Ein Gelübde, das die Winklarner jährlich erfüllen, geht auf den Dreißigjährigen Krieg zurück. Die Gläubigen flehten damals den heiligen Sebastian an, sie von der Pest zu befreien. Zum Dank dafür wird jedes Jahr eine Prozession durchgeführt – mit einem ganz besonderen Outfit.
Manches der alten Tradition hat sich verändert oder findet nicht mehr statt. So wurde das Fest aus wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Gründen vom Namenstag (20. Januar) auf den folgenden Sonntag verschoben, auch die Einkehr in den früher zahlreichen Wirtshäusern findet verkürzt und auch nur mehr in zwei Gaststätten statt. Es geht auch kein Brezenbursche mehr durch, der sein Salzgebäck zum Bier anbietet.
Eine Besonderheit blieb aber: Die Sebastiansstatue auf dem geschmückten Traggestell wird nach wie vor von vier Männern im Frack, mit Zylinder und weißen Handschuhen in einer Prozession um den Marktplatz getragen.
Nach Erzählungen geht diese Kleidung auf die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg zurück. Dazu steht in der Chronik: "In früherer Zeit von vier Bürgersoldaten getragen.“ Man vermutet, dass Soldaten bevorzugt wurden, weil der heilige Sebastian auch Soldat war. „Frack und Zylinder waren die Hochzeitskleidung der Bürger und Bauern, somit Festkleidung zu diesem großen Fest. „Wer Sebastiansträger werden wollte und selber diese passende Kleidung nicht im Haus hatte, musste sie von Verwandten und Bekannten ausleihen“, erzählt der über 80 jährige ehemalige Winklarner Hans Ebner.
In den 1930er Jahren übernahmen diesen damals ehrenhaften und begehrten Dienst der Burschenverein und später junge Männer der Kolpingsfamilie. Die „noble Kleidung“ wurden im ganzen Ort nach Bedarf ausgeliehen. In den 1980er Jahren wurde dies immer schwieriger, die Größen passten nicht mehr und auch der Zahn der Zeit nagte an den Stoffen.
In einem Jahr wurde die Statue im Anzug getragen, dann folgte ein Versuch mit dem orangefarbenen Kolpings-Sweatshirt. Aber all das fand keinen Gefallen bei der Bevölkerung, Frack und Zylinder wollte man beibehalten. Wieder wurde auf die alten Klamotten zurückgegriffen, bis Bäckermeister Sebastian Wellnhofer sen. Anfang der 1990er Jahre vier neue Fracks finanzierte.
Genäht wurden die neuen Jacken von Hannelore Rückerl aus Weislitz. Je nach Figur und Bedarf können diese enger und weiter gemacht werden, da die Träger meist jährlich wechseln. So hat diese Prozessions-Kleidung schon über 100 Jahre in Winklarn Tradition. Dieses Jahr konnte für dieses besondere Fest Weihbischof Josef Graf als Hauptzelebrant und Festprediger gewonnen werden.
Das Gelübde
- Ursprung: Das Sebastiani-Gelübde geht auf das Jahr 1635 zurück. Im Dreißigjährigen Krieg herrschte in Winklarn die Pest. Mangelnde Hygiene tat ihr "Bestes" zur Verbreitung des „Schwarzen Todes“, wie die Pest oft genannt wurde. Kaiserliche Truppen hatten den schwarzen Tod eingeschleppt.
- Todesfälle: Innerhalb von zwei Wochen starben 229 Menschen.
- Der heilige Sebastian: In Altbayern der Pestheilige. Fast in jeder alten Kirche ist eine Statue des Heiligen zu finden – an einen Baum gefesselt und von Pfeilen durchbohrt. Denn der Legende nach ließ Kaiser Diokletian Sebastian an einen Baum binden und mit Holzpfeilen martern. Schon in der griechischen Mythologie findet man die Vorstellung, dass Pestgeschwüre von den Pfeilschüssen einer zürnenden Gottheit verursacht werden. Und so wurde der von Pfeilen durchbohrte Märtyrer zum Schutzheiligen gegen die Pest.
- Das Versprechen: Tief verwurzelt im Glauben sahen die Bürger nur noch Hilfe im Gebet. So schickten sie Bittrufe zum heiligen Sebastian, er möge sie doch von der Pest befreien. Zum Dank versprachen sie alle Jahre einen feierlichen Gottesdienst mit Prozession an seinem Namenstag zu feiern. Die Pest wurde überwunden und in Winklarn wird seitdem das Sebastianifest feierlich begangen.
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