Eine fränkische Lebensweisheit sagt: „Wenn du es eilig hast, tu langsam.“ Die macht sich auch der fränkische Kabarettist und Schauspieler Matthias Egersdörfer zu eigen. In dieser Langsamkeit hat er auch sein neues Programm geschrieben, hat es als „langsam“ betitelt, in dieser Langsamkeit trägt er es auch vor. Er stemmt sich darin mit einer trägen Wucht gegen die Schnelligkeit der Welt. Am Freitag gastierte der Träger des Deutschen Kabarettpreises damit erstmals auf der Kleinkunstbühne der Futura.
Kabarettfans ist er schon seit langem ein Begriff, Fernsehzuschauer kennen ihn aus dem Franken-Tatort als Leiter der Spurensicherung: Matthias Egersdörfer ist der Grantler vom Dienst. Das liegt nicht zuletzt auch an seinem mittelfränkischen Dialekt, der das Markenzeichen des gebürtiges Nürnbergers und wohnhaften Fürthers ist. Ein weiteres Erfolgsrezept auf der Bühne sind seine unnachahmlichen Wutausbrüche. Dabei regt er sich oft aus dem Nichts heraus wegen Allem und Jedem auf. Zum Beispiel darüber, dass seine Frau die CO²-neutrale Kuckucksuhr daheim nie aufzieht, oder im Gegensatz zu ihm am 750 Meter langen Frühstücksbuffet im Urlaubshotel strukturiert denkt.
Bibel nicht verschont
Egersdörfer versteht es, seine Geschichten hervorragend satirisch zu überzeichnen, wie zum Beispiel seine Erkenntnisse aus der Bibel in Matthäus 28, Vers 8. Darin haben zwei Männer „einen Sprung in der Schüssel“. Den Wahnsinn treibt ihnen Jesus aus. Er führt dabei jedoch in eine Schweineherde, die sich in daraufhin in einen Abgrund stürzt. „Was passierte mit dem Schweinehirten, der die Verantwortung hatte?“, fragte er sich. Hatte Jesus vielleicht für solche Fälle einen Entschädigungsfond praktisch für Kollateralschäden innerhalb eines Wunders?
Das Spektrum seiner im Programm versammelten Geschichten reichte dabei von den Qualen aufgrund von Entscheidungsunfähigkeit bei der Brotauswal, über die Verweigerung leichter handwerklicher Tätigkeiten im Rotlichtmilieu, bis zu unschönen Begleitumständen beim Zubereiten einer wohlschmeckenden Zucchinicremesuppe. Sein Humor und seine Sprache sind deftig. Ausführlich erklärte er, wie man seine fränkische Lebensweisheit auch auf den Geschlechtsverkehr anwenden könne. Im Zentrum seiner Gemächlichkeitsekstasen stand immer wieder sein Freund Philipp Moll, der unter anderem so langsam Rad fuhr, dass er gerade nicht umfiel.
Modern Jazz polarisiert
Alles in seinem Programm kam aber nicht bei jedem im Futura-Publikum gut an. Als er in seinem Programmteil über den Jazz-Bassisten und Autor Charles Mingus kurzerhand ein Stück des Künstlers in voller Länge abspielte und das Publikum eine volle Dröhnung Modern Jazz über sich ergehen lassen musste, verließ ein verärgertes Ehepaar den Raum. „Das kannst du dir auch mit fünf Zoigl nicht anhören“, lautete der Kommentar des Mannes. Dem Kabarettisten konnte man im Gegensatz dazu seine spitzbübische Freude an dem Programmteil im Gesicht ablesen.
Nach über zwei Stunden mittelfränkischer Urgewalt hatte der „Egers“ am Ende noch einen Rat für seine Zuhörer: „Machen sie alle etwas langsamer, wenn es geht“.
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