Heimat asiatisches Essen, für das sie die Zutaten nicht so leicht erhält: Zum Beispiel Chili-Crab oder Laksa-Suppe, ein für Singapur typisches Gericht. Dafür liebt sie deutsches Brot, Beyer-Brezen, mag Bratwurst und Leberkäse. Ihr absolutes Lieblingsgericht aber sind Spätzle, hausgemacht von der Mutter ihres Verlobten. "Wenn ich länger in Singapur bin und Lust auf Spätzle habe, gehe ich ins Restaurant ,Brotzeit'. Dort schmeckt das Gericht wie selbstgemacht. Das sagt sogar mein Verlobter."
Um Kommentare verfassen zu können, müssen Sie sich anmelden.
Bitte beachten Sie unsere Nutzungsregeln.