Weiden in der Oberpfalz
24.07.2023 - 16:50 Uhr

Weidens kultureller Motor: Hubert Schlegl (83) gestorben

Die Literaturtage, die "Kleine Bühne", Buchgeschäfte, ein Antiquariat. Hubert Schlegl war an beinahe allem beteiligt, was in Weiden kulturelle Strahlkraft besitzt. Nun ist er mit 83 Jahren gestorben. Eine Würdigung.

Der bekannte Weidener Buchhändler, Antiquar und Theatermann Hubert Schlegl ist tot. Die Aufnahme entstand anlässlich seines 70. Geburtstags im Jahr 2010. Archivbild: Karin Wilck
Der bekannte Weidener Buchhändler, Antiquar und Theatermann Hubert Schlegl ist tot. Die Aufnahme entstand anlässlich seines 70. Geburtstags im Jahr 2010.

Curd Jürgens holte er nach Weiden auf die Bühne, Inge Meysel auch, Karlheinz Böhm und Liselotte Pulver. Und Hellmuth Karasek war in seinem Antiquariat zu Gast. Dort, in den Räumen an der Ecke Goethestraße/Ringstraße, hielt er seltene, alte Bücher, große Kunst und einzigartige Sammlerstücke wie die Totenmaske von Max Reger in Ehren. Ein Original. Zu schreiben, Hubert Schlegl sei für die Weidener Kulturszene von Bedeutung gewesen, wäre eine Untertreibung. Zu Schlegls Bescheidenheit trotz großer Verdienste würde sie aber passen. Der passionierte Theatermann, Buchhändler und Antiquar ist am 17. Juli im Alter von 83 Jahren gestorben.

"Es bestand Nachholbedarf in Sachen Kunst und Kultur", befand Schlegl vor einigen Jahren im Neuen Tag, als er sich an die Weidener Kulturlandschaft in den 1960er-Jahren zurückerinnerte. "In diese Lücke sind wir gestoßen." Und wie. 1968 ging die "Kleine Bühne" an den Start, eine kulturelle Einrichtung, die bald als kleinster Theaterverein Deutschlands Schlagzeilen machten sollte. Schlegl und seine Mitstreiter knüpften geschickt Kontakte, so dass sie bald die Großen aus Film und Fernsehen nach Weiden lotsen konnten. Die erste Aufführung des neuen Theaters im Josefshaus, Shakespeares "Ein Sommernachtstraum", warf exakt 326,60 Mark Gewinn ab.

Buchläden in Weiden und Amberg

Damals, Ende der 1960er, hatte Hubert Schlegl herausfordernde Jahre hinter sich. 1961 war sein Vater unerwartet gestorben. Schlegl junior brach sein Studium der Nationalökonomie in Moskau ab, machte stattdessen eine Ausbildung in München zum Buchhändler und übernahm das Geschäft der Familie. Zusammen mit seiner Frau Christine leitete er später Buchgeschäfte in Weiden, zunächst in der Schillerstraße, später in der Max-Reger- und dann in der Ringstraße. Auch in Amberg besaßen die Schlegls einen Laden.

Mit dem Literarischen Frühling und Herbst legte Schlegl den Grundstein für die späteren Weidener Literaturtage, die er zusammen mit Bernhard M. Baron und Otmar Schwarzer erschuf. Veit Wagner, heute Vorsitzender des "Kleine-Bühne"-Nachfolgers "Kulturbühne" und einer von Schlegls späteren Wegbegleitern, bezeichnet ihn als Menschen mit "großer Wärme, Humor und feinem Gespür für literarische Spannungsfelder". Schon vor der Wende knüpfte Schlegl inoffiziell Kontakte zur tschechischen Literaturszene.

"Ich rette Bücher"

Besonders hing sein Herz an der Bühne, den Brettern in Weiden, die ihm die Welt bedeuteten. Im Gespräch mit dem Neuen Tag erzählte Schlegl einst von dem ein oder anderen Aufreger. Provokant war etwa 1991 zum Umzug in die Max-Reger-Halle das Stück "Pfarrhauskomödie", ein "richtiger Theaterskandal" sei das gewesen, weil es den Zölibat auf die Schippe nahm. Der Ärger mit dem Dekanat der Stadt war eingepreist. Das "Ehrenzeichen für Verdienste im Ehrenamt" heftete ihm Ministerpräsident Edmund Stoiber drei Jahre später an, dennoch.

2009 endete die Zeit der "Kleinen Bühne" nach 41 Spieljahren. Sie ebnete den Weg für die heutige Kulturbühne. In den Jahren danach kümmerte sich Schlegl zuvorderst um seine Bücherschätze im Antiquariat und nahm Aufträge von Kunden entgegen, für die er seltene Exemplare auftrieb.

"Ich rette Bücher vor dem Verschwinden", sagte er vor Jahren. Hubert Schlegl hinterlässt seine Frau Christine und die Kinder Susanne und Hubert mit ihren Familien. Die Beerdigung findet am 28. Juli im engsten Familien- und Bekanntenkreis statt.

Hintergrund:

Zur Person: Hubert Schlegl

  • Geboren am 16. Januar 1940 in Weiden
  • Studium der Nationalökonomie u.a. in Moskau, Abbruch 1961 nach dem Tod des Vaters
  • Ausbildung zum Buchhändler in München und Einstieg in das Buchgeschäft der Eltern
  • Gründung der "Kleinen Bühne" 1968 als Tourneetheater, Aufführungen im Josefshaus, ab 1991 in der Max-Reger-Halle, Vorgänger der "Kulturbühne"
  • Betreiber zweier Buchläden in Weiden und Amberg sowie Arbeit als Antiquar, zuletzt Ecke Ringstraße/Goethestraße
  • Ausgezeichnet mit dem Ehrenzeichen für Verdienste im Ehrenamt durch Ministerpräsident Stoiber
  • Gestorben am 17. Juli 2023
 
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