Wunsiedel
22.02.2022 - 16:01 Uhr

Bergwacht Fichtelgebirge: 100 Jahre Arbeit für Mensch und Natur

Die Bergwacht Bayern feiert runden Geburtstag. Einige Jahrzehnte lang hatte sie sich dem Bewahren der Umwelt verschrieben. Erst später übernahm sie unter dem Dach des Roten Kreuzes auch Rettungsaufgaben.

Einsatzkräfte der Bergwacht trainieren regelmäßig bei Übungen, um auf alle Einsatzszenarien vorbereitet zu sein. Symbolbild: Swen Pförtner/dpa
Einsatzkräfte der Bergwacht trainieren regelmäßig bei Übungen, um auf alle Einsatzszenarien vorbereitet zu sein.

Von Dietmar Herrmann

Sie ist nicht nur für den Menschen da, sondern auch für die Natur: Die Bergwacht Bayern, die heuer ihr 100-jähriges Bestehen feiert, hatte sich in den Gründer-Jahrzehnten dem Naturschutz verschrieben und sich erst später auch die Rettung verunglückter oder plötzlich erkrankter Menschen in der Natur zur Aufgabe gemacht. Die Bergrettungs- und Naturschutzorganisation in den bayerischen Alpen und in den bayerischen Mittelgebirgen ist heute Teil des Bayerischen Roten Kreuzes. In sieben Regionen gibt es mehr als 111 Bereitschaften.

Wie kam es zur Gründung der Bergwacht im Fichtelgebirge? Das Ende des Ersten Weltkriegs entfachte bei vielen Menschen eine falsch verstandene Freiheit, die zum Teil im Vandalismus endete. Darunter hatten vor allem der Wald und die Anlagen des Fichtelgebirgsvereins (FGV) zu leiden. Dies zwang auch den Fichtelgebirgsverein zum Handeln, um der Entwicklung entgegenzusteuern.

Bereits am 15. Juni 1922 hieß es in einer offiziellen Mitteilung des Hauptvorstands des Fichtelgebirgsvereins an die Ortsgruppen: "Kontroll- und Überwachungsorgane (eine Wald- und Bergpolizei) sind auch im Fichtelgebirge dringend notwendig. Die Ortsgruppen werden ersucht, vorerst je zwei energische Mitglieder, die eifrige Touristen sind, als Vertrauensleute an die Hauptgeschäftsstelle zu benennen."

"Verhütung von Auswüchsen"

Die Idee zur Schaffung einer Bergwacht im Fichtelgebirge wurde am 2. Juli 1922, auf einer FGV-Hauptausschusssitzung im Gasthof "Zur Sonne" in Wunsiedel, vorgetragen. Im Versammlungsprotokoll hieß es unter dem Punkt "Sonstiges" den Naturschutz betreffend: "Zur Verhütung von Auswüchsen in der Touristik, zur Schonung der Anlagen und Bauten des Vereins, zum Waldschutz einschließlich des Singvogelschutzes soll der FGV ähnlich wie der Alpenverein eine Bergwacht ins Leben rufen und geeignete Mitglieder aus allen Ortsgruppen mit behördlichen Ausweisen versehen." Die Verhandlungen mit der Bergwacht des DÖAV München und der Regierung von Oberfranken wurden dem FGV-Hauptvorsitzenden übertragen.

Der FGV-Hauptausschuss hatte die Wichtigkeit einer solchen Organisation erkannt und noch in der gleichen Sitzung einen Beschluss gefasst. Darin war klar festgelegt, dass die zu gründende Bergpolizei einzig und allein ein Organ des Fichtelgebirgsvereins sei und nur aus Mitgliedern desselben bestehen darf. Nach umfangreichen Vorarbeiten durch den Hauptausschuss legte dieser am 16. Juli 1922 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung im Gasthof "Zum Reichsadler" in Weißenstadt eine neue Satzung vor, die auch die Gründung der Bergwacht Fichtelgebirge zum Inhalt hatte. Diese Vorlage wurde um 14 Uhr von der Versammlung beschlossen. Es erfolgte auch die Eintragung ins Vereinsregister des Amtsgerichts Wunsiedel.

Diese erste Bergwachtabteilung für das gesamte Fichtelgebirge unter der Leitung des FGV-Hauptvorstands Adam Wilhelm Herrmann bestand aus den Mitgliedern aus den Ortsgruppen Wunsiedel, Schönwald, Bayreuth, Selb, Rehau und Hof. Eine erste Besprechung der neu gegründeten Bergwacht fand am 1. Oktober 1922 in Wunsiedel statt. Bei diesem Treffen wurden die Mitglieder unter anderem über die Ziele und Aufgaben der Einrichtung informiert. Durch den Bezirk wurde der jeweilige FGV-Hauptvorsitzende als Vorsitzender des "Bezirksausschusses für Natur- und Heimatschutz" bestellt. Eine weitere Versammlung folgte am 29. April 1923 auf dem Waldstein. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte die Bergwacht im Fichtelgebirge 16 Mitglieder. Bei dieser Versammlung wurde auch dem Antrag auf Erweiterung der Bergwacht von 16 auf 24 Personen stattgegeben.

Als neuer Vorsitzender wurde bei diesem Treffen Otto Peter aus Schwarzenbach gewählt. Er führte das Amt bis 1927, ihm folgte als Vorsitzender Leo Ruckdäschel aus Bad Berneck. Im März 1932 übernahm Otto Müller aus Hof, der nach dem Zweiten Weltkrieg auch für den Wiederaufbau der Bergwacht im Fichtelgebirge verantwortlich war. Im Jahr 1923 erfolgte auch der Anschluss an die 1920 in München gegründete "Deutsche Bergwacht", die offizielle Bezeichnung lautete nun "Deutsche Bergwacht, Abteilung Fichtelgebirge".

So entstanden im Laufe der Zeit Bereitschaften im "Abschnitt Fichtelgebirge" in folgenden Orten: Bayreuth (Stützpunkt Fleckl, Gemarkung Warmensteinach), Hof (Stützpunkt beim Seehaus), Rehau (Stützpunkt am Kornberg bei der Vorsuchhütte), Schönwald, Selb (Stützpunkt im Wellerthal), Wunsiedel (Stützpunkt auf der Luisenburg), Marktredwitz (Stützpunkt im Steinwald), Weißenstadt (Stützpunkt auf dem Schneeberg), Arzberg, Bad Berneck (Stützpunkt Karches), Schwarzenbach/Saale (Stützpunkt am Rudolfstein), Tröstau (Stützpunkt auf der Kösseine), Oberkotzau (Stützpunkt im Waldsteinhaus), Vordorf, Kirchenlamitz (Stützpunkt am Epprechtstein), Fichtelberg-Neubau (Stützpunkt im Asenturm auf dem Ochsenkopf), Bischofsgrün (Stützpunkt Talstation Nord der Ochsenkopf-Schwebebahn), Mehlmeisel (Stützpunkt an der Liftstation), Schwarzenbach/Wald (Stützpunkt am Döbraberg). Ab 1923 kam es bei den Ortsgruppen Marktredwitz und Weißenstadt des FGV zur Gründung eigener Bergwacht-Abteilungen, denen im Lauf der Jahre weitere folgten.

Aber auch das Aufgabenfeld der Bergwacht veränderte sich im Lauf der Jahre. Aus dem Naturschutz- und Ordnungsdienst wurde durch den zunehmenden Wander- und Skitourismus auch ein Sanitäts- und Rettungsdienst. Um weiterhin effizient arbeiten zu können, war eine Aufteilung des Fichtelgebirges in Abschnitte unerlässlich. Ebenso mussten nun Dienstpläne für den Sommer und Wintereinsatz erarbeitet werden.

Dem Militär unterstellt

Das Dritte Reich brachte ab 1933 wieder Veränderungen für die Bergwacht mit sich. Mit Kriegsbeginn wurde sie dem Bergrettungsdienst des Heeres unterstellt. 1945, nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, mussten Bergwacht und Fichtelgebirgsverein aufgrund eines Erlasses der Besatzungsmächte ihre Tätigkeit einstellen.

Am 19. September 1945 wurde das Bayerische Rote Kreuz vom Hauptquartier der 3. US-Armee beauftragt, einen alpinen Sanitäts- und Rettungsdienst mit der Dienstbezeichnung "Bergwacht" aufzubauen. Am 16. Februar 1946 wurde die Bergwacht als selbstständige Gemeinschaft an das BRK angegliedert. Das bisherige Symbol der Bergwacht, das grüne Kreuz, wurde durch das rote Kreuz im Edelweiß und den Namenszug "Bergwacht" ausgetauscht.

Zunächst eine Art Sittenpolizei im Gebirge, traten die Mitglieder der Bergwacht bald an, um verletzte Wanderer aus unwegsamen Gelände zu bringen. Bild: Archiv Fichtelgebirgsverein/exb
Zunächst eine Art Sittenpolizei im Gebirge, traten die Mitglieder der Bergwacht bald an, um verletzte Wanderer aus unwegsamen Gelände zu bringen.
Bergrettung im Fichtelgebirge. Bild: Fichtelgebirgsverein/exb
Bergrettung im Fichtelgebirge.
Hintergrund:

Bergwacht Fichtelgebirge

  • Bestehend aus acht Bergrettungswachen und zwei ergänzende Bergwachten mit über 250 aktiven Bergrettern
  • Standorte sind Bayreuth, Bischofsgrün, Fichtelberg-Neubau, Mehlmeisel, Schönwald, Schwarzenbach/Wald, Steinbach, Tannenberg, Weißenstadt und Wunsiedel
  • Spezialisten der Region: Rettungshundestaffel mit neun einsatzfähigen Hunden, Kriseninterventionsdienst-Team, Höhlenretter
  • Zuständigkeit für Oberfranken und Teile der Oberpfalz

"Kontroll- und Überwachungsorgane (eine Wald- und Bergpolizei) sind auch im Fichtelgebirge dringend notwendig. Die Ortsgruppen werden ersucht, vorerst je zwei energische Mitglieder, die eifrige Touristen sind, als Vertrauensleute an die Hauptgeschäftsstelle zu benennen."

Zitat aus einer offiziellen Mitteilung des FGV-Hauptvorstands an die Ortsgruppen des Fichtelgebirgsvereins aus dem Juni 1922

 
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