Selbst durch das Telefon ist Martin Pepiuks Lächeln im Gesicht zu erahnen: "Wenn ich heute noch an dieses Spiel zurückdenke, bekomme ich sofort wieder Gänsehaut", sagt der ehemalige Torwart des SV Neusorg über den 2:0-Erfolg gegen den SSV Jahn Regensburg in der Landesliga Mitte. Ja genau, gegen den SSV Jahn Regensburg, der seit vier Jahren fester Bestandteil der 2. Fußball-Bundesliga ist, und der am Mittwochabend, 7. April, um 18.30 Uhr zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte im Viertelfinale des DFB-Pokals steht. Dann gastiert Bundesligist SV Werder Bremen mit rund vierwöchiger Verzögerung im Jahnstadion Regensburg zum Duell um den Einzug in die Runde der letzten Vier. Elf Coronafälle rund um den Kader der Regensburger hatten eine Verlegung der ursprünglich am 2. März angesetzten Pokalpartie erfordert.
"Wenn ich heute noch an dieses Spiel zurückdenke, bekomme ich sofort wieder Gänsehaut."
Über 24 Jahre liegen zwischen dem Regensburger Vereinshöhepunkt und der Talfahrt, die den SSV Jahn bis hinab in die damals fünftklassige Landesliga führte. Am 20. August 1997 musste die Mannschaft von Trainer Josef "Sepp" Schuderer am 5. Spieltag der Saison 97/98 in die nördliche Oberpfalz reisen. Zum frischgebackenen Aufsteiger SV Neusorg. Dank tatkräftiger finanzieller Unterstützung von Sponsor Willi Rosner und der sportlichen Expertise von Trainer Franz Dürrschmidt gelang den Neusorgern von 1991 an der Durchmarsch von der damaligen C-Klasse (heute A-Klasse) bis in die Landesliga. "Ich will die Ergebnisse des SV Neusorg im Videotext lesen können", begründete der inzwischen verstorbene Rosner stets seine Sponsorentätigkeit.
"Dorfverein gegen Topverein"
"Das hatte schon was von Dorfverein gegen Topverein", erinnert sich Jörg Hermann, damaliger Torschütze zum 2:0-Endstand im Dress des SVN. 1150 Zuschauer pilgerten zum Duell der Gegensätze in die Steinwalder Straße in Neusorg – bis heute Vereinsrekord. "Es herrschte eine Megastimmung und war für jeden einzelnen Spieler in unserer absolut geilen Truppe ein riesiges Erlebnis", schwärmt Keeper Pepiuk noch heute. Der damalige Neusorger Angreifer Christian Stadler spricht auch 24 Jahre nach dem Coup noch von Volksfeststimmung. "Das war eine einmalige Geschichte für den Verein. Wahnsinn, was da in Neusorg los war." Während Stürmer Hermann vermutet, dass der SSV Jahn den Neuling "schon etwas unterschätzt" hat, führt Pepiuk eine andere Erklärung für den Sensationscoup an: "Wir brauchten keine Motivation. In einem Punktspiel gegen so eine Mannschaft antreten zu dürfen, war für uns alle Motivation genug. Wir hatten keine Angst, wollten dem Gegner Paroli bieten und das Spiel gewinnen." Klingt nach einer durchdachten Vorarbeit von Trainer Dürrschmidt? "Der hat das völlig richtig gemacht und hielt es mit Franz Beckenbauer: ‚Geht's raus und habt's Spaß.‘ Das hat funktioniert", erinnert sich Pepiuk.
"Das war mein letztes Spiel über 90 Minuten und das letzte Tor meiner Karriere."
Sieben Minuten vor Schluss hatte Andreas Uhlig die Neusorger per Freistoß-Finte in Führung geschossen, ehe Hermann wenig später den Deckel drauf packte. "Ich habe eine Flanke abgefangen und sofort einen langen Ball auf Jörg geschlagen", hat der ehemalige SVN-Keeper seinen Assist heute noch vor Augen. Auch der Torschütze von damals weiß noch alles über seinen so umjubelten Treffer. "Ich habe den Verteidiger Manfred Horatz ausgetanzt und eingeschoben, wie ich das immer gemacht habe. Da machte es sich bezahlt, dass ich den noch aus unserer gemeinsamen Zeit bei der SpVgg Weiden kannte." Aber nicht nur wegen des prominenten Gegners hat Hermann die Partie noch so präsent. "Das war mein letztes Spiel über 90 Minuten und das letzte Tor meiner Karriere." Drei Tage später, bei der 1:2-Niederlage beim ASV Cham, verletzte sich Hermann schwer am Knie, dass er die Fußballschuhe an den Nagel hängen musste.
SSV Jahn schlägt zurück
"Aber diese Partie gegen Jahn Regensburg hatte zur Folge, dass ich den Verein seitdem sehr interessiert verfolge. Erst recht, seit er in der 2. Liga spielt", sagt Hermann. Keeper Pepiuk hat jedoch nicht nur diesen Überraschungscoup noch im Gedächtnis. Als die Regensburger 97/98 den so vehement angepeilten Bayernliga-Aufstieg verpassten, schlugen sie in der Saison darauf unter Trainer Karsten Wettberg gnadenlos zurück. 7:1 kanzelten sie den SVN dann ab. "Auch solche Spiele vergisst man nicht", gesteht Pepiuk. Vielleicht gelingt der Jahn-Elf am Dienstag gegen Bremen ja auch ein Spiel, das sie nie mehr vergessen werden. Lohnen würde es sich: Als Gegner im Halbfinale stünde bereits RB Leipzig fest.
SV Neusorg – SSV Jahn Regensburg 2:0 (0:0)
- SV Neusorg: Pepiuk – Hornung (66. Sieber), Bugla, Eichermüller (55. Andrianov), Uhlig, Grüner, Zanner, Stadler, Hermann, Pecek, Reinert (80. Klein)
- Jahn Regensburg: Wittl - Perkovic, Buckel (78. Schneider), Horatz, Abutovic (84. Feldmeier), Pleticha, Sarac, Riedl, Brand, Hammerich (60. Moser), Fiederer
- Tore: 1:0 (83.) Uhlig, 2:0 (88.) Hermann
- SR: Thomas Schrimpff (SC Großschwarzenlohe)
- Zuschauer: 1150
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