Windischeschenbach
05.05.2019 - 11:39 Uhr

Blick ins All fasziniert immer wieder

Erneut drängen sich die Besucher im Geo-Zentrum. Auch der letzte Vortrag der Reihe "Der Blick ins All" kommt gut an. Professor Stefan Hölzl spricht über das Nördlinger Ries.

von FSB
Geo-Zentrum-Leiter Frank Holzförster (links) und Referent Stefan Hölzl. Bild: fsb
Geo-Zentrum-Leiter Frank Holzförster (links) und Referent Stefan Hölzl.

Ein riesiger Gesteinsbrocken, ein Asteroid mit einem Durchmesser bis 1,5 Kilometer, schlug vor 15 Millionen Jahren mit einer Geschwindigkeit von 17 Kilometer pro Sekunde in die Kalkgesteine zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb ein. Er hinterließ einen 25 Kilometer großen Impaktkrater, der zu den am besten erhaltenen der Erde zählt und schuf so das nahezu kreisförmige flache Nördlinger Ries, das heute ein Freiluftlabor für die Forschung ist.

Professor Stefan Hölzl untersuchte als Isotopengeochemiker an der LMU München auch Bohrmaterial der KTB und leitet seit 2013 das Rieskrater-Museum in Nördlingen. Dieses bietet eine Übersicht über die Entstehung von Einschlagkratern, veranschaulicht die Entstehung des Nördlinger Ries und zeigt verschiedene Exponate, darunter ein 165 Gramm schweres Stück Mondgestein, das die Apollo-16-Astronauten 1972 zur Erde zurückbrachten. In sein Referat flossen jüngste Erkenntnisse einer soeben stattgefundenen Tagung von Wissenschaftlern aus der ganzen Welt im Museum ein.

Der sogenannte "Ries-Impakt" war ein heftiges Ereignis, das allerdings auf die Rotationsachse oder des Klima keine Auswirkungen hatte. Er ist erdgeschichtlich gesehen erst "gestern" passiert: Denkt man sich die Geschichte der Erde auf zwölf Stunden verkürzt, wären die Dinosaurier, vermutlich durch den Einschlag eines 10-Kilometer-Asteroiden, um 11.50 Uhr, ausgestorben, erfolgte der Ries-Impakt um 11.57 Uhr und die ersten Menschen um 11.59 Uhr. Seit Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Krater des Ries als Vulkankrater gedeutet. Erst 1960 konnten die US-Geologen Shoemaker und Chao nachweisen, dass tatsächlich ein Einschlag die Ursache war.

Das benachbarte, viel kleinere Steinheimer Ries entstand durch den Impakt eines kleinen Mondes dieses Asteroiden. Die Explosion beim Auftreffen des Ries-Asteroiden hatte eine Energie von 200 000 bis eine Million Hiroshimabomben. Dabei entstanden Temperaturen bis zu 35 000 Kelvin. Das Deckgebirge wurde weggesprengt, das darunter liegende kristalline Grundgebirge extrem verdichtet und geschmolzen, der Asteroid aufgelöst. Im Umkreis von 100 Kilometern erlosch alles Leben. Schon vor dem Aufprall erhitzte die Druckwelle mit Überschallgeschwindigkeit Teile des Himmelskörpers, die in die Stratosphäre hochgeschleudert wurden, zu Glas erstarrten (Tektite) und bis zu 400 Kilometer entfernt landeten. So findet man heute noch in der Gegend von Prag viele winzige, grünlich gefärbte Diamanten, die Moldavite (0,2 Gramm pro Tonne Gestein). Das Leben kehrte ins Nördlinger Ries schnell zurück. Es bildete sich ein Salzwassersee, der in den folgenden zwei Millionen Jahren verlandete. Während der Eiszeiten wurde der heutige Rieskessel durch Erosion freigelegt und Löß eingetragen, Grundlage für die intensive landwirtschaftliche Nutzung.

Alle Himmelskörper unseres Sonnensystems mit fester Oberfläche besitzen solche Krater. Auch die 4,5 Milliarden alte Erdgeschichte ist wesentlich durch die Einwirkung von Einschlägen kosmischer Objekte geprägt. Immer noch fallen jährlich etwa 200 000 Meteoriden auf die Erde. Kleinere Körper verglühen und zerfallen zu Staub, größere (ab 50 Meter Durchmesser) schlagfen als Meteorit oder gar als Asteroid ein. Sie stammen vorwiegend aus dem Hauptasteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter. Hölzl sieht angesicht der "Leere des Weltraums" keine Gefahr für die Menschheit.

Humorvoll gab er den Rat, zur Sicherheit ins Nördlinger Ries zu ziehen, denn zwei Einschläge am gleichen Ort seien unwahrscheinlich. Wegen des großen Interesses an dieser Gegend plant Frank Holzförster, wissenschaftlicher Leiter des Geo-Zentrums, am 7. September einen Tagesausflug mit dem Bus.

 
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