Nach Rückenleiden sind psychische Erkrankungen eine der häufigsten Ursachen für Fehlzeiten am Arbeitsplatz. Lösen Ängste oder Depressionen auch körperliche Schmerzen aus, dann sprechen Mediziner von psychosomatischen Störungen. Eben solche Krankheitsbilder werden unter anderem im Bezirksklinikum in Wöllershof behandelt. Der Bedarf an stationären Betten ist groß. Bezirk und die Krankenhausträgergesellschaft medbo bauen deshalb das Fachgebiet Psychosomatik am Standort in Reiserdorf weiter aus.
Für rund 16,9 Millionen Euro wird die Fachabteilung durch einen Neubau erweitert. „Hier entstehen moderne Zimmer und Therapieräume nach den neuesten medizinischen Standards“, sagte Klinikumsdirektor Dr. Markus Wittmann bei der Vorstellung des Baufortschritts.
Es ist ein langer Riegel, der sich oberhalb „Haus 14“ und neben „Haus 12“ auf dem parkähnlichen Klinikgelände einfügt. Drei Stockwerke hoch, von denen eines im Hang „verschwindet“. 2403 Quadratmeter Nutzfläche stünden zur Verfügung, erklärte Marco Hutzler, Abteilungsleiter Infrastruktur bei der medbo. Im Untergeschoss wird künftig noch mehr Platz sein für die physikalische Therapie. Ein unerlässlicher Baustein in der Behandlung der verschiedenen Krankheitsbilder, die durch Ängste, Depressionen oder private Konflikte ausgelöst werden können, so Dr. Wittmann. Zum Therapieangebot zählen unter anderem Krankengymnastik, Sport- und Bewegungstherapie, Elektro- und Lichttherapie und auch ein Dampfbad.
Im Erdgeschoss wird die psychosomatische Station (bisher im „Haus 12“) untergebracht: 21 Betten in drei Einzel- und neun Doppelzimmern. Die vier teilstationären Behandlungsplätze der Psychosomatik (Tagesklinik) aus „Haus 5“ werden in den Neubau integriert. Die Patienten kommen hier morgens zu ihren Therapieeinheiten und verlassen das Haus am Nachmittag wieder.
Neue Komfortstation
20 Betten in Einzelzimmern zählt die künftige Komfortstation im Obergeschoss. Eine solche gibt es bereits seit Jahren am Standort in Regensburg, erklärte Wittmann. Es sei nichts Neues, nur eine andere Art der Unterbringung für Kassen- wie Privatpatienten, die sich in Abstimmung mit den Krankenkassen etwas mehr leisten wollen.
Dass eine schöne Umgebung Heilungsprozesse beschleunigt, ist medizinisch erwiesen. Und so dürften auch die großen zum Park hin angebrachten Glasfronten des Neubaus den Blick der genesenden Patienten schweifen lassen. Die durchschnittliche Verweildauer der Patienten beträgt laut Wittmann rund 20 Tage. Großzügige Gemeinschaftsflächen und Zimmergrößen (unter anderem auch behindertengerecht) und nur zwei Flure sorgen für angenehmen Aufenthalt und kurze Wege für Pflegepersonal und Patienten, lobt der Klinikumschef die Funktionalität des Gebäudes, das fast an ein Hotel erinnere.
Das Haus präsentierte sich beim Rundgang am Mittwoch noch als Baustelle, ließ aber die Großzügigkeit erahnen, die die Handschrift des Architekturbüros Brückner & Brückner aus Tirschenreuth trägt. Funktional und nachhaltig auch die technische Ausstattung mit Fernwärmeanschluss im Untergeschoss und Photovoltaikanlage auf dem Dach.
Dass in Wöllershof alles nach Plan läuft, freute auch Lothar Höher. Der Bezirkstagsvizepräsident war zwei Jahre nach Baubeginn sichtlich froh über das erste Treffen in Präsenz. „Die Medizin zu den Menschen bringen ist unser Weg. Psychische Erkrankungen waren früher Tabuthemen. Das hat sich mittlerweile geändert, auch dank der Arbeit, die in Wöllershof geleistet wird. Das hier ist unser Mutterschiff“, sagte Höher. Auch als Arbeitgeber seien die Einrichtungen des Bezirks von Bedeutung. In der Region würden rund 2000 Mitarbeiter beschäftigt.
Suche nach Personal
„417 Mitarbeiter sind es in Wöllershof. Als ich vor 32 Jahren hier anfing waren es keine 200“, verwies Konrad Kastner, Direktor für Wirtschaft und Finanzen auf die Entwicklung. Am Standort Weiden (Kinder- und Jugendpsychiatrie) kämen noch einmal 100 Mitarbeiter dazu. Der Bedarf an Personal sei groß. „In Wöllershof könnten wir jetzt schon 430 Mitarbeiter gebrauchen“, so Kastner. Glücklicherweise habe man genügend Ärzte gefunden. „Nicht selbstverständlich, denn die gehen normalerweise lieber in Großstädte.“ Für den Bedarf im neuen „Haus 13“ werde Wöllershof intern Personal umschichten. Parallel laufe die Suche nach neuen Pflegekräften weiter.
„Eine schwierige Phase im Gesundheitssystem“ sei das gerade, fand Klinikumsleiter Wittmann. Neben Corona seien die weiteren Herausforderungen groß. Mitarbeiterknappheit, hohe Kosten und die Digitalisierung müssten bewältigt werden.
Umso wertvoller seien da Investitionen, dankte Störnsteins Bürgermeister Markus Ludwig. „Ein großes Klinikum in einer kleinen Gemeinde. Psychiatrie habe einen Imagewandel erlebt, Stigmatisierungen würden weniger. Wöllershof genieße eine guten Ruf und der Neubau sei ein weiterer Schritt, das ganze Ensemble zu modernisieren.
Baukosten in Höhe von 16,9 Millionen Euro wurden für die Maßnahme damals veranschlagt. Davon sind 11,9 Millionen Euro förderfähig. Ob es bei den Summen bleibt, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt aber nur schwer sagen. „Zweidrittel der Gewerke sind ausgeschrieben. Die letzten Pakete laufen gerade. Wir werden sehen, welche Überraschungen da noch auf uns zukommen“, sagte Marco Hutzler. Der Ukraine-Krieg mache vieles unabwägbar. Um 10 bis 15 Prozent könnten die Baukosten durchaus steigen, hält er für realistisch. Die förderfähigen Kosten würden aber auch „mitwachsen“.
Mit Blick auf das benachbarte „Haus 12“, das sich bald leeren wird, könnte die nächste Investition anstehen. „Das wird sicher bald dran sein, aber es gibt noch keine konkreten Pläne“, sagte Hutzler. Auch „Haus 5“ müsse saniert werden. Bei beiden Gebäuden habe aber neben dem Gesundheitsministerium auch der Denkmalschutz noch ein Wort mitzureden.
Neue psychosomatische Station ("Haus 13")
- Was? 1 Psychosomatische Station mit 21 stationären Betten und 4 integrierten teilstätionären Plätzen (3 Einbett- und 9 Doppelzimmer); 1 Komfortstation mit 20 Betten (Einbettzimmer); im Untergeschoss erweiterte physikalische Therapie
- Für wen? Unter anderem Patienten mit psychosomatischen Störungen, also körperlichen Beschwerden, die seelisch verursacht sind, z. B. durch hohe seelische Anspannung, Stress, Ängste, Depressionen. Nach Muskel-Skelett-Erkrankungen (22,1 Prozent) sind psychische Erkrankungen (12 Prozent) die häufigste Ursache für Fehlzeiten am Arbeitsplatz (Quelle: AOK, 2021)
- Bauzeit? Knapp 4 Jahre; Fertigstellung Oktober 2023
- Nutzfläche? 2403 Quadratmeter auf drei Etagen
- Kosten? Ausgangsbasis: 16,9 Millionen Euro (davon 11,9 Millionen Euro förderfähig); Verteuerung möglich durch Materialknappheit in der Ukraine-Krise
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