Für Kommunen in der nördlichen Oberpfalz scheint die Umsetzung des Ampel-Willens bei der Energiewende noch eine riesige Baustelle zu sein. "Es gibt mehr Fragen als Antworten", betonte der Tirschenreuther Landrat Roland Grillmeier am Donnerstag in der "Dotscheria" bei einem Informationsgespräch für Bürgermeister aus den Landkreisen mit Vertretern des Bayernwerks Netzausbau und Bundestagsabgeordnetem Albert Rupprecht. Grillmeiers Forderung: "Wir brauchen einen Masterplan für die Region."
Leitungen verlegen
Rupprecht sprach von einer "Operation am offenen Herzen." Die Energiewende sei ein hochkomplexes System, höchst widersprüchlich und lasse sich nicht so einfach planen. "Gegen die Bürger geht gar nichts." Was die Wende für die Landkreise bedeutet, erklärte Günther Mertel, der Leiter Hochspannung beim Bayernwerk. "Mehre hundert Kilometer müssen vernetzt werden." Die Bürgermeister forderte er auf, bei der Grundstückssuche behilflich zu sein. "Wir müssen unsere Leitungen ja auch installieren können."
Starke Leitungen zu verlegen leiste Sicherheit der Bürger. "Das ist die große Aufgabe, die vor uns liegt." Und: "Wir brauchen Grundstücke und eine Beschleunigung bei den Genehmigungsverfahren." Was nütze der schönste grüne Strom, wenn der nicht über sichere Leitungen fließe, ergänzte Andreas Kießling. Die Vertreter der Kommunen und Landkreise dürften sich jederzeit an die Bayernwerk-Zentrale in der Moosbürger Straße wenden, versicherte der Bayernwerk-Leiter für Ostbayern, Peter Ketterl. "Wir sitzen alle in einem Boot."
"Allein 2022 haben wir über 2000 Kleinanlagen mit einer Leistung von über 92 Megawatt angeschlossen", hieß es von Bayernwerkseite weiter. "Was wir in rund 20 Jahren Leistung aus Erneuerbaren Energien in den Landkreisen Neustadt und Tirschenreuth ans Netz gebracht haben, haben wir aktuell an Einspeisezusagen für EE-Anlagen erteilt." 593 MW für den Landkreis Neustadt, 366 MW für den Landkreis Tirschenreuth. Eine beachtliche Leistung. Flexibilität werde ein zentraler Baustein im Energiesystem der Zukunft sein.
Bauzeit mehrere Jahre
Von der Planung bis zur Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage auf einer Freifläche dauere es zwei Jahre. Für einen Windpark ab Zulassung zwei bis drei Jahre. Auch ans Rechenzentrum müsse gedacht werden. Hier dauere die Inbetriebnahme ab der Baugenehmigung in der Regel bis zu vier Jahre. Mit einer Bauzeit von gut zehn Jahren müsse bei Hochspannungs-Freileitungen oder Verkabelungen gerechnet werden.
Aktuelle Leitungsprojekte im Hochspannungsnetz seien der Ersatzneubau Weiden–Forst und Bayreuth Nord–Immenreuth. Voraussichtliche Fertigstellung 2026. Für die Sanierung der Leitung von Grafenwöhr nach Auerbach laufe momentan das Genehmigungsverfahren. Mit Baubeginn werde dort 2024 gerechnet. Bereits im Bau befinde sich der Ausbau des Umspannwerks Weiherhammer. Ebenso die Umspannwerke Forst und Etzenricht. In Grafenwöhr wurde der Bauantrag für einen Ersatzneubau gestellt. In Planung befänden sich die Neubauten und Erweiterungen der Umspannwerke in Kemnath, Eslarn, Floß und Kemnath am Buchberg.
"Keine Placebo-Windparks"
"Wir als Bürgermeister sind wirklich dabei, Wind und Photovoltaik umzusetzen", sagte Eschenbachs Rathauschef Marcus Gradl. "Setzen wir aber auf wirklich verlässliche Energie oder nehmen wir mit offenen Augen die Abwanderung der Großindustrie in Kauf?" Es sei erlaubt zu hinterfragen, ob der eingeschlagene Weg auch ehrlich sei. Hierbei stimmte auch der stellvertretende Landrat von Neustadt, Albert Nickl, zu.
Er empfahl den Bürgermeistern, nicht in Hektik zu verfallen, sondern die Aufgaben strukturiert anzugehen. "Gerade bei der Windenergie sollte sich jede Gemeinde intensiv mit den Flächen beschäftigen und nur wirklich geeignete ausweisen." Placebo-Windparks nützten niemandem. Angesprochen wurden auch Wasserstoff und Biomasse.
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