Die Podcast-Folge mit Maximilian Braun und Tino Dubrowski:
Nicht einmal 14 Jahre war Maximilian Braun damals alt, als er selbst die Notbremse zog. "Ich habe mich dazu entschieden, das Jugendamt einzuschalten", erklärt der heute 21-Jährige. Er wuchs in Mitterteich im Landkreis Tirschenreuth auf. Es seien viele Dinge in seinem vergangenen Leben passiert – unter anderem häusliche Gewalt. Er redet nicht gerne über sein altes Zuhause, dafür aber umso lieber über sein neues. Er kam schließlich nach Windischeschenbach (Landkreis Neustadt/WN) ins Kinderheim. Erst in die Kinder- und dann in die Jugendgruppe.
Das Kinderheim trägt den Namen "Haus St. Elisabeth". Und eigentlich ist "Kinderheim" auch ein veralteter Ausdruck. Heute würde man eher von einer stationären Jugendhilfeeinrichtung sprechen, erklärt Tino Dubrowski (48). Er ist einer der Erzieher in der Jugendgruppe, in der bis zu neun junge Menschen im Alter von 14 bis circa 18 Jahren zusammenleben. Und er half auch Maximilian Braun bei seinem Neustart ins Leben. Nach Angaben der Einrichtung leben die Mädchen und Jungen auf zwei Etagen in Einzelzimmern. "Sie haben verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten, um sich in ihrem Zimmer einzurichten und diesem eine persönliche und wohnliche Note zu verleihen. In der zentral gelegenen Küche spielt sich sehr viel Leben ab."
Fünf pädagogische Fachkräfte, eine psychologische Fachkraft und eine hauswirtschaftliche Mitarbeiterin übernehmen in der Jugendwohngruppe die Betreuung. Die Einrichtung in Windischeschenbach ist Teil der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg. "Ich glaube, dass die Vorurteile groß sind", sagt Maximilian Braun. Und auch Tino Dubrowski erklärt, dass Besucherinnen und Besucher oftmals überrascht seien, dass die Kühlschränke nicht abgesperrt seien und es auch keine Schlafsäle gebe.
Ausbildung bei der Bank
Fünf Jahre verbrachte Maximilian Braun im "Haus St. Elisabeth". "Es war eine sehr schöne Zeit", sagt er. Er habe dort genau die Liebe erfahren, die er als Kind noch vermisst hatte. Es ist zu seinem neuen Zuhause geworden. Und das sei es immer noch, obwohl er nicht mehr dort wohnt. Maximilian Braun hat inzwischen eine Ausbildung bei der Bank erfolgreich abgeschlossen und arbeitet nun bei Schott. Doch zu Besuch kommt er immer noch gerne vorbei – Geschenke und Ratschläge für die aktuellen Bewohner hat er dabei immer im Gepäck. Und natürlich möchte er auch Tino Dubrowski wiedersehen. "Mir ist es wichtig, auch die Personen zu besuchen, die mich begleitet haben", sagt Maximilian Braun. Er wolle da keinen Cut machen.
Und eben genau das gehöre zum Konzept der Jugendwohngruppe, betont Dubrowksi. Es gehe in erster Linie darum, eine tiefe vertrauensvolle Beziehung zwischen Erzieher und Bewohner aufzubauen, die dann auch logischerweise länger andauert – bestenfalls über die Wohndauer im "Haus St. Elisabeth" hinaus. "Wir können die Eltern nicht ersetzen, wollen wir auch nicht", sagt Tino Dubrowski. Die Erzieherinnen und Erzieher in Windischeschenbach wollen eher eine Ergänzung zur eigentlichen Familie sein, auf keinen Fall die Konkurrenz. Laut Angaben der Einrichtung sei auch eine Rückführung in die Herkunftsfamilie nicht ausgeschlossen. Das hänge jedoch immer vom individuellen Hilfebedarf der oder des Jugendlichen ab.
Selbstbestimmtes Leben
Und Tino Dubrowski betont: Es gehe darum, die Kinder und Jugendlichen auf ein selbstbestimmtes Leben vorzubereiten. Deswegen werden im "Haus St. Elisabeth" auch die Tagesabläufe und Aufgaben strukturiert. Freizeit-Slots gibt es genauso wie feste Hausaufgaben-Zeiten. Vermittelt werden zudem lebenspraktische Fähigkeiten wie zum Beispiel das Zubereiten von Mahlzeiten oder das Einteilen von Geld.
"Zum Tino habe ich immer ein sehr gutes Verhältnis gehabt", sagt Maximilian Braun. Und das obwohl der heute 21-Jährige eine durchaus anspruchsvolle Lebensphase unter Dubrowskis Betreuung verbracht hatte – die Pubertät. "Es ist der beste Job der Welt", antwortet der Erzieher gelassen auf die Frage, ob das nicht viel Druck sei, mit bis zu neun pubertierenden Menschen zu arbeiten. Zuspätkommen oder Liebeskummer, genau diese Themen würden ihm in seiner alltäglichen Arbeit immer wieder begegnen. Und das sei auch völlig in Ordnung so. Die Pubertät hat Maximilian Braun schon längst hinter sich – und nun? Irgendwann wolle er auf jeden Fall eine eigene Familie gründen, sagt er. "Ich habe mir immer geschworen, die Fehler, die damals bei mir gemacht wurden, nicht zu machen."
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